# taz.de -- Korruption in Kuba: Feldzug gegen das Handaufhalten
       
       > Lange Jahre galt Kuba als korruptionsresistent. Doch in den letzten
       > Monaten häufen sich die Fälle bis hoch in die Ministeriumsspitze - ein
       > Strukturproblem?
       
 (IMG) Bild: Dass selbst die kubanischen Medien über den Bestechungssumpf berichten ist ein Indiz für das Ausmaß des Skandals.
       
       HAVANNA taz | Darío Delgado heißt der Generalstaatsanwalt von Kuba, und der
       hat derzeit alle Hände voll zu tun. Die Fälle von Korruption häufen sich,
       und immer öfter sind es Verantwortliche an der Spitze oder in zweiter
       Reihe, die hinter Gittern landen und gegen die ermittelt wird.
       
       Jüngstes Beispiel ist der Vizeminister des in Auflösung begriffenen
       Zuckerministeriums, Nelson Labrada, der Ende September verhaftet wurde. Ihm
       wird vorgeworfen, in dubiose Importgeschäfte mit kanadischen Unternehmen
       verwickelt zu sein und daran gut verdient zu haben, denn die Ausrüstung sei
       zu stark überhöhten Preisen eingekauft worden.
       
       Kein Einzelfall, wie die Schließung eines weiteren kanadischen Unternehmens
       im Juli, der Tri-Star Caribbean, und die Versiegelung der Büros der
       britischen Investmentfirma Coral Capital Group Ltd. im Oktober zeigen. Die
       Summen, um die es geht, werden immer größer. Seit einigen Monaten geht die
       Regierung in Havanna gezielt gegen die Korruption vor. Immer öfter sind
       ranghohe Politiker und Wirtschaftsbosse involviert.
       
       ## 15 Millionen versickert
       
       Die höchsten Wellen schlug bisher der Fall des kubanischen
       Kommunikationsriesen Etecsa. Der Konzern ist federführend für die Verlegung
       des Glasfaserkabels von Venezuela nach Kuba verantwortlich, das die Insel
       endlich zügig mit dem World Wide Web verbinden soll. Der Anschluss des
       Kabels, das inzwischen weitgehend fertig verlegt ist und laut Mitarbeitern
       der Etecsa auch funktioniert, ist derzeit auf Eis gelegt, weil ranghohe
       Verantwortliche im großen Stil abkassierten.
       
       "Den Informationen zufolge, die von Mitarbeitern der Etecsa stammen, wird
       gegen fünfzig bis siebzig Mitarbeiter der Monopolisten ermittelt. Sie
       sollen mehrere Millionen US-Dollar beiseitegeschafft haben", so der
       unabhängige Journalist Iván Garcia Quintero. Bis zu 15 Millionen der
       insgesamt angeblich rund 70 Millionen US-Dollar teuren Leitung sollen in
       dunklen Kanälen versickert sein.
       
       Ohnehin ist das international viel beachtete Projekt, das Kuba einen
       Quantensprung der Geschwindigkeit des Internetzugangs bringen soll,
       deutlich teurer als international üblich. Solange der Korruptionsskandal
       bei der Etecsa, dem bisher zwei Vizeminister zum Opfer fielen, nicht
       aufgeklärt ist, wird das Kabel sicher nicht in Betrieb gehen.
       
       Doch die Etecsa ist nur die Spitze des Eisbergs, denn auch im
       biotechnologischen Sektor und in der Luftfahrt ist es zu Unregelmäßigkeiten
       gekommen. Im Juli wurden Verantwortliche verschiedener Unternehmen zu
       Haftstrafen von 6 bis 13 Jahren verurteilt, wie die Parteizeitung Granma
       berichtete. Dass die kubanischen Medien inzwischen über solche Fälle
       berichten, zeigt, wie ernst die Sache genommen wird.
       
       ## Bestechung ist systemimmanent
       
       Für ausländische Unternehmer ist die Korruption längst systemimmanent:
       "Solange Löhne gezahlt werden, die ein anständiges Leben nicht ermöglichen,
       wird es Zahlungen unter der Hand, Diebstahl und Betrug geben", sagt ein
       Reiseveranstalter, der anonym bleiben will.
       
       Das scheint auch der Regierung in Havanna klar zu sein. Staatschef Raúl
       Castro betonte im Umfeld des Parteitags im April mehrfach, er wisse, dass
       die Löhne mit den Lebenshaltungskosten nicht Schritt halten.
       
       Das Grundproblem der Inselökonomie ist jedoch, dass kaum etwas produziert
       wird. Das bestätigt auch Omar Everleny, Direktor des Studienzentrums der
       kubanischen Ökonomie (CEEC). Schon vor vier Jahren hat sein Institut die
       Lebenshaltungskosten einer vierköpfigen Familie auf 1.600 kubanische Pesos
       kalkuliert. Der Durchschnittslohn aber liegt bei rund 400 Pesos - und
       seitdem ist vieles in Kuba merklich teurer geworden.
       
       25 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karl Kaufmann
       
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