# taz.de -- Kommentar Proteste am 15.Oktober: Wir wollen die Krise begreifen
       
       > War der Samstag der Beginn einer globalen Bewegung? Zumindest in
       > Deutschland kann davon leider noch nicht die Rede sein. Es war mehr der
       > Wunsch nach Aufklärung.
       
       Was für ein 15. Oktober. Noch nie hat es zum selben Anlass in so vielen
       Städten so viele Proteste gegeben. Nicht einmal bei den Großdemonstrationen
       2003 gegen den Irakkrieg gingen so viele Menschen zeitgleich auf die
       Straße.
       
       Ob in Hongkong, Lübeck oder Denver - in mehr als 80 Ländern fanden Proteste
       gegen das Gebaren der Banker statt und gegen PolitikerInnen, denen es am
       Willen fehlt, diese inzwischen nicht mehr nur geldgierige, sondern
       kapitalvernichtende Branche zu bändigen. War der Samstag der Beginn einer
       neuen globalen Bewegung? Zumindest auf Deutschland bezogen, kann davon
       leider noch nicht die Rede sein.
       
       Beim Gros der Demonstrierenden hierzulande fiel vor allem eins auf: Es
       waren Fragen und der Wunsch nach Aufklärung, was sie auf die Straße trieb.
       Das unterscheidet sie positiv von dem mauen Protest 2009 im Zuge der
       Lehman-Pleite - als Banken sich schon einmal mit Milliarden von
       Steuergeldern retten ließen, weil sie sich verzockt hatten.
       Kapitalismuskritische Aufrufe von Attac und linken Gruppen verhallten
       damals.
       
       Auch heute sehen sich die Demonstrierenden meist nicht als
       Kapitalismusgegner. Sie kommen zunehmend aus der Mitte der Gesellschaft,
       und sie beschäftigt ein diffuses Unbehagen an der bisherigen Europolitik,
       denn sie glauben, dass etwas Gefährliches bevorsteht. Auch G 20, IWF und
       Weltbank vertrauen sie nicht. Vor allem aber wollen viele die Krise
       verstehen. Sie akzeptieren die Worthülsen der Eliten nicht mehr, sie wollen
       über Zusammenhänge und Gegenprogramme besser informiert werden.
       
       In Ländern wie Spanien, Griechenland und den USA, wo sich die Finanzkrise
       längst unmittelbar auf das reale Leben des Einzelnen auswirkt, haben die
       Proteste einen konkreten Bezug. In Deutschland jedoch, das als Hort der
       Stabilität für Anleger aus aller Welt bislang von der Krise profitiert hat,
       fehlt dieser bislang.
       
       Und es mangelt an Bewusstsein dafür, wie sehr deutsche Banken und deutsche
       Politik die weltweite Krise mitverursacht haben. Ursachen und Verursacher
       müssen endlich klar benannt werden - FDP und Ackermann bieten da genügend
       Angriffsflächen. Mit ihnen ließe sich prima ein Anfang machen.
       
       Vieles hängt jetzt davon ab, dass die Proteste vom Samstag kanalisiert und
       dass auf die Fragen auch Antworten gefunden werden - auch von
       Außerparlamentariern.
       
       16 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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