# taz.de -- Kommentar Hochschulen: Von wegen Bildungsrepublik!
       
       > Die seit Jahrzehnten praktizierte Mangelverwaltung der Hochschulen macht
       > wütend. Sie straft alle schönen Versprechungen von der Bildungsrepublik
       > Lügen.
       
       Die Hochschulen steuern zu Beginn des Wintersemesters auf ein Fiasko zu.
       Niemand weiß, wie viele Studienanfängerinnen und -anfänger sich in die
       Hörsäle quetschen werden. Doch anstatt kurzfristig Abhilfe zu schaffen,
       wartet die Bundesregierung erst mal ab. Mal sehen, wie lange sich die
       Studierenden hinhalten lassen. Ein neuer Uni-Streik liegt in der Luft.
       
       Gründe gibt es genug: Erst kürzen fast alle KultusministerInnen die
       Abiturzeit und jagen die SchülerInnen in ein Hamsterrennen um Punkte und
       Zensuren. Und wenn die AbsolventInnen der Doppeljahrgänge hechelnd vor den
       Türen der Hochschulen ankommen, erfahren sie, dass Plätze leider knapp
       sind.
       
       Auch das versprochene zentrale Zulassungsverfahren funktioniert leider
       nicht. Technische Gründe eben. Dass Bund und Länder die immerhin
       funktionierende Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen zuvor
       hastig entrümpelten, verschweigen sie dabei.
       
       Wütend macht aber nicht nur das schon obligatorische Gedränge zum
       Semesterbeginn; es ist die seit den 1970er Jahren praktizierte
       Mangelverwaltung der Hochschulen, die alle schönen, neuen Versprechungen
       von der Bildungsrepublik Lügen straft. Das System gleicht einem Anzug, den
       man zum Abitur gekauft hat und der nun, vierzig Jahre später und zwanzig
       Kilo schwerer, immer noch in Gebrauch ist.
       
       An den Unis wird es eng, sie platzen aus allen Nähten. Und die Hürden
       werden noch höher: Wer an der FU Berlin Grundschulpädagogik studieren will,
       muss ein Abitur von 1,5 haben oder bis zu acht Jahre warten. Das Grundrecht
       auf freie Wahl von Beruf und Ausbildungsplatz ist für viele junge Leute
       praktisch wertlos.
       
       Bund und Länder aber verspielen die Chance, die wachsende Studierneigung
       nicht nur zu bejubeln, sondern auch zu ermöglichen. Dabei betonte die
       Bundesregierung erst letzte Woche wieder bei der Vorstellung des
       OECD-Berichts "Bildung auf einen Blick", wie sehr sich Investitionen in
       Bildung auszahlten. Hehre Worte. Es ist Zeit, es ganz pragmatisch krachen
       zu lassen: In der Krise handelt die Regierung oft flink und effektiv.
       
       23 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Studentenwanderung nach Osten: Dann eben rüber
       
       Die Ost-Unis profitieren von den Rekordzahlen an Bewerbern für
       Studienplätze: Noch nie gab es so viele Studierende und noch nie so viele
       aus dem Westen.
       
 (DIR) Überfüllte Hörsäle: Die Grenze des Machbaren
       
       Turbo-Abi und Ende der Wehrpflicht: Nie gab es so viele Studienanfänger. Um
       den Ansturm zu bewältigen, werden Kinosäle angemietet und Rektoren
       ausquartiert.
       
 (DIR) Keine Task Force für Studienplatzvergabe: Notfallplan abgelehnt
       
       Die von der Opposition vorgelegten Vorschläge, um den befürchteten Ansturm
       von Studienplatzbewerben in den Griff zu bekommen, wurden im Bundestag
       abgelehnt.
       
 (DIR) Stau vorm Studium: "Man kann das nur mit Humor nehmen"
       
       In mehreren Bundesländern sind zwei Abitur-Jahrgänge gleichzeitig fertig
       geworden. Die Unis müssten vorbereitet sein, wirken aber überfordert. Eine
       Abiturientin berichtet.
       
 (DIR) Bildungsstreik an Schulen und Unis: Neue Studierendenproteste im Herbst
       
       Die Studierenden rufen zu neuen Protesten auf und planen einen heißen
       Herbst. Sie fordern etwa die Abschaffung aller Zugangsbeschränkungen zum
       Studium.
       
 (DIR) Studieren im Ausland: Hauptsache weg
       
       Immer mehr StudentInnen entscheiden sich für eine Universität im Ausland -
       und das meistens nicht nur für ein Semester. Hoch im Kurs: Österreich und
       die Niederlande.
       
 (DIR) Europas Unis ungenügend: Zu viele Studienabbrecher
       
       Die EU-Kommission will ein neues Hochschulranking einführen und die Gelder
       für das Erasmus-Programm aufstocken. Noch immer gibt es in Europa zu wenig
       Uni-Absolventen.