# taz.de -- Kommentar Freihandelsabkommen: Kolonialismus neuen Typs
       
       > An Freihandelsabkommen, die viele Zollschranken im Norden unangetastet
       > lassen, verdienen nur Wenige. Ihre Klauseln zu Menschenrechten sind
       > deshalb Makulatur.
       
       Es war ein Zufall mit Symbolgehalt: Am Mittwoch ratifizierte der
       US-Kongress im Schnellverfahren drei Freihandelsabkommen, darunter das
       bereits 2006 unterzeichnete mit Kolumbien. 519 Jahre vorher war Kolumbus,
       der erste europäische Kolonisator, in der Karibik gelandet. In den meisten
       Ländern Lateinamerikas ist der Tag zu einem Gedenk- und Protestdatum der
       sozialen Bewegungen geworden, die sich gegen die Ausplünderung ihrer Länder
       zur Wehr setzen.
       
       Mit dem grünen Licht für das Kolumbienabkommen hat Barack Obama ein
       weiteres Wahlversprechen gebrochen. Dass der US-Präsident Afroamerikaner
       ist, verleiht diesem Sinneswandel eine besonders bittere Note. Zudem hat er
       damit seine Gewerkschaftsbasis brüskiert.
       
       Die nämlich argumentiert nicht nur mit drohenden Jobverlusten in den USA,
       sondern auch mit der Verfolgung kolumbianischer KollegInnen. Seit 2007
       wurden 197 Gewerkschafter ermordet, 39 davon seit dem Amtsantritt von
       Staatschef Juan Manuel Santos 2010.
       
       Die quasikoloniale Abhängigkeit Kolumbiens von den USA erreicht eine neue
       Qualität - und das ausgerechnet in einer Phase, in der die Hegemonie
       Washingtons sogar im vormaligen "Hinterhof" ins Wanken gerät. Durch die
       bevorstehenden Billigimporte sind Hunderttausende kolumbianischer Landwirte
       in ihrer Existenz bedroht. Vor allem die Milch- und Reisbauern seien noch
       nicht bereit, warnte Kolumbiens konservativer Landwirtschaftsminister Juan
       Camilo Restrepo noch am Montag. Prompt wurde er zurückgepfiffen. Auch der
       Zugang zu erschwinglichen Medikamenten wird schwieriger.
       
       An "Frei"-Handelsabkommen, die die Agrarsubventionen und viele
       Zollschranken im Norden unangetastet lassen, verdienen nur Wenige. Ihre
       Menschenrechtsklauseln sind Makulatur. Aus all diesen Gründen - und noch
       einigen mehr - sollte das Europäische Parlament, dem ein ganz ähnlicher
       Vertrag mit Kolumbien vorliegt, diesem die Ratifizierung verweigern.
       
       13 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Dilger
       
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