# taz.de -- Thesen des grünen Ex-Fraktionschefs: Ratzmann rechnet ab
       
       > Nach seinem Rücktritt als Fraktionschef geißelt Volker Ratzmann in einem
       > Papier persönlich-politische Verquickungen der Parteilinken.
       
 (IMG) Bild: Hier, lest mal: Volker Ratzmann hat seinen linken Widersachern was ins Stammbuch geschrieben.
       
       Erst legt Volker Ratzmann den Vorsitz der Grünen-Fraktion nieder - dann
       zieht er vom Leder. Der Politiker hat ein Papier geschrieben, in dem er mit
       dem linken Flügel seiner Partei scharf ins Gericht geht. "Die Mär, die
       Wahlkampfstrategie sei von einer Realo-Clique um Renate Künast ausgeheckt
       worden, entbehrt jeder Grundlage", schreibt Ratzmann darin. Alle
       wesentlichen Fragen seien mit den Linken gemeinsam geklärt worden. "Auch
       sie tragen Verantwortung und müssen sich dieser stellen." Ratzmann bekennt
       sich aber auch zu eigenen Fehlern.
       
       Das Papier unter dem Titel "... und der Zukunft zugewandt" ist zehn Seiten
       lang. Dass Ratzmann es kurz vor dem grünen Bundesparteitag in Kiel
       veröffentlicht, ist wohl kein Zufall. Vor drei Jahren hatte sich Ratzmann
       noch um den Posten des Bundesvorstands beworben. Möglicherweise versucht
       er, sich nun wieder bundespolitisch in Gespräch zu bringen. Die Frankfurter
       Allgemeine Zeitung veröffentlichte am Donnerstag sogar Auszüge.
       
       Bevor er auf den Berliner Wahlkampf sowie die Fehler der Grünen eingeht,
       widmet sich Ratzmann den fraktionsinternen Kämpfen um die Besetzung des
       Fraktionsvorstands. Zunächst nennt er keine Namen. Später wird er
       deutlicher: Er spricht "von einem Kreisverband, der im Ruch" stehe, von
       einer sogenannten Familie kontrolliert zu werden. Von einer "Connection
       Wesener/Behrendt" ist die Rede. Der grüne Landesvorsitzende Daniel Wesener
       und der Abgeordnete Dirk Behrendt sind ein Paar, beide werden dem linken
       Parteiflügel zugerechnet. Behrendt kandidierte gegen Ratzmann für den
       Fraktionsvorsitz, unterlag aber knapp. Danach erklärte der linke Flügel, er
       werde Ratzman nicht als Fraktionschef akzeptieren.
       
       Ratzmann hinterfragt nicht nur das Demokratieverständnis des linken
       Flügels. "Wie konnte es passieren", möchte er wissen, "dass nicht mal
       problematisiert" wurde, dass "der Lebenspartner des Landesvorsitzenden zum
       Fraktionsvorsitz greift, wenn die politisch einflussreichsten Ämter
       familiär verbunden werden sollen?". Weiter heißt es: "Wir geißeln in
       anderen Parteien schon den leisesten Hauch der Verquickung von
       persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interessen und politischen
       Ämtern, der Ballung von Machtpositionen zu Recht aufs Schärfste."
       
       In einer ersten Reaktion sagte Dirk Behrendt der taz, Ratzmanns Vorwurf
       verwundere ihn sehr. Dass er und Wesener ein Paar seien, sei in der
       Fraktion nie ein Geheimnis gewesen. Auch in Nordrhein-Westfalen seien der
       stellvertretende Fraktionschef der Grünen und der Landesvorsitzende liiert.
       "Mein Eindruck ist nicht, dass das den Grünen schadet". Was Ratzmanns
       Wahlkampfanalyse angehe, sei vieles richtig, auch seine Selbstkritik. Der
       Abgeordnete Stefan Gelbhaar, der sich als flügelunabhängig einordnet,
       bezeichnete Ratzmanns Passagen zum Wahlkampf als wertvollen
       Diskussionsbeitrag. Wichtiger sei aber, dass die Fraktion ihre Arbeit
       aufgenommen habe.
       
       Der innenpolitische Sprecher Benedikt Lux - früher links, jetzt Mitte -
       bezeichnete das Papier als "offen und ehrlich". Er spricht von
       "durchdachten Anstößen". Allerdings schimmere an der ein oder anderen
       Stelle "unnötiger Frust" durch. "Trotzdem oder gerade deswegen" brauchten
       die Grünen Ratzmann.
       
       Dass Ratzmann nach seinem Rückzug von der Fraktionsspitze sang- und klaglos
       in der zweiten Reihe verschwinden würde, war ohnehin nicht zu erwarten
       gewesen. Er werde weiter dafür streiten, dass die Berliner Grünen eine
       offene Partei blieben, hatte er nach dem Rücktritt erklärt. "Wir dürfen uns
       nicht, wie die Linken es wollen, in die ökosoziale Nische zurückziehen."
       
       27 Nov 2011
       
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