# taz.de -- Schünemann unter Beschuss: Härtefall für den Innenminister
       
       > Wegen einer neuen Verordnung zur Arbeit der niedersächsischen
       > Härtefallkommission fordert die Landtagsopposition den Rücktritt von
       > Innenminister Schünemann.
       
 (IMG) Bild: Steht unter Beschuss von Kirchen und Opposition: Innenminister Schünemann.
       
       HANNOVER | taz Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) steht
       zunehmend unter Druck. Neben der Linksfraktion fordert jetzt auch die SPD
       in der Landtagsopposition offen seinen Rücktritt. Und auch die Kirchen
       stößt er mit seinen flüchtlingspolitischen Manövern erneut vor den Kopf -
       für einen Christdemokraten besonders ungeschickt.
       
       Schünemanns neuester Streich: eine neue Verordnung zur Arbeit der
       niedersächsischen Härtefallkommission, die die ohnehin umstrittene
       Abschiebepraxis des Landes verschärft. Am Donnerstagabend berichtete der
       NDR, das Gremium - das Ausländern aus humanitären Gründen ein Bleiberecht
       geben kann, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist - solle künftig die Fälle
       von Menschen, die im Kirchenasyl Schutz vor drohender Abschiebung gesucht
       haben, erst gar nicht mehr annehmen. Solch "pflichtwidriges Verhalten"
       könne den Betroffenen "nicht zum Vorteil gereichen", heißt es in dem
       Entwurf, der der taz vorliegt.
       
       Kurz nach dem NDR-Bericht verschickte Schünemanns Pressestelle eine
       "Klarstellung": Ziel des Ministers sei es, mit der neuen Verordnung
       Härtefallersuchen zu erleichtern. Die Ausländerbehörden sollten Betroffene
       zukünftig über die Möglichkeit belehren, die Kommission anzurufen. Zudem
       sollten fahrlässig begangene Straftaten kein Grund mehr für eine
       Nichtannahme als Härtefall sein.
       
       Bei der Frage des Kirchenasyls bleibt die vermeintliche Klarstellung
       allerdings kryptisch. Dass Schünemann am Plan festhält, die Aufnahme ins
       Kirchenasyl zum Ausschlusskriterium zu machen, ist erst auf Nachfrage zu
       erfahren: Es gehe darum, keine Menschen zur Härtefallkommission zuzulassen,
       die sich einem Abschiebetermin entzogen haben - ob durch Untertauchen oder
       im Kirchenasyl, erklärte sein zuständiger Ministerialrat Paul Mittelbeck am
       Freitag.
       
       Das kritisiert die Kirche heftig: Die geplante Änderung kriminalisiere das
       Kirchenasyl, sagt Philipp Meyer, Superintendent in Hameln und Vertreter der
       evangelischen Kirche in der Kommission. "Das Kirchenasyl ist kein
       Untertauchen, der Aufenthalt der Betroffenen ist den Behörden jederzeit
       bekannt", sagt Meyer. "Es ist deren Entscheidung, nicht in den Kirchenraum
       einzudringen und die Abschiebung durchzusetzen."
       
       Die Kirchen stimmt Schünemanns neuestes Manöver "äußerst nachdenklich", wie
       Meyer es formuliert. Dort hat man mittlerweile grundsätzlich Zweifel an der
       Mitarbeit in der Kommission. Ende November tagt die Konföderation
       evangelischer Kirchen in Niedersachsen - und berät über die Zukunft der
       Härtefallkommission.
       
       Dabei hatte sich Schünemann gerade erst um positive Schlagzeilen zur
       Besänftigung bemüht: Am Mittwoch verkündete er überraschend, er wolle sich
       für die Wiedereinreise der vietnamesischen Familie Nguyen aus Hoya
       einsetzedern. Die hatte er noch eine Woche zuvor nach fast 20 Jahren in
       Deutschland überfallartig mitten in der Nacht abschieben lassen - eine auch
       CDU-intern höchst umstrittene Entscheidung. Der Braunschweiger
       Landesbischof Friedrich Weber drohte umgehend mit dem Ausstieg aus der
       Härtefallkommission (taz berichtete). Und selbst die traditionell
       Schünemann-freundliche Bild-Zeitung kritisierte die Abschiebung der "braven
       Familie".
       
       Seine unvorhergesehene Kehrtwende begründete Schünemann mit den Worten:
       "Auch ein Innenminister hat ein Herz." Im Hintergrund wird
       Ministerpräsident David McAllister (CDU) als Ursache der Umentscheidung
       genannt. Ein gutes Jahr vor der Landtagswahl wolle der Unmut bei den
       Kirchen tunlichst vermeiden.
       
       Wann die Familie Nguyen nach Deutschland zurückkehren kann, ist indes
       unklar. Man habe nie gesagt, die Nguyens könnten jetzt einreisen, sondern
       nur, dass man sich auf Bundesebene für sie einsetze, heißt es dazu von
       Schünemanns Sprecher.
       
       18 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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