# taz.de -- Umstrittene Hinrichtung in den USA: Troy Davis' letzter Tag
       
       > Für einen Polizistenmord soll der Amerikaner Troy Davis am Mittwochabend
       > hingerichtet werden. Ein Gnadengesuch wurde abgelehnt - trotz Zweifeln an
       > dem Urteil.
       
 (IMG) Bild: "Richtet Troy Davis nicht hin": Demonstranten in Atlanta mit Plakaten, die Davis zeigen.
       
       WASHINGTON taz | Am Mittwoch um 19 Uhr wird Troy Davis seinen Henker
       treffen. Wenn kein Wunder geschieht, wird er dem 42-jährigen Mann einen
       tödlichen Cocktail injizieren. Als Strafe für einen Polizistenmord aus dem
       Jahr 1989, den Davis immer bestritten hat. Und basierend auf einem
       Schuldspruch, der sich auf Zeugenaussagen stützt, von denen die meisten
       inzwischen widerrufen worden sind.
       
       "Ich bin Troy Davis" steht auf den T-Shirts der DemonstrantInnen, die seit
       dem Wochenende in Atlanta Mahnwachen gegen die Hinrichtung halten. Am
       Mittwochabend werden die Demonstranten vor das Gefängnis von Jackson
       ziehen, in der Nähe des internationalen Flughafens von Atlanta, wo die
       Hinrichtung stattfinden soll. Seit am Dienstag der Gnadenausschuss des
       Bundesstaates Georgia die Umwandlung der Todesstrafe in lebenslängliche
       Haft abgelehnt hat, ist die Hoffnung der Demonstranten und Angehörigen von
       Davis radikal geschrumpft. Das fünfköpfige Gremium war die letzte legale
       Instanz, die Davis' Anwälte um Gnade hatten bitten können.
       
       Der Fall Davis ist seit Jahren der umstrittenste in den USA. Nicht nur,
       weil er selbst seine Unschuld beteuert. Sondern auch, weil es keine
       konkreten Beweise - wie eine Tatwaffe oder Fingerabdrückte - gibt. Und weil
       sieben der neun Augenzeugen - alle Zivilisten - , die ihn ursprünglich
       belastet hatten, inzwischen Abstand von ihren Aussagen genommen haben.
       Einer der beiden verbleibenden Belastungszeugen ist zugleich für viele
       Beobachter der wichtigste "alternative" Tatverdächtige.
       
       Bei den Tötungen im Namen der Justiz sind China und der Iran führend. Aber
       die USA gehören zu der auf 23 Länder geschrumpften Gruppe von Nationen, die
       weiterhin Todesurteile vollstrecken. 46 Menschen sind im vergangenen Jahr
       in den USA hingerichtet worden. Nur 16 US-Bundesstaaten praktizieren keine
       Todesstrafe. In den 34 anderen Bundesstaaten ist die Todesstrafe nicht nur
       ein Mittel der Justiz, sondern zugleich auch ein politisches Argument. Der
       texanische Gouverneur und Republikaner Rick Perry, der 2012 US-Präsident
       werden möchte, benutzt es als Wahlkampfargument. Erst in der letzten Woche
       erhielt er langanhaltenden Applaus von Republikanern, als er seinen
       texanischen Rekord von 234 Hinrichtungen verteidigte.
       
       ## Geschworene zweifeln
       
       Im Fall Davis, würden mittlerweile drei Geschworene, die ihn im Jahr 1991
       zum Tode verurteilt hatten, heute anders entscheiden. "Wenn ich damals
       gewusst hätte, was ich heute weiß, säße Troy Davis nicht im Todestrakt",
       sagt die Geschworene Brenda Forrest.
       
       In einer weltweiten Kampagne sind mehr als 600.000 Unterschriften für Davis
       zusammengekommen. Unter anderem haben der ehemalige US-Präsident Jimmy
       Carter, der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu, ein ehemaliger
       FBI-Direktor, der Papst, und ein republikanischer Politiker, der sich im
       US-Kongress für die Todesstrafe engagiert hat, um Gnade für Davis gebeten.
       Alle argumentieren, dass es in seinem Fall nicht genügend Gewissheit über
       seine Schuld gibt.
       
       "Es gibt viele Zweifel hier", sagt Martina Davis-Correia, "wie kann man ihn
       da hinrichten?" Die eineinhalb Jahre ältere Schwester von Davis ist die
       treibende Kraft jener, die für das Leben des Todeskandidaten kämpfen. Als
       ihr kleiner Bruder verurteilt wird, verlässt sie das Militär und
       konzentriert sich ganz auf seine Verteidigung.
       
       ## "Besonnener und vernünftiger Mann"
       
       Die Davis sind eine Familie aus dem afroamerikanischen Mittelstand. Bis
       1989 lebten sie gut. Dann gerät Davis in die Fänge der Justiz. Weil er im
       August 1989 den Polizisten Mark MacPhail in Savannah, in Georgia,
       erschossen haben soll.
       
       Bei seinen Gerichtsterminen trägt Davis ein großes Kreuz um den Hals. Seine
       ältere Schwester hält bei ihren Pressekonferenzen eine Bibel in der Hand.
       Der Bürgerrechtler Jesse Jackson, der den Verurteilten im Gefängnis besucht
       hat, nennt ihn einen "ausgesprochen besonnenen und vernünftigen Mann".
       
       Zahlreiche Justizinstanzen haben die Zweifel ernst genug genommen, um
       Davis' Fall immer wieder zu prüfen. Aber niemand wagte es, das Todesurteil
       zu kippen. "In unserem Rechtssystem", erklärt die Jura-Professorin Lisa
       MacElroy von der Drexel-Universität in Philadelphia, "ist es extrem
       schwierig, von einem Todesurteil loszukommen, wenn es erst einmal gefällt
       ist".
       
       Überzeugt von der Schuld von Davis sind die Angehörigen des Opfers. In den
       letzten Tagen haben sie erneut eine wichtige Rolle gespielt. Anneliese
       MacPhail, die Mutter des toten Polizisten, sagt, die Hinrichtung von Davis
       würde ihr "Seelenfrieden" geben. Die Witwe des Toten nennt es "aberwitzig",
       dass die Davis-Familie sich als Opfer versteht. "Wir leben seit 22 Jahren
       damit", sagt Joan MacPhail, "jetzt ist es Zeit für Gerechtigkeit".
       
       21 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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