# taz.de -- Kolumne Die Farbe Lila: Mit den Waffen einer Frau
       
       > Soll Frau sich hochschlafen? Sex als weibliches Handwerkszeug ist ein
       > Eingeständnis der Hilflosigkeit.
       
       Ich blätterte durch den Stern und wurde von einer Überschrift angesprungen:
       "Frauen sollten sich nach oben schlafen, warum nicht?", fragte die
       britische Soziologin und Feministin Catherine Hakim. Sie hat das Buch
       "Erotisches Kapital. Das Geheimnis erfolgreicher Menschen" geschrieben.
       
       Ich fragte mich, wieso denn ein Chef eine Mitarbeiterin befördern sollte,
       weil sie mit ihm in die Kiste steigt? Vielmehr hat sie doch anschließend
       das "Betthase" quasi als Goldkettchen um den Hals hängen. Ich rang mich
       durch, mehr als die Überschrift des Interviews zu lesen, und siehe da, mit
       dem "Hochschlafen" ist weniger das berufliche als ein soziales Hochschlafen
       gemeint, sprich: Frau oder Mann sucht sich jemand Bessergestelltes aus, für
       Sex, Liebe, Ehe usw. und klettert die soziale Leiter ein Stückchen nach
       oben.
       
       Und Hakims "erotisches Kapital" ist eine Irgendwie-Mischung aus Sex-Appeal,
       Schönheit und sozialer Attraktivität und kein konkreter Minirock zwecks Sex
       mit dem Chef. So blieb das Stern-Interview enttäuschend weit hinter der
       spektakulären Überschrift zurück.
       
       Sex als feministisches Handwerkszeug kennt man seit Lysistrata, und die
       Frauen eines südtürkischen Dorfes machten es ihr nach und damit
       Schlagzeilen, als sie in den Sexstreik traten, um ihre Männer zu zwingen,
       einen neuen Brunnen zu graben. Die alte Wasserquelle war ausgetrocknet und
       die Frauen mussten täglich mehrere Stunden zur nächsten laufen.
       
       Der Sexstreik wirkte, sie bekamen ihren Brunnen. Nur ist Sex als Waffe
       immer auch das Eingeständnis, keine anderen Waffen zu besitzen. Wer im Job
       allein auf "erotisches Kapital" setzt, demonstriert gut sichtbar für alle
       Beteiligten, dass es wohl an anderer Stelle hapert mit dem Kapital.
       
       Im Land des Angela-Merkel-Hosenanzug-Schicks ist es ja für Frauen schon
       ohne den Willen zum Sex mit Vorgesetzten schwer genug, "Weiblichkeit" und
       Professionalität gemeinsam mit zur Arbeit zu nehmen. Ein hübsches Kleid an
       einem hübschen Körper bringt vielleicht Aufmerksamkeit, aber keine
       Autorität - alles Schöne, Weiche, Leichte hat es in deutschen
       Management-Etagen schwer. Catherine Hakim sagt es selbst: Dort gebe es
       "eher hoch qualifizierte, aber unattraktive Bewerberinnen". Weniger
       attraktive Frauen würden "als maskuliner, entschlussfreudiger, weniger
       gefühlsbetont angesehen".
       
       Scheint ein ziemlich deutsches Problem zu sein, denn welcher Franzose würde
       die Durchsetzungsfähigkeit eleganter Frauen wie Christine Lagarde oder
       Ségolène Royal bezweifeln? Hierzulande sind Medien und politische Gegner ja
       schon mit der spröden Schönheit einer Sahra Wagenknecht überfordert.
       
       Deutschlands Top-Etagen sind eben immer noch geschlossene Systeme und
       pflegen ein eintöniges Ideal ihrer Leistungsträger, sie sind vor allem:
       weiß und männlich. Frauen können sich darin noch so sehr ihres "erotischen
       Kapitals" ermächtigen, sie würden dadurch ja doch nur "weiblicher,
       unentschlossener, gefühlsbetonter" wirken.
       
       Nach den bestehenden Spielregeln würde es in Hinblick auf Macht und hohes
       Einkommen eher etwas nützen, sich mit dem Kajalstift anstatt einen fein
       geschwungenen Lidstrich einen ordentlichen Schnurrbart aufzumalen,
       vielleicht noch eine Socke in der Unterhose zu versenken und als Mann zum
       nächsten Vorstellungsgespräch zu erscheinen.
       
       9 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Klingner
       
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