# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       > Die ARD hat eine Talk-Bundesliga erfunden, und die wirtschaftlich starken
       > Europäer marschieren finanzpolitisch ein. Die Woche mit Friedrich
       > Küppersbusch.
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Immer diese Flüchtigkeitsfehler! "Bundesregierung
       schickt Jörg Asmussen zur EZB" . Ich hatte Fips empfohlen!
       
       Was wird besser in dieser? 
       
       Schwill Teiger soll "Tatort"-Kommissar werden. Ich freue mich auf
       "Keinplanermittler" und "Tütata".
       
       Jeder fünfte Deutsche arbeitet zum Niedriglohn, verdient in Vollzeit
       weniger als 1.800 Euro brutto. Warum bedankt sich niemand bei diesen
       Leuten? 
       
       Man kommt nicht zu Wort, die Leute müssen sich ja den ganzen Tag
       entschuldigen, dass sie überhaupt bezahlte Arbeit wollen, obwohl in Indien
       alle viel billiger usw.
       
       Arbeitsministerin von der Leyen will die Zuschussrente: 850 Euro für jeden,
       der 35 Jahre in die Sozialversicherungen eingezahlt und genauso lang
       geriestert hat. Ein Modell für die Zukunft? 
       
       Noch mal langsam: Wer - trotz 35 bis 45 Beitragsjahren - auch noch eine
       private Versicherung mästet, der bekommt einen Rentenbonus. Hey, kein
       Wunder, dass keiner mehr FDP wählen muss, wenn deren Ideen jetzt als
       CDU-Sozialpolitik verramscht werden. Die staatliche Altersvorsorge taugt
       nix mehr, und die zuständige Ministerin schenkt das Problem den Alten, ist
       doch mal was anderes als Kreuzworträtsel. Im Windschatten wird
       Armutsrentnern nahegelegt, mehr hinzuzuverdienen. Heißt : Firmen schicken
       die Leute in Frührente und kaufen sie sofort für die Hälfte wieder ein.
       Dieses Spiel hat Leyens Vorgänger Blüm als "den größten Fehler seines
       politischen Lebens" bezeichnet. Doch Blüm ist jetzt Rentner, und die sollen
       schön den Mund halten.
       
       Kurz vor den Wahlen steht die Piratenpartei in Berlin bei 6,5 Prozent und
       dem Einzug ins Abgeordnetenhaus - die FDP hingegen vor dem Abgrund. Haben
       die Piraten die FDP-Wähler gekapert? 
       
       Nee, in NRW haben die Piraten unterm Strich 1.000 Stimmen zu viel geholt,
       die Rot-Grün an der Mehrheit fehlen. Die Piratenpartei ist eine
       Alterungserscheindung der Grünen.
       
       EU-Energiekommissar Oettinger will die griechischen Steuern künftig von
       EU-Beamten eintreiben lassen, auch der griechische Staatsbesitz soll von
       Brüssel versilbert werden. Womit beschäftigen sich dann die griechischen
       Beamten? 
       
       Gelegentlich müsste mal jemand erklären, was eigentlich der inhaltliche
       Unterschied zu den umstrittenen Eurobonds ist: Die wirtschaftlich starken
       Europäer haften und marschieren dafür finanzpolitisch überall ein. Das
       Staatsvolk Europas ist von diesem Land noch weiter entfernt, als die
       deutschen Stämme 1848 von den Ideen der Paulskirche waren. Die deutsche
       Einheit endete im Desaster und mündete in Bismarcks Einigungskriegen. Würde
       die deutsche Bevölkerung einen griechischen Finanzminister akzeptieren? Die
       Aufgaben sind historisch und die Leute schlauer als die noch amtierende
       Minderheitsregierung in Berlin.
       
       Afghanistan zerbombt, den Irak befriedet - Großbritanniens Altpremier Tony
       Blair setzt den Iran wieder auf die Abschussliste. Will sich der alte
       Kriegstreiber wieder zurück ins politische Spiel bringen? 
       
       Dass der Sonderbeauftragte des Nahost-Quartetts seine Aufgabe darin sieht,
       sich neue Kriege auszudenken, wird Israel viele und nötige neue Sympathien
       bringen.
       
       Die ARD hat nun eine Talkshow-Schiene von Sonntag bis Donnerstag. Was
       halten Sie von dieser Programmentscheidung? 
       
       Die ARD hat aus Versehen eine Talk-Bundesliga erfunden, bei der nun fleißig
       gezockt, favorisiert und vor allem gedisst wird. Sie könnte die Quoten und
       Noten der Talks in einem Börsenlaufband unten durchs Bild laufen lassen.
       Was das an Zeilen auf den Medien- und Feuilletonseiten gratis bringt, hätte
       in Anzeigen ne Gebührenerhöhung benötigt. Riesenrummel für im Grunde
       anachronistische Formate, die Zuschauer sind exakt jener Parteipolitik
       überdrüssig, die ihnen da in den Geschmacksrichtungen Vanille, Karamell,
       Seniorenbeirat und Offiziersmesse aufgetischt wird. Kein/e TalkerIn hat
       sich getraut, ein großes One-on-one zu machen, also den Menschen der Woche
       gründlich, zugewandt und hart zu erforschen, das ist ne Marktlücke. Und die
       sozialen Bewegungen 2010 von Stuttgart bis Castor warten auf
       Bürgerdiskursformate, die es trotz aller Talks nicht gibt.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Wo gibt es das im Profi-Fußball noch, dass eine Meistermannschaft ihre
       Spielweise definiert aus humanistischer Würdigung eines
       taz-Irland-Korrespondenten, der sein Leben in einer Hertha-Ganzkörpersocke
       fristet?
       
       FRAGEN: KAT / MCB
       
       11 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Friedrich Küppersbusch
       
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