# taz.de -- Ver.di-Flashmob bei Edeka und Netto: Protest zwischen Obst und Gemüse
       
       > Bei einem Reisebus-Flashmob demonstrieren GewerkschafterInnen für
       > Arbeitsplatzgarantien und Tarifverträge. Sie fürchten nach der
       > Privatisierung der Edeka-Märkte schlechtere Arbeitsbedingungen.
       
 (IMG) Bild: Wollen mit ihrer Tour Gewerkschaftsmitglieder gewinnen: die AktivistInnen von Ver.di Südniedersachen.
       
       GÖTTINGEN taz | Trommel-Lärm und die schrillen Töne eines Saxophons
       schallen plötzlich durch das Edeka-Center in Bad Gandersheim. "Kaum ein
       Danke, wir sind bedient. Haben den Tarifvertrag verdient", singen rund 70
       GewerkschafterInnen. "Capitalisms not funny!" steht auf einem der
       Transparente, das die AktivistInnen durch den Supermarkt vor sich her
       tragen.
       
       Die Belegschaft des Edeka-Marktes ist gespalten, manche stellen sich hinter
       ihren Chef und schimpfen über die ArbeitskämpferInnen. Viele sagen lieber
       gar nichts, lächeln den AktivistInnen aber entgegen, singen mit. "Ich zahle
       doch Tarif", sagt der Marktleiter, als ihm Forderungen der Gewerkschaft
       übergeben werden. "Was wollen Sie denn noch?"
       
       Die Edeka-Filiale ist wie viele andere privatisiert worden, ausgehandelte
       Tarifverträge gelten hier nicht mehr. Garantien für die MitarbeiterInnen
       gibt es nur bis Ende 2012. "Wir möchten sicher sein, dass bei Edeka nicht
       irgendwann die Netto-Verhältnisse einkehren", erklärt Betriebsrätin Bärbel
       Thamhayn die Aktion. Die Gewerkschaft Ver.di fordert, dass die
       Tarifverträge auch verbindlich in den privatisierten Filialen gelten.
       
       Der Edeka-Markt ist die erste Station der "Mutmach-Tour" von Ver.di in
       Südniedersachsen. 53 GewerkschaftsaktivistInnen, von der Ver.di-Jugend bis
       zu den SeniorInnen, hatten sich am Vormittag in Göttingen in einen Reisebus
       gequetscht. Neben dem Edeka-Markt standen fünf Märkte der Netto-Kette auf
       dem Fahrplan, in denen die AktivistInnen Flashmobs inszenieren wollten. Die
       Arbeitsbedingungen bei der Edeka-Tochter bemängelt Ver.di schon seit
       mehreren Monaten.
       
       "Unsere Forderungen nach Einhaltung der Arbeitsschutzgesetze und der
       Tariftreue werden nicht flächendeckend umgesetzt", sagt die Göttinger
       Ver.di-Sekretärin Katharina Wesenick. Die Proteste, die sie seit dem
       Frühjahr organisiert, zeigen erste Erfolge. In den Filialen, in denen sich
       Widerstand rege, gebe es Verbesserungen. "Da wo die Kolleginnen und
       Kollegen sich nicht trauen, wird allerdings durchregiert", sagt Wesenick.
       Den MitarbeiterInnen der besuchten Märkte soll deswegen heute "Mut gemacht"
       werden, sich gewerkschaftlich zu organisieren.
       
       Vor dem Netto-Supermarkt in Einbeck, den der Bus als nächstes ansteuert,
       wartet bereits ein Verkaufsleiter zusammen mit polizeilicher Verstärkung.
       "Wir machen von unserem Hausrecht Gebrauch", sagt er und erteilt der Gruppe
       Hausverbot. Ansonsten: kein Kommentar. Die GewerkschafterInnen sehen darin
       einen Eingriff in das Streikrecht und verweisen auf ein Urteil des
       Bundesarbeitsgerichts. Trotzdem fährt der AktivistInnenbus weiter, der
       Netto-Markt in Northeim wird entgegen der Planungen nicht angefahren.
       
       In Göttingen versuchen einige der AktivistInnen erneut, einen Flashmob
       abzuhalten. Hier wartet noch keine Polizei vor der Tür des Netto-Marktes
       und einige betreten die Filiale, während sich andere auf dem Parkplatz des
       Supermarktes zu einer Kundgebung aufbauen. Drinnen werden Flugblätter an
       die Kunden und Geschenke an die Angestellten verteilt. "Gib gefälligst das
       Geschenk zurück", fährt ein Vorgesetzter barsch eine junge Angestellte an.
       "Alle Gewerkschaftsmitglieder" hätten nun Hausverbot.
       
       Vor der Tür nimmt die Polizei Personalien auf, auch von Journalisten. Es
       bestehe der Verdacht eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, heißt
       es. Die Beamten setzen das ausgesprochene Hausverbot durch und vertreiben
       die GewerkschafterInnen vom Firmengelände. "Skandalös" findet das
       Linken-Landtagsabgeordneter Patrick Humke, der zur Unterstützung
       herbeigeeilt ist. Und auch Ver.di-Sekretärin Wesenick ist erzürnt. "Die
       Polizei hat sich bei der Abwägung zwischen Streik- und Eigentumsrecht
       sofort auf die Seite des Eigentumsrechts gestellt", sagt sie. "Das wird ein
       Nachspiel haben!"
       
       9 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benjamin Laufer
       
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