# taz.de -- Virtueller Schreibtisch von Microsoft: Ballspiele auf dem Holodesk
       
       > Forscher bei Microsoft entwickeln Schnittstellen, die virtuelle und reale
       > Welt verbinden. Die Prototypen demonstrieren spannende Möglichkeiten.
       
 (IMG) Bild: Echte Hände, virtuelle Bälle: Der Holodesk verbindet zwei Welten.
       
       Jeder technikinteressierte Mensch, der Anfang der Neunzigerjahre das ZDF
       einschalten konnte, kennt das Holodeck aus "Raumschiff Enterprise: Das
       nächste Jahrhundert": Captain Picard und seine Crew konnten sich darin von
       ihrem Bordcomputer detailgetreu in fremde Welten versetzen lassen, ohne ihr
       Fluggerät verlassen zu müssen. Eine Technik, die ansatzweise in diese
       Richtung geht, haben nun Forscher bei Microsoft Research vorgestellt: Einen
       [1][holographischen Schreibtisch namens Holodesk]. Dabei handelt es sich um
       einen durchsichtigen Bildschirm mit Bewegungserkennung, der die realen
       Hände des Bedieners mit virtuellen Gegenständen aus dem Computer
       interagieren lässt.
       
       Holodesk basiert dabei auf Microsofts hauseigenem Kameramodul Kinect, das
       sonst für die Spielekonsole Xbox eingesetzt wird. Das 120 Euro teure
       Zusatzgerät hängt an einem PC, der die Daten auswertet. Ermittelt wird
       nicht nur die Position der Hand, die unterhalb einer als Projektionsfläche
       für die Bildschirminhalte befindlichen, halbdurchsichtigen Glasfläche
       platziert wird, sondern auch die des Kopfes des Benutzers. So ist es
       möglich, dass aus dem Computer stets die blickwinkelabhängig richtige
       Echtzeitgrafik kommt.
       
       Der von den Forschern auf einer Konferenz präsentierte Prototyp ist bereits
       recht beeindruckend. Der Nutzer kann beispielsweise virtuelle Bälle in die
       Hand nehmen und sie verschieben oder mit ihnen jonglieren. Ebenfalls
       nutzbar sind weitere reale Gegenstände: In einem weiteren Versuch wird ein
       virtueller Ball in eine Schüssel gelegt und verbleibt dort auch dann, wenn
       man die Schüssel bewegt. Dreht man sie um, fällt auch der virtuelle Ball
       heraus. Selbst das Balancieren eines virtuellen Gegenstandes auf einer
       Papierfläche ist möglich.
       
       Praktisch einsetzen will Microsoft den Holodesk beispielsweise im
       Konstruktionsbereich von Ingenieurbüros: Das Interagieren etwa mit
       Architekturmodellen wird so deutlich anschaulicher. Das, was man sieht,
       kann beliebig gedreht und gezoomt werden. Noch handelt es sich bei der
       Technik aber noch um einen Prototypen, der allerdings zeigt, was mit
       relativ einfacher Hardware und ausgeklügelter Software alles möglich ist.
       
       ## Technik noch nicht alltagsreif
       
       Ein mit Holodesk zusammenhängendes Projekt [2][nennt sich Omnitouch]. Dabei
       gingen die Microsoft-Forscher einen anderen Weg: Statt einen stationären
       Bildschirm zu verwenden, der holographische Bilder zeigt, wird ein
       tragbarer Projektor eingesetzt, der Computerschnittstellen auf jede
       beliebige Oberfläche werfen kann. Der Prototyp ist allerdings noch nicht
       sehr praktisch: Versuchspersonen müssen ihn auf der Schulter tragen.
       
       In der Demonstration klappt die Technik dennoch gut: Der Nutzer dreht
       seinen Miniprojektor auf die gewünschte Fläche, beispielsweise die eigene
       Hand oder der Schreibtisch. Dort erscheinen dann die Zifferntasten eines
       virtuellen Smartphones oder gleich eine vollständige Tastatur. Die
       Interaktion mit dem projizierten Bild überwacht wiederum ein Kinect-Sensor,
       der an einem Minicomputer hängt. Im Versuch zeigen die Forscher, wie sich
       so Eingaben vornehmen ließen, die dann gleich auf der gewünschten Fläche
       erschienen.
       
       Die Idee ist vor allem deshalb interessant, weil so ein virtueller
       Touchscreen aus nahezu jeder Fläche gemacht werden kann. Kleine
       Smartphone-Displays oder eingeschränkte Tablet-Bildschirme braucht niemand
       mehr. Bis es soweit ist, muss allerdings noch geklärt werden, wo die
       Technik praktisch installiert werden könnte. Noch nehmen Projektor und
       Kinect recht viel Platz weg - und auf der Schulter kann man das System nur
       ein paar Minuten tragen, bevor es unbequem wird. Eine deutliche
       Miniaturisierung wäre also notwendig.
       
       Die Microsoft-Projekte sind nicht die einzigen aktuellen Vorhaben in der
       Forschungslandschaft, berührungsempfindliche Bildschirme smarter zu machen.
       Der Trend geht dabei oft weg vom statischen Bildschirm, hin zur Projektion
       - auch wenn es hier noch Probleme wie den Schattenwurf gibt.
       
       25 Oct 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.youtube.com/watch?v=JHL5tJ9ja_w
 (DIR) [2] http://chrisharrison.net/projects/omnitouch/omnitouch.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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