# taz.de -- Neues Album "Metals" von Leslie Feist: Das hier wird kein Spaziergang
       
       > Fun ist ein Stahlbad: Die kanadische Musikerin Feist widmet sich mit den
       > zwölf Songs ihres neuen Albums "Metals" dem Scheitern einer
       > Liebesbeziehung.
       
 (IMG) Bild: Eine kleine Frau allein mit der Natur, das bedeutet Entschleunigung in dieser überdrehten Welt.
       
       Der Auftaktsong von Leslie Feists neuem Album "Metals" heißt "The bad in
       each other". Das ist nicht nur ein wunderbarer Songtitel, sondern auch eine
       Ansage. Vier Jahre nach ihrem gefeierten Hitalbum "The Reminder" erscheint
       das neue Studioalbum der kanadischen Singer/Songwriterin - und, das sei
       gleich zu Anfang in aller Deutlichkeit gesagt: Lustige,
       Über-die-Blumenwiese-Hüpfmusik wie ihre Hits "1,2,3,4", "My Moon My Man"
       oder "I feel it all" finden sich auf "Metals" nicht.
       
       Der Name ist Programm: Fun ist ein Stahlbad. Das war nicht immer so. Feist
       hat im Anschluss an ihr erstes Erfolgsalbum "Let it die" 2004 und dem
       Durchbruch "The Reminder" aus dem Jahr 2007 die Welt erobert. Ihre Musik
       wurde in hippen Cafés und Bars gespielt. Sie wurde mit Preisen überhäuft,
       ist von einem Konzert zum nächsten Festival gejettet, hat in der
       Kinderserie "Sesamstraße" mitgespielt, ist durch Talkshows getingelt und
       hat tolle Musikvideos gedreht. Und dann, nach all dem Wirbel, kam das
       Bedürfnis nach Stille.
       
       ## Kommune auf Zeit
       
       Und die 35-Jährige hat sich Zeit gelassen, erst im vergangenen Jahr hat sie
       die Arbeit am neuen Album aufgenommen, hat im Herbst 2010 allein die Songs
       geschrieben und dann ihre Leute zusammengetrommelt, um einen Ort zum
       Aufnehmen zu finden. Für "Metals" hat es sie nach Big Sur in Kalifornien
       verschlagen. Eine Hippie-Künstler-Enklave, wo sie zusammen mit ihren
       kanadischen Freunden Mocky und Chilly Gonzales sowie dem Trommler Dean
       Stone und Keyboarder Brian LeBarto gelebt hat.
       
       Das Naturerlebnis hört man "Metals" an. Feist klingt besonnen, in sich
       gekehrt, natürlich. Ihre Musik ist weniger verspielt, eher experimentell,
       manchmal punkig wild. Roh, wie auch ihre Stimme. Neben einer sehr präsenten
       Folkgitarre gibt es Schlagzeug, Klavier, Melancholie und Zorn und immer
       wieder Wind, Himmel, Bäume, Vögel - Natur.
       
       In dem Song "The circle married the line" singt sie: "It is just as much as
       it is not" - das trifft auch auf das Feistsche Musikvergnügen zu. Es ist
       eben nicht lauter, überdrehter Kommerzwahnsinn, bis zur vermeintlichen
       Perfektion aufgebohrt und mit Zuckerguss überzogen, sondern eher
       reduzierter Folkpop. Das zu mögen ist in den Großstädten dieser Welt längst
       populär. Feist ist Konsens, weil sie eben nicht plump, sondern klug und
       sensibel rüberkommt. Was natürlich auch wieder eine Pose ist - aber eine,
       die man ihr dankt.
       
       Eine kleine Frau allein mit der Natur, das bedeutet Entschleunigung in
       dieser überdrehten Welt. Ein Isländer namens Valgeir Sigurdsson, der auch
       schon mit Björk gearbeitet hat, produzierte "Metals".
       
       "The bad in each other", sagt der dieses Album sehnlichst erwartenden
       Fangemeinde: Das hier wird kein Spaziergang. Zumindest keiner auf der
       Blumenwiese, sondern an der rauen Steilküste: knarzig und rumpelig und
       dennoch wunderschön wie der Blick über den Pazifik - oder das Death Valley.
       "A good man and a good woman bring out the worst in each other", singt
       Feist mit ihrer zerbrechlichen und dennoch ungebrochenen Stimme. Das ist
       traurig, zerstörerisch und erschöpfend, und Feist hat dafür die richtigen
       Worte und Töne gefunden, und dennoch ist der Song nicht hoffnungslos. Im
       zweiten Song, "Graveyard", umschließt diese Stimme - so hoch und dann
       wieder so tief - alles in einer großen Klangwolke, hebt ab und fliegt
       davon. "Bringing them all back to live" - singt sie und in diesem
       Augenblick scheint das Unmögliche möglich, wiegt man sich selbst sanft
       hinüber in eine bessere Welt.
       
       Piano, Bass, Gesang, Trommeln und Bläser setzt sie bei "How come you never
       go there" ein - aber in die Tiefe geht das Lied nicht. Es wirkt irgendwie
       aufgesetzt, wie Kopfhörer. So als kenne man bereits das Video, erscheint
       Feist vor dem inneren Auge, in ihrem Haus an der Westcoast, all die
       Musiker, die ihr zuspielen, Gonzales an den Reglern und sie mit Kopfhörern.
       Der Song wahrt eine Distanz wie zwei Menschen, die sich einmal nahestanden
       und jetzt ein flüchtiges Gespräch auf der Straße führen, ein bisschen
       vorwurfsvoll vielleicht: "You carry on just like I dont love you" - wer
       würde sich da nicht distanzieren. Insofern ist es Feist vielleicht
       nachzusehen, dass der Song nach hinten raus eher verflacht, statt noch mal
       in die Vollen zu gehen und sich der Emotion zu entladen.
       
       ## Ein Song, ein Donnerschlag
       
       "A Commotion" ist ein Song, wie er nicht fehlen darf - weil Lady Feist sich
       eine ganze Weile rar gemacht hat und in der Zwischenzeit Mädels wie Lykke
       Li, Adele, und wie sie alle heißen, gut im Geschäft sind. Da kann Feist
       natürlich nicht hintanstehen, sondern holt mit diesem Song zum Donnerschlag
       aus. Mit dem Ergebnis, dass der treibende Beat, der etwas ätherische Chorus
       aus "A Commotion" dann auch an Lykke Li erinnert. Eine betörende
       Kombination - aber der Song ist nur laut, nicht gut.
       
       "It turned broke what was right", singt sie darin, und es braucht nicht
       mehr viel psychologisches Einfühlungsvermögen, um zu hören, wie sich hier
       jemand über zwölf Songs an einer gescheiterten Beziehung abarbeitet - wie
       der Rolling Stone dann auch meinte, aufdecken zu müssen. Das ist, bei aller
       Empathie, nicht unbedingt mitreißend. Ab der Mitte passiert auf "Metals"
       bis zum Schluss nichts mehr von Bedeutung. Die "Bittersweet Melodies" sind
       einfach nur schön, allerdings ein bisschen zu lang. Spaß macht der
       Countrysound von "Cicadas & Gulls", man möchte dieser ausgesprochen guten
       Straßenmusikantin ein Geldstück in den Hut schmeißen. Nein, es gibt keine
       werbespotfähigen Ohrwürmer auf "Metals". Aber hören möchte man das Album
       dennoch immer wieder - oder gerade deshalb. Feist knüpft mit "Metals"
       wieder bei "Let it die" von 2004 an - ein bisschen spröde und gar nicht
       anbiedernd. Nur, dass diesmal die Leichtigkeit eines "Inside & Out" fehlt.
       Das hat nur das Finale auf "Metals": "Get it wrong, get it right". Das ist
       Pop, das wird schon wieder.
       
       Feist "Metals" (Polydor/Universal)
       
       29 Sep 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Niemann
       
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