# taz.de -- Kommentar IG Metall: Vor dem nächsten Sturm
       
       > Die IG Metall hat endlich den Aderlass bei den Mitgliedern gestoppt. Doch
       > zu viel Optimismus ist fehl am Platz: Bald könnten erneute
       > Konjunktureinbrüche auf sie zukommen.
       
       Die IG Metall präsentiert sich in diesen Tagen - noch - mit stolz
       geschwellter Brust: Zum ersten Mal seit 22 Jahren hat sie den Aderlass bei
       den Mitgliedern gestoppt, rechnet in diesem Jahr mit einem Plus von 15.000
       Neu-Metallern. Sie erwartet sogar mit 457 Millionen Euro die höchsten
       Beitragseinnahmen in ihrer Geschichte.
       
       Die Gewerkschaften, das war für viele Menschen die Lehre aus der Krise,
       sind eben doch für etwas gut: Sei es für die Verteidigung von
       Arbeitsplätzen, sei es, wenn die Politik schon nicht tätig wird, um
       betriebliche Vereinbarungen zur Besserstellung von Leiharbeitern
       durchzusetzen oder auch, um dem Unwohlsein an einer zunehmenden Spaltung
       der Gesellschaft Ausdruck zu verleihen. Es gebe im Empfinden der Menschen
       mehr "Oben" und "Unten" statt mehr "Mitte", hat IG-Metall-Vize Detlef
       Wetzel dieses Unwohlsein benannt.
       
       Doch zuviel Optimismus ist fehl am Platz. Denn während sich die
       Gewerkschaft einigermaßen berappelt hat, stehen die Zeichen im europäischen
       Wirtschaftsraum auf Sturm. Noch boomt der deutsche Exportsektor, aber die
       Stahlindustrie - ein untrügliches Frühwarnsystem für die zukünftige
       Wirtschaftsentwicklung - drosselt bereits ihre Produktion, die Banken in
       der Eurozone parken ihr Geld lieber bei der EZB, statt es sich
       untereinander zu leihen, und deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute
       dämpfen ihre Konjunkturerwartungen.
       
       Die IG Metall könnte also schneller als ihr lieb ist vor den gleichen
       Problemen stehen wie 2009: einem Wirtschaftseinbruch. Schon jetzt macht
       sich bei den Gewerkschaftern und Gesamtbetriebsratsvorsitzenden, die in
       Karlsruhe ihr Stelldichein geben, Nervosität breit. Eine erneuter
       Zusammenbruch von Banken und ein Einbruch der Wirtschaft fände schließlich
       vor deutlich anderen Ausgangsbedinungen statt: Die Geldhäuser sind schon
       einmal gerettet und der öffentliche Schuldenstand ist in die Höhe getrieben
       worden, Deutschland steht mit Milliardenverpflichtungen für den Euroraum
       ein. So werden die Verteilungsspielräume - Stichwort staatlich
       subventionierte Kurzarbeit - beständig kleiner.
       
       Auch könnte IG-Metall-Chef Berthold Huber in der Tarifrunde 2012 erneut vor
       der Situation stehen, seine vollmundige Ankündigung von deutlichen
       Lohnsteigerungen zurückrufen zu müssen. Es wäre ein großer Dämpfer für den
       Höhenflug der IG Metall - und ein noch schlechteres Zeichen für den
       Euroraum. Denn der hätte kräftige deutsche Reallohnsteigerungen bitter
       nötig, um die Ungleichgewichte zwischen den Ländern wenigstens ein bisschen
       abzumildern.
       
       10 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Völpel
       
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