# taz.de -- Biopic über das Leben von Beate Uhse: Der Orgasmus vor Gericht
       
       > In "Beate Uhse – Das Recht auf Liebe" (Sonntag, 20.15 Uhr, ZDF) spielt
       > Franka Potente die legendäre Erotikversandhändlerin – leider ohne
       > negative Charaktereigenschaften.
       
 (IMG) Bild: Frau mit merkwürdiger Frisur: Beate Potente (Franke Uhse).
       
       Fernsehzuschauer, die an diesem Sonntagabend im ZDF in Vorfreude auf die
       übliche Rosamunde-Pilcher-Berieselung das TV-Gerät einschalten, werden sich
       wundern. Statt Weichzeichneridylle in Cornwall gibt es gleich zu Beginn des
       auszustrahlenden Filmes eine mitreißende Gerichtsszene, in der eine
       Angeklagte mit merkwürdiger Frisur den Anwesenden voller Verve
       entgegenschmettert: "Lassen Sie sich nicht vorschreiben, was Sie in Ihren
       Schlafzimmern zu tun und zu lassen haben – hier steht heute der Orgasmus
       vor Gericht!"
       
       Ein knackiger Einstieg in das Drama "Beate Uhse – Das Recht auf Liebe", das
       vom Leben der Gründerin des berühmten Erotikimperiums erzählt. Der
       fulminante Auftakt ist angelehnt an einen Prozess aus dem Jahre 1969: Weil
       Uhse über ihren Versandhandel Spezialpräservative vertrieb, war sie der
       unnatürlichen Aufpeitschung und Befriedigung geschlechtlicher Reize
       angeklagt – und ging wie fast immer als Siegerin aus dem Saal.
       
       "Es ist unglaublich, wie prüde die deutsche Gesellschaft von der
       Nachkriegszeit bis in die 70er Jahre war", sagt Produzent Michael
       Souvignier. "Für die damalige Zeit war Beate Uhse eine unfassbar moderne
       Frau, die anfangs ausschließlich aus Überzeugung gegen die Prüderie
       gekämpft hat und erst spät aus dieser Überzeugung ein Geschäft machte. Für
       mich ist sie eine Heldin."
       
       Entsprechend dieser Haltung wird in den 111 Minuten wenig am Lack der
       Protagonistin gekratzt. Die Film-Uhse (Franka Potente) hat keine einzige
       negative Charaktereigenschaft, vertritt keine fragwürdigen Positionen und
       darf Sätze sagen wie: "Wir verhelfen den Menschen zum Glück."
       Passenderweise setzt der Film erst am Ende des Krieges ein – so muss nicht
       gezeigt werden, wie Uhse für die Nazis Kampfflugzeuge an die Front fliegt.
       
       Dabei hätte der Film den Heldenkult gar nicht nötig. Die Geschichte ist
       interessant und dürfte großen Teilen des Publikums so nicht bekannt sein,
       die Schauspieler agieren exzellent. Gezeigt wird, wie Beate Uhse nach dem
       Krieg mit der Hilflosigkeit vieler Frauen beim Thema Sexualität
       konfrontiert ist. Uhse erkennt Bedarf und legt 1946 die "Schrift X" auf,
       eine Anleitung zur Empfängnisverhütung. Der Ratgeber verkauft sich mehr als
       30.000 Mal, den Gewinn investiert Uhse in den Aufbau ihres Versandhandels
       für Kondome, Beratungsbroschüren und Liebesperlen.
       
       ## Alle Fragen bleiben offen
       
       1962 eröffnet sie in Flensburg das Institut für Ehehygiene, Deutschlands
       ersten Sexshop. Eine zumindest angerissene Diskussion über Uhses Lebenswerk
       hätte aber nicht geschadet. Hat sie tatsächlich zur sexuellen Freiheit der
       Frauen beigetragen? Oder stützte sie ein Rollenverständnis, nach dem die
       Frau dem Mann seine sexuellen Wünsche zu erfüllen hatte? Wurden die Frauen,
       die sich diese Einstellung zu eigen machten, durch Uhses Produktpalette
       zusätzlich verunsichert? Diese und schlauere Fragen wurden bereits zu Uhses
       Lebzeiten aufgeworfen – keine einzige wird in dem Film gestellt. Gemosert
       wird in ihm nur von Moralaposteln und Spießern.
       
       Gestorben ist Beate Uhse 2001, der Film endet 1972. Wichtige Debatten etwa
       zum Thema Pornografie fehlen deshalb ebenfalls. "Wir wollten in einem
       Zweiteiler noch mehr von Uhses Wirken erzählen", sagt Produzent Souvignier.
       "Leider bekamen wir nur die Zusage für einen Einteiler." In der Doku "Beate
       Uhse – Sex made in Germany" soll im Anschluss an den Film dieses Manko
       ausgeglichen werden.
       
       Dennoch, dieses Porträt ist allzu wohlwollend und unkritisch geraten – aber
       es ist immerhin besser als vieles von dem, was sonst auf diesem Sendeplatz
       läuft.
       
       9 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Sakowitz
       
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