# taz.de -- Schulden: Wer pleite ist, muss rausziehen
       
       > In den Randbezirken steigt die Zahl hartnäckig Verschuldeter, in der
       > Mitte nimmt sie ab, sagt eine Studie von Creditreform.
       
 (IMG) Bild: Berlin gehört zu den Schuldenhochburgen Deutschlands.
       
       Chronisch verschuldete Berliner werden offenbar zunehmend an den Stadtrand
       gedrängt: Während die Zahl der langfristig überschuldeten Menschen in
       Prenzlauer Berg und Mitte in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist,
       verzeichnen Hellersdorf, Hohenschönhausen und Spandau ein kräftiges Plus.
       Dies geht aus dem jüngsten Schuldneratlas der Wirtschaftauskunftei
       Creditreform hervor. Geschäftsführer Christian Wolfram sagte am Dienstag,
       beweisen lasse sich so ein Umzugsverhalten anhand der gesammelten Daten
       nicht - ein wahrscheinlicher "Erklärungsversuch" sei es aber schon. Denn
       wer einmal richtig in der Schuldenfalle sitze, komme selten wieder heraus;
       folglich erklären sich die massiven Veränderungen nur durch einen
       Wohnortwechsel in billigere Stadtviertel.
       
       Als hartnäckig verschuldet bezeichnet Creditreform Menschen, die unabhängig
       von der konjunkturellen Lage auf einem hohen Schuldensockel sitzen. Etwa 60
       Prozent aller Verschuldeten gelten als hoffnungslose Fälle. Im Vergleich zu
       2006 gibt es in Mitte 14,3 Prozent weniger Langzeitschuldner (aktuell 4.184
       Menschen), in Prenzlauer Berg 12,7 Prozent (4.565 Menschen). In
       Hohenschönhausen stieg diese Zahl im selben Zeitraum hingegen um 20,2
       Prozent an auf 4.700 Berliner, in Hellersdorf um 15,7 Prozent auf 9.370.
       
       Insgesamt sind in diesem Jahr in Berlin 363.268 Menschen verschuldet, das
       sind etwa 9.500 weniger als im Vorjahr. Trotz der rückläufigen Zahlen
       bleibt Berlin damit bundesweit das Land mit den meisten Schuldnern. Die
       Schuldnerquote liegt bei 12,32 Prozent. Zwar mache sich der konjunkturelle
       Aufschwung auch hier bemerkbar, sagte Wolfram. Oft verhärteten aber
       schlecht bezahlte Tätigkeiten eine Überschuldung. "Wenn ich genug Schulden
       habe, nutzt mir auch ein Minijob nicht, um da rauszukommen." Berlin ist mit
       seiner Wirtschaftsstruktur prädestiniert für solche prekären
       Beschäftigungsverhältnisse: Hier florieren vor allem Tourismus und
       Gastronomie und damit zwei Branchen, die für schlechte Löhne berüchtigt
       sind.
       
       Grundsätzlich indes leben in Städten mehr verschuldete Menschen als auf dem
       Land. "Das Konsumangebot ist größer, und die soziale Kontrolle wirkt nicht
       so", erklärte Wolfram. Das sei schon immer so gewesen - was dem Berliner
       Creditreform-Chef Sorgen bereitet, ist jedoch der rasante Anstieg der
       verschuldeten Jugendlichen. Sie würden wohl am leichtesten den Verlockungen
       der Konsumwelt erliegen, mutmaßte Wolfram. Die Zahl Verschuldeter unter 20
       Jahren hat bundesweit seit 2004 um 357 Prozent auf 243.000 zugenommen.
       Zahlen nur für Berlin liegen nicht vor.
       
       Die Wirtschaftsauskunftei forderte, Jugendliche gezielter in ihrer
       Finanzkompetenz zu schulen, grundsätzlich offensiver auf die Problematik
       hinzuweisen sowie die Schuldnerberatungsstellen zu verstärken. Es könne
       nicht sein, dass Betroffene monatelang auf einen Termin warten müssten,
       sagte Wolfram. Bis dahin könne es für Auswege wie eine Privatinsolvenz zu
       spät sein. Creditreform verwendet für den Schuldneratlas Daten aus seiner
       Inkassotätigkeit und etwa von Amtsgerichten.
       
       22 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristina Pezzei
       
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