# taz.de -- Energiewende in Europa: Norwegen will kein Akku sein
       
       > Norwegen bietet zur Speicherung von Strom gute Bedingungen für
       > Pumpspeicherwerke - eine Ergänzung zur Windkraft. Doch die Norweger
       > wollen nicht.
       
 (IMG) Bild: Großes Interesse: Wirtschaftsminister Rösler (FDP) besichtigt das Wasserereservoir Blåsjø.
       
       STOCKHOLM taz | Klingt verlockend. Pumpspeicherkraftwerke in norwegischen
       Stauseen springen dann für die deutsche Stromversorgung ein, wenn in der
       Nordsee mal gerade Flaute herrscht und die Offshore-Windkraftparks nicht
       genug Energie produzieren. Wenn Deutschland bei starkem Wind zu viel Strom
       über hat, wird Wasser in die norwegischen Reservoirs zurückgepumpt; die
       Speicherseen sind wieder voll. 60 Atomkraftwerke würde dieser gegenseitige
       Austausch ersetzen.
       
       In Deutschland soll bis 2020 rund 25 Prozent der Energie aus Windkraft
       kommen. Das Problem: Windenergie ist sehr von der Wetterlage abhängig. Weht
       mal kein Wind, könnte eine Versorgungslücke entstehen. Die Energiewende
       hängt nicht zuletzt an der Frage, wie Strom gespeichert werden kann.
       
       Eine mögliche Lösung sind Pumpspeicherkraftwerke: In großen Oberbecken wird
       Wasser gespeichert. Fehlt es an Strom, strömt das Wasser durch Turbinen und
       hilft, die Lücken im Stromnetz zu schließen. Rund 30 dieser Anlagen gibt es
       in Deutschland - viel zu wenig, falls es zu Engpässen kommen sollte.
       Norwegen mit seinen vielen Seen könnte zu Europas Stromspeicher werden.
       
       Tatsächlich bietet das skandinavische Land mit viel Regen, steilen
       Fjordhängen und vielen unbewohnten Hochebenen gute Bedingungen für
       Pumpspeicherkraftwerke. Doch die Befürworter haben die Rechnung ohne den
       Wirt gemacht. Denn in Norwegen selbst stößt diese Idee nur auf wenig
       Zustimmung.
       
       In der vergangenen Woche hatte die norwegische Industrie- und
       Energie-Gewerkschaft angekündigt, dass es mit ihr solche Pläne nicht geben
       werde. Die negativen Folgen für die Umwelt seien nicht ausreichend bedacht
       worden. Und auch Norwegens Energieminister Ola Borten Moe ist skeptisch:
       "Ich glaube nicht, dass Norwegens Wasserkraft das angedachte
       Regulierungspotenzial für Europa leisten kann."
       
       ## Die Norweger sind dagegen
       
       Die Zahlen geben ihm recht. Die Speicherkapazität der norwegischen
       Wasserkraft reicht derzeit gerade einmal für eine jährliche Produktion
       zwischen 85 und 110 Terrawattstunden. Deutschlands Gesamtstromproduktion
       lag jedoch allein 2010 bei 607. "Ich möchte die Reaktionen hören, wenn der
       Wasserspiegel am Blåsjø jeden Tag mehrere Meter steigt oder sinkt", sagte
       Moe. Der Blåsjø ist Norwegens neuntgrößter Binnensee.
       
       Aber auch in der Bevölkerung stößt der Plan auf Ablehnung. Der bis in die
       siebziger Jahre rücksichtslos betriebene Wasserkraftausbau hat bereits
       tiefe Spuren hinterlassen. Flora und Fauna sind dauerhaft zerstört,
       Fischbestände geschrumpft, viele Tier- und Pflanzenarten völlig
       verschwunden.
       
       Vor zehn Jahren verkündete Oslo, dass die Zeit des Wasserkraftausbaus
       vorbei sei. Das Forum for natur og friluftsliv, dem mit 600.000 Mitgliedern
       größten Umweltverband Norwegens, verabschiedete im Februar eine Resolution,
       mit der allen Träumen von Norwegen als "Europas grüne Batterie" eine Absage
       erteilt wurde.
       
       Statt Strom würde Norwegens Energieminister lieber noch mehr Erdgas
       verkaufen. Schon jetzt liefere sein Land jährlich 1.200 Terrawattstunden
       Energie über die bestehenden Erdgasleitungen ins übrige Europa, rechnet Moe
       vor. "Wenn wir für Europas Regulierungskapazität etwas leisten können, dann
       ist das vor allem durch flexible Gaslieferungen möglich."
       
       26 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA