# taz.de -- Nationalspieler Balotelli besucht Camorra: Kokainpäckchen auf dem Tisch
       
       > Touristische Neugier soll den Nationalspieler Mario Balotelli in die
       > Camorra-Kreise von Neapel geführt haben. Nicht die einzige Verbindung
       > zwischen Fußball und Mafia.
       
 (IMG) Bild: Begnadeter Fußballer mit zwielichtigen Freunden: Mario Balotelli.
       
       BERLIN taz | Gerade erst hat sich der hitzige Jungstürmer mit seinem Tor
       und seiner Torvorlage im Freundschaftsspiel der Italiener in Polen (0:2) in
       die Herzen seiner Landsleute gespielt, da kommt neues Ungemach auf ihn zu.
       Nächsten Dienstag tritt Mario Balotelli mit Manchester City beim
       Verfolgerduell in der Bayern-Gruppe der Champions League beim SSC Neapel
       an. Und bei dieser Gelegenheit werden alte Skandale neu hochkochen.
       
       Im Sommer 2010 entschied sich Balotelli urplötzlich, eine Spritzfahrt nach
       Capri mit einem Ausflug ins durch Roberto Saviano als Camorra-Hochburg
       bekannt gewordene Scampia zu verbinden. "Ich wollte diese durch Filme wie
       ,Gomorra' berühmt gewordenen Orte sehen", rechtfertigte sich Balotelli.
       
       Pech war nur, dass der Mann, der ihm diesen Trip vermittelte und Platz auf
       seinem Motorino anbot, mittlerweile von der Staatsanwaltschaft als
       Geldwäscher der Camorra verdächtigt wird. Weiteres Pech war, dass Balotelli
       sehr schnell von Vertretern des Clans Lo Russo umringt war, wie ein
       späterer Camorra-Aussteiger, der ebenfalls bei dem Ereignis zugegen war,
       aussagte. Zwar verteidigte sich Balotelli in einer Polizeianhörung durchaus
       plausibel damit, dass er es gewohnt sei, von vielen Menschen umringt zu
       sein.
       
       Etwas Furcht kroch allerdings in ihm hoch, als seine Begleiter seine
       touristischen Wünsche ernst nahmen und ihn direkt in die Zentrale des
       Drogenhandels führten. "Ich war circa zehn Meter von einem Tisch entfernt,
       auf dem Kokainpackungen lagen. Als ich diese Gefahr erkannt hatte, habe ich
       darum gebeten, zurückkehren zu dürfen", sagte Balotelli.
       
       Man mag in Balotellis Trip jugendlichen Übermut, Neugierde und
       Abenteuerlust sehen. In Neapel wird sein Betragen allerdings als eine
       Imageaufwertung für die Camorra verstanden. "Ich bin frustriert. Warum geht
       er in diese Kreise und kommt nicht zu uns?", fragte der bekannte
       Anti-Camorra-Priester Aniello Manganiello. Der war lange in Scampia tätig
       und wurde just in den Tagen des Balotelli-Trips von seinen Vorgesetzten
       aufgefordert, die Pfarrei zu wechseln. Als Hintergrund wird Druck der
       Camorra-Familien vermutet.
       
       ## Gastspiel mit Bedeutung eines Staatsbesuchs
       
       Ganz Neapel wird nun beim Besuch Balotellis auf jeden Schritt und Tritt des
       Angreifers achten. Wegen der symbolischen Implikationen - Balotelli ist der
       neue Star des italienischen Nationalteams, er wurde des Öfteren aber auch
       Opfer rassistischer Anfeindungen und hat sich jetzt an die Randzonen des
       organisierten Verbrechens begeben - kommt dem Gastspiel die Bedeutung eines
       Staatsbesuchs zu.
       
       Durch den Fall Balotelli wird zudem die Erinnerung an die unseligen
       Verbindungen früherer Fußballstars wie Diego Maradona mit Männern der
       Camorra aufgefrischt. Und obwohl die neue Klubführung glaubhaft auf Distanz
       zur Camorra achtet, lassen sich einzelne Spieler immer wieder zu
       Werbezwecken der Clans missbrauchen. Im Versteck eines flüchtigen
       Camorrista wurde ein Foto von ihm mit dem Mittelfeldlenker Napolis, dem
       Slowaken Marek Hamsik, gefunden.
       
       Turbodribbler Ezequiel Lavezzi musste bei einer Befragung durch die
       Staatsanwaltschaft zugeben, den designierten Anführer des Lo-Russo-Clans,
       Antonio Lo Russo, mehrfach in seinem Haus empfangen zu haben. "Ich kannte
       ihn nur als Anführer eines Fanklubs", versuchte sich der Argentinier zu
       entschuldigen. Weil er auch mit dem mutmaßlichen Geldwäscher, der Balotelli
       durch Scampia führte, vertraut war, geht jetzt an die Stars die
       Aufforderung, mehr Gespür in der Auswahl ihrer Entourage walten zu lassen.
       Neapel ist ein besonderes Pflaster.
       
       16 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
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