# taz.de -- Basketball-EM-Finale: Die Granden aus Übersee
       
       > Spanien verteidigt bei der EM gegen Frankreich seinen Titel. Gerade im
       > Endspiel wird deutlich: Mehr denn je bestimmen die Profis aus der NBA das
       > Geschehen.
       
 (IMG) Bild: Spaniens Supertalent Ricky Rubio: zieht bald das Trikot der Minnesota Timberwolves an.
       
       "Eine Wahnsinns-Europameisterschaft" attestierte der so betont
       leidenschaftliche TV-Kommentator Frank Buschmann zum Abschluss des
       Championats 2011 in Litauen am Sonntag. Just hatten die Spanier ihren Titel
       von 2009 verteidigt, gegen aufopferungsvolle, aber am Ende doch
       hoffnungslos unterlegene Franzosen, und die Zuschauer in Kaunas mit einem
       zeitweise hochklassigen 98:85 erfreut. Ein Triumphzug des europäischen
       Basketballs also, der so sehr nach Anerkennung lechzt im Wettbewerb mit der
       ungleich attraktiveren NBA?
       
       Die Wahrheit ist eine andere: Die Aushängeschilder, sie spielen mehr denn
       je in den USA. Acht der zehn besten Korbjäger des Turniers verdienen ihr
       Geld in der besten Basketball-Liga der Welt, ein weiterer Topspieler ist
       der US-Amerikaner Bo McCalebb, den die Mazedonier zur Verstärkung
       einbürgerten. Zeiten, in denen Griechenland vollkommen ohne NBA-Akteur
       selbst dem "Team USA" Schwierigkeiten bereiten konnte, 2005 Europameister
       und 2006 Vizeweltmeister wurde, scheinen vorbei. Im Endspiel nun trafen so
       viele NBA-Spieler aufeinander wie wohl in keiner anderen Partie der EM.
       
       Im blauen Leibchen der "Grande Nation" starteten mit Tony Parker, Joakim
       Noah, Nicolas Batum und Boris Diaw gleich vier NBA-Spieler. Ebenso bei den
       Spaniern mit den Gasol-Brüdern Pau und Marc, Rudy Fernandez und José
       Calderón. Selbst der fünfte Akteur der "roten Furie" - der überragende Juan
       Carlos Navarro - brachte zumindest ein Jahr Erfahrung aus Übersee mit.
       Inklusive Bankspielern tragen 11 von 24 Akteuren beider Kader im Alltag das
       Jersey eines NBA-Teams.
       
       Parker, Gasol und Teamkollegen machten den Unterschied zu Mannschaften mit
       weniger "US-Legionären". Deutsche Basketballfans fröstelt es beim Gedanken
       an ein DBB-Team ohne Dirk Nowitzki und den eingebürgerten Chris Kaman.
       Schon mit den beiden Granden kam das Aus früh in der Zwischenrunde, ohne
       sie droht der tiefe Fall in die sportliche Bedeutungslosigkeit, ohne
       Aushängeschilder oder Persönlichkeiten.
       
       ## Das Ziel bleibt Glanz und Glamour
       
       Die meisten der bei dieser EM aktiven NBA-Profis spielen auch bei ihren
       Mannschaften im Saisonbetrieb tragende Rollen: Parker ist seit Jahren eine
       feste Größe bei den San Antonio Spurs, gewann drei Meisterschaften, wurde
       2007 sogar zum wertvollsten Spieler der Finalserie gewählt. Pau Gasol ist
       neben Kobe Bryant der Schlüsselspieler der Los Angeles Lakers, noch heute
       wird der 31-Jährige als das entscheidende letzte Puzzlestück im Team
       bezeichnet, das die Kalifornier erst zu zwei Meistertiteln 2009 und 2010
       verhalf. Einen wirklich großen Namen macht sich nur, wer sich in den USA
       durchsetzt. So bleibt das Ziel jedes großen Talents stets der Sprung weg
       vom alten Kontinent, hin zu Glanz und Glamour der NBA - und das im
       richtigen Moment.
       
       Diesen hat Ricky Rubio wohl verpasst. Der immer noch erst 20-jährige
       Spanier gilt schon seit Jahren als das vielleicht größte Talent auf
       europäischem Parkett und entschied sich im Sommer dafür, das Trikot der
       Minnesota Timberwolves zu tragen, sollte der derzeitige Arbeitskampf ein
       Ende finden. Damit ging eine fast zweijährige Odyssee zu Ende. 2009 wurde
       der Aufbauspieler, damals noch in Badalona aktiv, beim Draft von den
       chronisch schwachen Timberwolves ausgewählt, entschied sich jedoch gegen
       einen Wechsel in die beste Basketball-Liga der Welt. "Ich möchte mich als
       Spieler noch weiterentwickeln, mich richtig auf diesen Schritt
       vorbereiten", erklärte Rubio und unterzeichnete einen Vertrag beim FC
       Barcelona inklusive Ausstiegsklausel für die NBA. "Ich glaube das erst,
       wenn ich es auch wirklich sehe", kommentiert ein Ungläubiger im Forum des
       Fachblatts "SLAM" den nun angebahnten Wechsel. Ein anderer wird deutlicher:
       "Bis er endlich ein NBA-Trikot trägt, will ich seinen Namen nicht mehr
       hören."
       
       In der letzten Spielzeit stagnierte die Entwicklung des hoch gepriesenen
       Wunderkindes, selbst die EM-Teilnahme des 1,92-Meter-Mannes mit dem so
       jugendlichen Gesicht stand auf der Kippe - zu wacklig der Wurf, zu schlecht
       die Quoten Rubios. "Ich hätte gerne einen deutlicheren Fortschritt in
       seiner Entwicklung gesehen", sagte Teamkollege Pau Gasol nun im Laufe des
       Turniers. "Er kann ein Spiel viel deutlicher beeinflussen, als er es
       momentan zeigt." Noch immer wird Rubios Auftritt im Finale der U-16-EM 2006
       als ein Highlight seiner jungen Karriere aufgeführt - damals führte er
       Spanien mit 51 Punkten, 24 Rebounds und 12 Assists zum Sieg über die
       Auswahl Russlands. Der Hoffnungsträger wird alles daran setzen, diese
       verjährte Großtat durch neuere zu ersetzen und ein weiterer europäischer
       Star zu werden, der sein Glück in den USA findet.
       
       19 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) David-Emanuel Digili
       
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