# taz.de -- Mirko Slomka über Hannovers Erfolg: "Die größte Droge ist Anerkennung"
       
       > Slomka spielt mit Hannover 96 in der Europa League. Der Trainer
       > bescheinigt sich einen Blick für Talente und will erfahrene Spieler mit
       > der Wertschätzung vergangener Leistungen neu motivieren.
       
 (IMG) Bild: Der "nette Herr Slomka" kann auch anders.
       
       taz: Herr Slomka, Hannover 96 steht vor dem Einzug in die Zwischenrunde der
       Europa League. Klubchef Martin Kind spricht vom international größten
       Erfolg der Vereinsgeschichte. Was bedeutet das für Sie als Trainer? 
       
       Mirko Slomka: Für mich ist es auch ohne das Weiterkommen, das wir natürlich
       anstreben, schon der größte internationale Erfolg. Es ist ja nicht
       alltäglich, in den Playoffs den FC Sevilla zu schlagen. In die K.o.-Runde
       zu kommen wäre ein Riesenerfolg, auch für mich persönlich.
       
       In Hannover löst die Europa League wahre Euphoriewellen aus, trotzdem kann
       es sein, dass in der nächsten Saison kein Free-TV-Sender den Wettbewerb
       überträgt. 
       
       Dieser Wettbewerb ist für viele von außen noch sehr undurchsichtig, weil
       das Format oft geändert worden ist. Aber wenn Klubs über das Erreichen des
       Europapokals reden, ist immer auch die Europa League gemeint.
       
       Und die kann immerhin das Renommee der Regionalmarke Hannover 96 mehren. 
       
       Wir geraten dadurch ins Blickfeld: bundesweit, teilweise im angrenzenden
       europäischen Ausland. Ich bezweifle jedoch, dass wir im Sponsoring
       überregional spannender werden, weil da einfach die großen Klubs wie
       Bayern, Dortmund, aber auch Bremen, Schalke, Stuttgart oder Hamburg eine
       andere Strahlkraft haben. Wenn wir große Unternehmen in Hannover begeistern
       und dadurch fünf Millionen Euro mehr Etat stemmen könnten, wäre das schön.
       
       Mainz und Nürnberg können die Überraschungen der Vorsaison nicht
       bestätigen. Warum ist das bei Hannover 96 anders? 
       
       Wir hatten das große Glück, nicht mit Leihspielern zu arbeiten. Aber so ist
       unsere Personalplanung auch ausgerichtet. Für andere Klubs war es bitter,
       die Spieler zu entwickeln, aber gleich wieder abzugeben. Wir konnten das
       Konstrukt zusammenhalten. Aber wenn unser Gerüst nur auf drei Positionen
       verändert würde, bekämen wir auch Probleme.
       
       Sie haben Manuel Schmiedebach und Ron-Robert Zieler entwickelt, Profis wie
       Jan Schlaudraff oder Karim Haggui wieder stärker gemacht. Lässt sich das
       wiederholen? 
       
       Ich habe 25 Debütanten in die Bundesliga geführt, darunter mit Benedikt
       Höwedes, Manuel Neuer oder Mesut Özil aktuelle Nationalspieler. Man darf
       also durchaus behaupten, dass ich einen Blick für Talente habe und es auch
       schaffe, gestandene Spieler durch eine andere Art des Umgangs zu alter
       Stärke zurückzubringen.
       
       Wie? 
       
       Durch Respekt. Es geht darum, erfahrenen Spielern Wertschätzung für
       vergangene Leistungen entgegenzubringen, vielleicht auch ihre Art zu leben
       zu akzeptieren und sie zu weiteren großen Leistungen zu motivieren. Die
       größte Droge ist Anerkennung. Damit lässt sich in allen Bereichen der
       Gesellschaft größte Wirkung erzielen. Das Handwerkszeug bringen viele mit,
       doch um in die Topspitze zu kommen, braucht es Selbstvertrauen und Willen.
       Das macht den Unterschied zwischen Erster, Zweiter und Dritter Liga aus,
       und dafür bin ich als Trainer verantwortlich.
       
       Torwart Zieler haben Sie vor dem Debüt in der Nationalmannschaft öffentlich
       kritisiert, aber nach seinen Fehlern in Wolfsburg geschützt. Warum diese
       Extreme? 
       
       Was ich extern sage und intern äußere, ist etwas anderes. Nur: Vor dem
       Schalke-Spiel hatte ich bei Ron-Robert den Eindruck, dass die
       Nationalmannschaft ihn zu sehr beschäftigt. Das habe ich ihm auch in aller
       Deutlichkeit gesagt. Torhüter dürfen nie aufhören, sich auf das Abrufen von
       Leistung zu konzentrieren.
       
       Wie sind Sie dann mit Ihrem Torwart Markus Miller umgegangen, der sein
       Burn-out-Syndrom öffentlich gemacht hat? 
       
       Er kam sehr frühzeitig in der Saison zu mir. Ich habe daraufhin gebeten,
       den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, um mir ein
       besseres Bild zu machen. Ich hatte zunächst das Gefühl, er gibt mir einen
       Rucksack. Nur ich konnte diesen Rucksack nicht alleine tragen. Ich finde,
       wir sind dann alle im Verein, also Präsident, Manager, Presseabteilung,
       sehr professionell und sehr ruhig damit umgegangen. Als Markus jetzt
       zurückgekommen ist, hatte ich das Gefühl, er wäre nie weg gewesen. Er ist
       ein grandioses Beispiel, dass nach einer solchen Erkrankung die Rückkehr
       wieder möglich ist.
       
       Ist Hannover durch den Fall Enke besser darauf vorbereitet, solche Probleme
       zu lösen? 
       
       Markus Miller hätte kaum einen besseren Klub haben können, weil Stadt,
       Fans, Mitspieler und auch Medien für dieses Thema sensibilisiert waren.
       Alle Seiten gehen damit respektvoll um: Robert Enke hat natürlich alle in
       Hannover aufhorchen lassen.
       
       30 Nov 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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