# taz.de -- Kolumne Die Farbe Lila: Fotze! Lesbisch!
       
       > Ich bin in der Klarnamen-Diskussion auf der Seite der Pragmatiker. Man
       > muss sich eben damit abfinden: Das Netz steht nicht nur den Guten offen.
       
       An einem Samstagmorgen im Juni brachte ich den Mann zum Bahnhof, küsste
       ihn, winkte dem Zug hinterher und freute mich schon auf den Moment, an dem
       ich den Mann abholen würde, vermutlich mit einem debilen Grinsen im Gesicht
       - dass ich immer noch verknallt bin in diesen Typen.
       
       Noch am selben Tag erschien im Internet ein männerfeindlicher Text,
       Autorin: ich. Also, nein, falsch, Autorin: Susanne Klingner. Unter meinem
       Namen hatte sich jemand auf einer Frauenhasserseite die Arbeit gemacht,
       einen Text zusammenzustoppeln, der "meine" männerverachtende Haltung
       aufzeigen soll. What the what?, war mein erster Gedanke. Und mein zweiter:
       Egal. Wen interessiert, was irgendeine Wurst ins Internet schreibt? Wenn
       die sich jetzt schon "feministische" Texte selber schreiben müssen, um
       einen Grund zu haben, "Fotze!" und "lesbisch!" kreischen zu können: bitte
       sehr.
       
       Ein paar Wochen später begann die Debatte über Anonymität und Klarnamen im
       Netz: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will Pseudonyme
       verbieten, die Netzgemeinschaft protestiert gegen diese Idee. Feministische
       Bloggerinnen diskutieren das Thema schon lange: Soll man unter echtem Namen
       schreiben, feministischen Positionen ein Gesicht geben und Pöbeleien und
       Drohungen in Kauf nehmen? Oder lieber unter Pseudonym schreiben und
       persönliche Angriffe unmöglich machen? Vor allem weil es in feministischen
       Diskussionen immer wieder auch um Privates oder gar Intimes geht, kann ich
       jede Feministin verstehen, die sagt: Mein Name tut nichts zur Sache.
       
       Für mich war allerdings immer klar: Entweder ich schreibe etwas unter
       meinem Namen oder ich schreibe es gar nicht. Dass sich dadurch auch die
       immer gleichen langweiligen "Fotze! Lesbisch!"-Rufe gegen mich persönlich
       und nicht gegen irgendeine bloggermaus_78 richten, muss ich deswegen
       hinnehmen.
       
       Doch nun gibt es da diesen Text, keines dieser anonymen Stücke Hass, um die
       es in der Nicknamen-Debatte geht, sondern das genaue Gegenteil: Ein
       absichtlich falsch personalisiertes Stück eines anonymen Autors. Wer im
       Internet nach Texten von mir sucht, stößt auch auf diesen. Wer vorher schon
       das ein oder andere von mir gelesen hat, kommt vielleicht selbst auf die
       Idee, dass er ein Fake sein muss; und Menschen, die sich auf
       frauenverachtenden Seiten herumtreiben, sind nicht gerade mein
       Zielpublikum. Und trotzdem frage ich mich, ob ich etwas dagegen unternehmen
       sollte. Ob ich überhaupt etwas unternehmen kann. Und will.
       
       Vor allem das Wollen entscheidet: Ich glaube, ich will nicht. Es ist den
       Aufwand nicht wert, nicht den zeitlichen und nicht den emotionalen. Ich bin
       in der Klarnamen-Diskussion auf der Seite der Pragmatiker; man muss sich
       eben damit abfinden: Das Netz steht nicht nur den Guten offen. Neben all
       den tollen Sachen werden immer wieder auch Idioten ihren Hass und ihre
       Missgunst absondern, wird es Sexismus und Rassismus geben. Es findet sich
       stets irgendeine Wurst, die sich durch Dummheit profiliert - unter welchem
       Namen auch immer.
       
       Aber da wir schon über Klarnamen reden: Sicher hat die Wurst-Webseite
       nichts dagegen, auch beim Namen genannt zu werden. Sie heißt
       [1][Weiberplage.de] und freut sich bestimmt über Besuch.
       
       11 Sep 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://weiberplage.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Klingner
       
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