# taz.de -- Medizin für Kinder: Treffen der Plüschbärdoktoren
       
       > In der Teddybärklinik soll Kindern die Angst vor Ärzten genommen werden.
       > Nun trafen sich die Plüschtier-Doktoren zu einer Konferenz.
       
 (IMG) Bild: Plüsch gegen die Angst vorm Doktor: Teddy wartet auf Behandlung.
       
       Sina Gerecke, Medizin-Studentin an der Charité, vergipst ein Handgelenk.
       Mit ihrer Patientin unterhält sich die 26-Jährige währenddessen über
       abgerissene Ohren und Gliedmaßen. Trotzdem sind beide guter Laune - aber
       sie befinden sich ja auch nicht in der Notaufnahme, sondern auf der ersten
       deutschlandweiten Fachtagung der Teddybärkliniken, die an diesem Wochenende
       im Virchow-Klinikum stattfand.
       
       "Eine Teddybärklinik funktioniert eigentlich wie jede andere Klinik auch",
       sagt Sina Gerecke, die die Tagung mitorganisiert hat. Die Patienten, in
       diesem Fall Stofftiere, werden von ihren jungen Besitzern zu den
       studentischen Teddydoktoren gebracht. Diese versuchen dann im Gespräch mit
       den Kindern und in Untersuchungen wie Röntgen und Abtasten herauszufinden,
       was dem Kuscheltier fehlt. Anschließend wird das Ohr wieder angenäht oder
       ein Medikament gegen Bauchweh verabreicht. Den Kindern soll so spielerisch
       die Angst vor Ärzten und Krankenhäusern genommen werden. Zwei Mal im Jahr
       findet die Teddybärklinik in Berlin statt, meist kommen ganze
       Kindergartengruppen. Betreut werden sie von rund 100 angehenden Ärzten.
       
       Auch an anderen medizinischen Fakultäten in Deutschland gibt es ähnliche
       Projekte. Um diese zu vernetzen und voneinander zu lernen, organisierte die
       Berliner Teddybärklinik nun die erste bundesweite Fachtagung. Zwei Tage
       lang wurden Studierenden aus 18 verschiedenen Städten der Aufbau und die
       Organisation einer Teddybärklinik nähergebracht. Denn in einem guten
       Teddykrankenhaus passiert weit mehr als die bloße medizinische Versorgung
       von Plüschtieren: Die Kinder und ihre Begleiter, meist Erzieher und Eltern,
       werden beispielsweise über Unfallpräventation und gesunde Ernährung
       informiert. "Außerdem arbeiten wir mit einem riesigen selbstgenähten
       Teddybären mit herausnehmbaren Organen", erzählt eine andere
       Medizinstudentin. "Mit dem können wir den Kindern ihren eigenen Körper
       näherbringen."
       
       Während die meisten Stofftiere recht einfach zu behandelnde Krankheiten wie
       Bauchweh oder fehlendes Auge haben, gibt es auch schwierigere Fälle. "Wir
       hatten ein Mal ein kleines Mädchen da, dass gesagt hat, ihr Teddy hätte
       Krebs", berichtet Sina Gerecke. Bei solchen Krankheiten müsse das Kind
       gefragt werden, wie es denn auf diese Idee käme. Manchmal stelle sich dann
       heraus, dass es gar nicht so schlimm sei, sondern der Teddy am Strand von
       einem Krebs gebissen wurde. "Kinder haben eben eine ganz eigene Vorstellung
       von Krankheit", sagt auch die betreuende Referentin und Kinderchirurgin,
       Stefanie Märzheuser.
       
       Bei dem kleinen Mädchen war das aber leider nicht so, sagt Sina Gerecke:
       seine Schwester hatte Leukämie. Die Teddydoktoren hätten dann zunächst eine
       betreuende Ärztin hinzugerufen und das Mädchen gefragt, ob es etwas gebe,
       was dem Teddy gut täte. In Absprache mit dem Mädchen habe man dem Teddy
       dann eine Spritze gegeben. Dennoch hätten die Teddydoktoren auch gesagt,
       dass Krebs eine schwere Krankheit und nicht schnell heilbar sei. "Es ist
       schließlich fatal, wenn ein Kind hinterher nach Hause geht und denkt, Krebs
       könne man mit einer Spritze heilen", so Gerecke.
       
       Dass Kinder Krankheiten aus ihrem direkten Umfeld auf ihre Kuscheltiere
       projezieren, kommt oft vor. So hätten in diesem Jahr viele Kinder erzählt,
       ihr Teddy habe EHEC, also die von einem Darmbakterium ausgelöste Krankheit,
       an der im Frühjahr in Europa rund 50 Menschen gestorben sind. Meist habe
       man dann versucht, die Beschwerden des Teddys auf eine andere, leichtere
       Krankheit wie Fieber zu münzen.
       
       Wichtig ist beim Teddykrankenhaus also weniger die Diagnose der
       Teddydoktoren. Vielmehr soll auf das, was die Kinder über die Krankheit
       ihres Stofftiers erzählen, eingegangen werden. Von der Teddyklinik haben
       aber nicht nur Kinder und Kuscheltiere etwas - auch die Studierenden, von
       denen viele später in der Kinderheilkunde arbeiten wollen, sind begeistert.
       Vor allem werdeder Umgang mit Patienten und besonders mit Kindern sehr früh
       geübt.
       
       Sina Gerecke hat auf dem Kongress viele neue Ideen für die Teddyklinik in
       Berlin gesammelt, die beispielsweise das chronisch überlastete
       Anmeldesystem verbessern könnten. Denn schon im Mai und Juni 2012 werden
       Berlins Teddydoktoren das nächste Mal für das Wohl von Kind und Kuscheltier
       im Einsatz sein.
       
       30 Oct 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marlen Kess
       
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