# taz.de -- Zuschauergewalt im Amateurfußball: Schiedsrichter haben die Nase voll
       
       > Wegen Gewalttätigkeiten von Zuschauern werden zahlreiche Partien in der
       > Amateurliga abgebrochen. Aus Protest legen die Schiris am Wochenende
       > mitten in den Spielen eine Pause ein
       
 (IMG) Bild: Droht auch diesem unmittelbar Gewalt?
       
       Auf einem Flyer beschwört der Berliner Fußball-Verband (BFV) eine
       Schreckensvision für die angeblich schönste Nebensache der Welt. Darauf
       abgebildet ist ein Plakat vor einem leeren Fußballplatz. Aufschrift: "Spiel
       fällt aus. Kein Schiedsrichter!"
       
       Mit dieser Drohung verschaffen sich Berlins Referees ein Ventil für den
       Frust im Amateurlager. "Bedroht - beschimpft - geschlagen", mit diesem
       drastischen Stakkato umschreiben die Pfeifenmänner und -frauen auf dem
       Flyer ihr Schicksal, das Woche für Woche auf den Spielplätzen der
       Hauptstadt lauert. "Wir mussten feststellen, dass wir in der noch jungen
       Saison bereits elf Spielabbrüche zu verzeichnen hatten. Acht im
       Erwachsenenbereich, drei in der Jugend. In der Tat beunruhigen uns die
       Umstände, vor allem der Umgangston und der mangelnde Respekt", erklärt
       BFV-Präsident Bernd Schultz.
       
       Aktueller Tiefpunkt war der Faustschlag eines Altherren-Spielers im
       September gegen einen Schiedsrichter, der bewusstlos zusammenbrach und an
       seiner Zunge zu ersticken drohte.
       
       "Die Verhältnisse haben sich verschlechtert", sagt
       Bundesliga-Schiedsrichter Felix Zwayer. Der Berliner Promi solidarisiert
       sich mit den Kollegen an der Basis, die an diesem Wochenende mit einer
       einmaligen Aktion auf ihre missliche Lage aufmerksam machen wollen: Alle
       Amateurspiele im Stadtgebiet werden nach zehn Spielminuten für fünf Minuten
       unterbrochen. "Wir wollen den Spielern und Zuschauern Zeit zum Nachdenken
       einräumen", sagt Schultz. Zeit zum Nachdenken über die Verrohung auf
       Berlins Fußballplätzen.
       
       Auch der sonst bei den Profis agierende Zwayer greift am Aktionswochenende
       zur Pfeife. Er leitet am heutigen Samstag die Kreisliga-Partie zwischen SV
       Blau-Gelb und Grün-Weiß Baumschulenweg. "Ich stelle mich jetzt mal in den
       Ring, um zu erleben, was tatsächlich passiert", erzählt der
       bundesligaerprobte Mann von Hertha BSC, dessen Bekanntheitsgrad nebst
       medialer Aufmerksamkeit wohl einen gewissen Schutz vor potenziellen
       Krawallmachern bilden dürfte.
       
       BFV-Präsidiumsmitglied Bodo Brandt-Chollé fällt es im Amateuralltag nicht
       leicht, von Gewalt- und Schimpfexzessen abgeschreckte Jungreferees bei der
       Stange zu halten. "Man kann nicht erwarten, dass sie sich 90 Minuten
       beschimpfen lassen und sich dann aus dem Staub machen müssen. Und das für
       11, 12, 15 Euro", gesteht er.
       
       180 bis 200 Jungs und Mädchen pro Saison beginnen beim BFV als
       Unparteiische. Ebenso viele springen wieder ab. "Wir stagnieren. Das ist
       unser Problem", berichtet der Leiter des Schiedsrichterausschusses.
       
       Der Nachwuchs würde zwar bei den ersten Einsätzen im Jugendbereich von
       einem Betreuer des Verbandes begleitet. Trotzdem sei es vorgekommen, so
       Brandt-Chollé, dass ein wütendes Elternteil eines Spielers aus den Platz
       gestürmt sei und den Schiri "geschüttelt" habe.
       
       Einem ehemaligen Schiedsrichter, der anonym bleiben will, ist die Lust an
       der Pfeife vergangen. Als Rücktrittsgrund gibt er zu Protokoll: "Die
       Aggressionen, die mir von Trainern, Betreuern, Eltern und Zuschauern nach
       Entscheidungen entgegengebracht wurden, haben mir mein Hobby kaputtgemacht.
       Für solche Leute gebe ich mich keine Minute länger her."
       
       22 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Schulz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball
       
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