# taz.de -- Freie Journalisten sollen Streik aushebeln: Verlag sucht nach Streikbrechern
       
       > Seit Wochen streiken Journalisten beim "Schwarzwälder Boten". Dank des
       > Business-Netzwerkes Xing ist es publik. Die Lösung: Söldner!
       
 (IMG) Bild: Streikbrecher gesucht - Söldnerfahndung via Xing.
       
       "Westernreiten" mag die Geschäftsführerin des Verlagsdienstleisters
       Grafik-Bote und des Druckzentrums Südwest gern. Dass die Welt dies weiß,
       ist dem Business-Netzwerk Xing zu verdanken, wo Mitglieder nicht nur über
       berufliche Fähigkeiten, sondern auch über private "Interessen" Auskunft
       geben.
       
       Angesichts solcher Freizeitbeschäftigungen ist es nicht verwunderlich, dass
       die Chefin der zur Mediengruppe Schwarzwälder Bote gehörenden Firmen auch
       im Geschäftsleben eine Vorliebe für Wildwestmethoden hat. Oder um es in
       Anlehnung an die Schlagerband Truck Stop zu sagen: Der wilde, wilde Westen
       fängt schon im Schwarzwald an.
       
       Ein Journalist, der bei Xing Mitglied ist, fand jedenfalls kürzlich
       folgende Nachricht der Pferdefreundin aus Deutsch-Südwest vor: "Der
       Schwarzwälder Bote, eine der großen Lokalzeitungen in Baden-Württemberg,
       befindet sich zurzeit in einer Streiksituation und sucht für sofort freie
       Redakteure […], die einspringen, um das Erscheinen einzelner Lokalausgaben
       abzusichern. Deren Aufgabe ist die Unterstützung in der Seitenproduktion
       […]. Für Unterkunft wird auf Wunsch verlagsseits gesorgt."
       
       Klingt für manche freie Journalisten fast feudal, vielleicht kocht ja sogar
       der Chefredakteur persönlich. Ob man weitere potenzielle Söldner kenne, die
       "rasch verfügbar sind", will die Managerin noch wissen. Den fast
       wortgleichen Brief eines Lokalchefs hatte kürzlich der Deutsche
       Journalisten-Verbandes (DJV) Baden-Württemberg veröffentlicht.
       
       Die Formulierung, der "Schwabo", wie er vor Ort heißt, befinde sich
       "zurzeit in einer Streiksituation", ist leicht untertrieben. Seit dem 8.
       September gibt es einen unbefristeten Streik bei dem Blatt, das - wie die
       Stuttgarter Zeitung und die Süddeutsche Zeitung - zur Südwestdeutschen
       Medienholding (SWMH) gehört. Kürzere Streiks hatte es schon seit Mai
       gegeben. Damals wurden die Redaktion und die Anzeigenabteilung aus dem
       Mutterhaus in nicht tarifgebundene Firmen ausgegliedert. Insgesamt 280
       Angestellte sind betroffen.
       
       Die Ursache der Arbeitsniederlegungen ist, dass sich die Geschäftsführer
       von drei tariflosen Gesellschaften weigern, Verhandlungen mit den
       Gewerkschaften aufzunehmen. Der DJV appellierte vor wenigen Tagen auf
       seinem Verbandstag an die Geschäftsführungen, "in die Tarifbindung
       zurückzukehren." Die "Zeitungsbranche" könne "ihre wichtige demokratische
       Aufgabe nur erfüllen, wenn sie durch die vorgegebenen Arbeitsbedingungen
       einen qualitativ hochwertigen Journalismus ermöglicht".
       
       An der Söldnerfahndung via Xing ist nun zweierlei bemerkenswert: Zum einen,
       dass sogar Führungskräfte der Mediengruppe, die mit der Redaktion nichts zu
       tun haben, für die Zeitung trommeln. Zum anderen der Zynismus. Ganz nach
       dem Motto: Euch freien Journalisten geht es eh so schlecht, euch kann man
       alles anbieten.
       
       16 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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