# taz.de -- Politikermacht und Medien: Wie unkeusch, Herr Müller!
       
       > Das Saarland möchte einen bei der CDU unbeliebten Experten aus dem
       > Rundfunkgebühren-Gremium loswerden. Stattdessen soll ein genehmer Mann
       > installiert werden.
       
 (IMG) Bild: Karl-Eberhard Hain (r), hier zusammen mit dem Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (l), soll aus der Gebühren-Kommission raus.
       
       BERLIN taz | Peter Aloysius Müller ist ein berühmter Sohn des Saarlandes.
       Der christdemokratische Architekt der im Land regierenden Jamaika-Koalition
       aus Schwarzen, Grünen und FDP-Gelben ist zwar schon eine kleine Weile nicht
       mehr Ministerpräsident dortselbst. Zudem ist Aloysius bekanntermaßen der
       Patron der Keuschheit. Doch Müller schafft es immer noch locker, seinen
       Einfluss spüren zu lassen. Vor allem in der Medienpolitik - von Keuschheit
       keine Spur.
       
       Erster Anlass war die Verfassungsklage wegen zu viel Polit-Einfluss beim
       ZDF. 2009 hatte eine unionsgeführte Mehrheit im Verwaltungsrat der Anstalt
       den bei vielen CDU-PolitikerInnen nicht sonderlich beliebten Chefredakteur
       Nikolaus Brender abserviert. Nun soll Karlsruhe darüber befinden, ob der
       hohe Anteil von (Regierungs-)Politikern in den ZDF-Gremien
       verfassungskonform ist.
       
       Eingebracht hat die Klage das SPD-regierte Rheinland-Pfalz. Weil
       Rundfunkpolitik in Deutschland Ländersache ist, musste sich auch jedes
       andere Bundesland dazu äußern.
       
       Auch das Saarland schickte also brav seine Stellungnahme, vor Monaten
       schon, als der Ministerpräsident noch Peter Müller hieß - und ließ den
       grünen Koalitionspartner hübsch außen vor. Das war für die Grünen vor allem
       peinlich, weil deren auf Bundesebene zuständige medienpolitische Frontfrau
       Tabea Rößner als Erste eine eigene Verfassungsklage in Karlsruhe
       durchsetzen wollte - was im Bundestag allerdings ironischerweise an
       medienpolitischen Kleinlichkeiten innerhalb der SPD scheiterte.
       
       Dass die Stellungsnahme des Saarlandes allerdings leidlich absurd ausfallen
       musste, war klar: Denn eines der Mitglieder im ZDF-Verwaltungsrat, die 2009
       Brenders Vertragsverlängerung verhinderten und ihn so rauswarfen war
       niemand Geringeres als - Peter Aloysius Müller.
       
       Und dessen langer Arm regt sich anscheinend noch immer in der Causa Brender
       und ihren Spätfolgen. Diesmal geht es um die Gebühren-Kommission KEF. Sie
       ermittelt alle vier Jahre wieder aus den Anmeldungen der
       öffentlich-rechtlichen Sender die allseits beliebte Rundfunkgebühr und ist
       zu diesem Behufe mit völlig unabhängigen ExpertInnen besetzt. Wer
       KEF-Experte wird, bestimmen die Bundesländer reihum, auch das Saarland
       besetzt in der KEF einen Platz.
       
       Auf dem Saar-Ticket läuft derzeit der Kölner Rundfunk- und
       Verfassungsrechtler Karl-Eberhard Hain. Ein ausgewiesener Experte - noch,
       muss man wohl dazu sagen. Denn Hain hat für Rheinland-Pfalz bzw. die SPD
       die Klageschrift in Sachen ZDF geschrieben und kommt dort zu dem Schluss,
       dass in den Gremien des Zweiten viel zu viel Politik steckt.
       
       Und jetzt soll der unbequeme Hain nach taz-Informationen auf ausdrücklichen
       Wunsch des Saarlandes ab 2012 nicht mehr in der KEF mitrechnen.
       
       Auch ein dem Saarland genehmer Nachfolger scheint schon gefunden - und auch
       diese Personalie umgibt eine recht pikante Note: Denn Norbert Holzer ist
       fürwahr Experte in öffentlich-rechtlichen Rechenexempeln. Schließlich
       arbeitet er seit 1997 als für die Zahlen verantwortlicher
       Verwaltungsdirektor beim Saarländischen Rundfunk und war 2007/2008
       turnusmäßig auch Vorsitzender der ARD-Finanzkommission.
       
       Zum Jahresende geht er in Ruhestand. Und dann - zur KEF. Das verhält sich
       zur völligen Unabhängigkeit der Expertenkommission ungefähr so wie Peter
       Müller zur medienpolitischen Keuschheit. Müller wird übrigens Richter am 2.
       Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Das ZDF-Verfahren wird
       allerdings beim 1. Senat verhandelt - so viel Enthaltsamkeit muss dann
       schon sein.
       
       16 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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