# taz.de -- Handball-Skandal: Furcht vor dem Imageschaden
       
       > Wegen des Vorwurfs der Bestechung stehen nun frühere Angestellte des
       > Rekordmeisters THW Kiel vor Gericht. Einigen ist die Aufklärungsarbeit
       > gar nicht recht.
       
 (IMG) Bild: Angeklagt: THW Kiels Exmanager Uwe Schwenker (r.) und Kiels Extrainer Zvonimir Serdarusic.
       
       KIEL taz | Es war ein Aufschrei. Vom größten Handball-Skandal aller Zeiten
       war im März 2009 die Rede, als die Vorwürfe um angeblich verschobene Spiele
       in der Champions League öffentlich wurden, von einer Glaubwürdigkeitskrise
       für die gesamte Sportart. Im Visier stand der THW Kiel: Der Rekordmeister
       wurde beschuldigt, das Finale 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt und
       andere Partien durch Schiedsrichterbestechung manipuliert zu haben. "Wenn
       das stimmt, wäre es eine große Katastrophe für alle, die mit dem Handball
       zu tun haben", sagte Manfred Werner, der damalige Aufsichtsratschef der
       deutschen Handball-Bundesliga (HBL).
       
       Am Mittwoch beginnt nun vor dem Landgericht Kiel der Prozess in dieser
       Sache. Angeklagt sind Ex-THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker und
       Ex-THW-Trainer Noka Serdarusic, vorgeworfen wird ihnen Untreue und
       Bestechung im geschäftlichen Verkehr (bzw. Beihilfe dazu). Eine Menge
       Zeugen werden in Saal 232 aussagen, um den Verbleib von rund 150.000 Euro
       zu klären, mit denen die polnischen Schiedsrichter und andere Referees
       bestochen worden sein sollen. Alle Beteiligten bestreiten die Vorwürfe. Zur
       Überprüfung der Geschehnisse hat das Gericht satte 21 Prozesstage
       terminiert.
       
       Die Zeit der Aufklärung scheint endlich gekommen. Insofern müsste eitel
       Freude herrschen. Jubel darüber ist in der Szene indes nicht zu vernehmen.
       Selbst diejenigen, die im März 2009 noch lauthals Aufklärung verlangten
       oder gar eine Bestrafung der mutmaßlichen Täter, halten sich plötzlich
       seltsam zurück. Sie alle wissen inzwischen, dass es im Landgericht nicht
       nur um Schwenker und Serdarusic geht. In Wirklichkeit steht eine ganze
       Sportart vor dem Kadi. Sollten die Spiele verschoben worden sein, dann
       stehen automatisch auch jene Partien bei Weltmeisterschaften und
       Europameisterschaften unter Verdacht, die von den in Rede stehenden
       Referees geleitet wurden.
       
       Zu den Leisetretern von heute zählt Andreas Rudolph, damals noch Präsident
       beim HSV Handball, dem größten Konkurrenten Kiels. In einer spektakulären
       Pressekonferenz hatte Rudolph noch im März 2009 "rückhaltlose Aufklärung"
       gefordert, und auch den Rücktritt des HBL-Präsidenten Reiner Wittes, einem
       Freund Schwenkers. In den letzten Monaten klang das ganz anders. Nein, er
       freue sich überhaupt nicht auf den Prozess, murrte er. "Das ist viel zu
       lange her. Ich will Schaden vom deutschen Handball abwenden."
       
       ## Erwartungen niedriggesteckt
       
       Auch Dierk Schmäschke, Manager der SG Flensburg, sieht eine Belastung für
       das Image der Sportart. "Das ist nicht gut für den deutschen Handball",
       sagt er. Thorsten Storm, der Manager der Rhein-Neckar-Löwen, der den
       Skandal mit der Auflösung des Vertrages mit Noka Serdarusic ins Rollen
       brachte, begreift sich gar als Beobachter. "Ich bin da Zuschauer wie jeder
       andere. Für mich ist die Sache beendet, seit Noka Serdarusic den Vertrag
       aufgelöst hat", sagt Storm.
       
       Dabei gehört Storm zu den wichtigsten Zeugen. Er soll am Tag des WM-Finales
       von 2009 den Löwen-Gesellschafter Jesper Nielsen darüber informiert haben,
       dass Serdarusic, inzwischen designierter Löwen-Coach, offensichtlich seine
       Kenntnisse von 2007 als Druckmittel gegen den THW einsetzen wolle, um die
       Profis Nikola Karabatic und Vid Kavticnik von Kiel nach Mannheim zu lotsen.
       Nielsen erklärte kürzlich den Kieler Nachrichten, er habe doch den
       Staatsanwälten schon alles berichtet; Nielsen ist am 28. und 30. September
       als Zeuge geladen.
       
       Die Zurückhaltung vieler Handballfunktionäre folgt der eigenartigen
       Vorstellung, eine umfassende Aufklärung der Vorwürfe von 2007 beschädige
       das Image der Sportart. Doch es gibt auch andere Stimmen. Dieter Matheis
       zum Beispiel begrüßt den Prozessbeginn. "Endlich wird das aufgeklärt. Egal,
       wie es ausgeht, man kann dann einen Schlussstrich daruntersetzen und die
       Sache abschließen", sagt der Beiratsvorsitzender der Löwen. Auch Frank
       Bohmann befürwortet die Aufarbeitung. "Ich begrüße das, ich hätte es aber
       noch besser gefunden, wenn das Verfahren noch schneller abgewickelt worden
       wäre", sagt der HBL-Geschäftsführer. Bohmann erwartet jedoch keine
       Wunderdinge. "Ein großes Maß an Aufklärung werden wir nicht bekommen."
       
       19 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Eggers
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA