# taz.de -- Kommentar Flüchtlingspolitik EU: Deutsch-französische Bigotterie
       
       > Die EU fordert mit ihren Grenzsicherungsplänen eine Politik, die für den
       > Tod Tausender mitverantwortlich. Staat arabischen Staaten zu fehlen,
       > macht sie genau das Gegenteil.
       
       Europa schottet sich weiter ab. Sollte der nun von der EU-Kommission
       vorgelegte Entwurf zur Grenzsicherung in den Schengen-Ländern und zu
       Frontex Gesetz werden, wäre das in mehrerer Hinsicht fatal. Zum einen
       verrät die Kommission ohne Not und nur aus Anbiederung an den europäischen
       Rechtspopulismus eine der größten Errungenschaften der EU. Zum anderen
       fördert sie eine Politik, die für den Tod Tausender Flüchtlinge zumindest
       mitverantwortlich ist.
       
       Um hysterisch arabische Flüchtlinge abzuwehren, die man andererseits
       wohlfeil als Freiheitshelden bejubelt, opfert die Kommission die
       Reisefreiheit innerhalb Europas, also eine der wenigen für jeden Bürger
       spürbaren Errungenschaft der Union. Schlimmer noch: Statt arabischen
       Staaten wie dem postrevolutionären Tunesien zu helfen und vorübergehend
       junge Tunesier und schwarzafrikanische Flüchtlinge zuzulassen, macht sie
       genau das Gegenteil.
       
       Frontex ist seit der Gründung 2005 die am schnellsten wachsende EU-
       Agentur. Musste sie aber bislang Hubschrauber oder Schiffe von den
       Mitgliedsstaaten anfordern, was nicht immer sofort möglich war, soll sie
       jetzt eigene Einsatzmittel bekommen. Zusätzlich zu den nationalen
       Grenzschutzorganen will die EU auf diese Weise noch einmal eine eigene,
       hochtechnisierte supranationale Grenztruppe schaffen.
       
       In diesem Jahr sind bislang mehr als 2.000 Flüchtlinge bei dem Versuch
       ertrunken, von Tunesien oder Libyen nach Italien oder Malta zu gelangen.
       Frontex ist die Antwort der großen EU-Staaten Deutschland und Frankreich
       auf die Klagen der Südstaaten, die vor allem mit dem "Flüchtlingsproblem"
       zu kämpfen haben. Anstatt selbst Menschen aufzunehmen, schickt man den
       betroffenen und armen Ländern mehr Polizei, die gleich deren Einreise
       verhindern sollen.
       
       11 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Transitmigranten in Belgien: Kameras, Natodraht und Elektrotaser
       
       Seit es über das französische Calais nicht mehr geht, versuchen
       Transitmigranten über Ostende nach Großbritannien zu kommen. Die belgische
       Hafenstadt rüstet auf.
       
 (DIR) EU-Grenzschutzagentur Frontex: Europa wird noch flüchtlingsfester
       
       Das EU-Parlament beschließt neue Kompetenzen für Frontex. Die Agentur darf
       in Zukunft selbst Abschiebeabkommen mit Drittländern aushandeln.
       
 (DIR) Flüchtilingspolitik in der EU: Europa schottet sich weiter ab
       
       Um die Einreise illegaler Migranten zu verhindern, sollen Grenzkontrollen
       im Schengen-Raum legal werden. Und Frontex bekommt mehr Geld.