# taz.de -- Klinikskandal: Die Fachleute sind ratlos
       
       > Der Bericht des Robert-Koch-Institutes bringt keine Aufklärung der
       > Hintergründe der Infektionen auf der Frühchen-Station des Klinikums
       > Bremen-Mitte.
       
 (IMG) Bild: Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper, Staatsrat Joachim Schuster und Geno-Chef Diethelm Hansen am Donnerstag
       
       Gestern Mittag ist der lange erwartete Bericht des Berliner
       Robert-Koch-Institutes (RKI) in Bremen eingetroffen, gestern Nachmittag
       stellte die Senatorin wesentliche Aussagen der Öffentlichkeit vor.
       
       Weder der Ursprung des Keimes konnte von den Experten ermittelt werden noch
       der genaue Übertragungsweg. Die Expertise des RKI geht davon aus, dass
       vermutlich Personen dafür infrage kämen. Der Ausbruch sei derzeit
       "unterbrochen" - immerhin. Während im September "mehrere Stationen" des
       Klinikums betroffen gewesen seien - darunter auch die Kinderchirurgie - sei
       seit Ende Oktober keine neue Infektion bekannt geworden.
       
       Das RKI hat zwölf Fälle einer Infektion identifiziert, davon seien vier
       Frühchen verstorben. Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD)
       bekräftigte die bisherige Darstellung, nach der das vierte Frühchen nicht
       an dem ESBL-Keim, sondern an einer Gehirnblutung verstorben ist. Zwei
       weitere Todesfälle seien auf andere Ursachen zurückzuführen. Nachgewiesen
       wurde der Keim auf einem Schnuller eines betroffenen Kindes, allerdings
       auch an einer Spritzen-Kanüle und einer Windelwaage. Einmal war am 7.
       September an einer Hand eines Beschäftigten der ESBL-bildende Stamm
       Klebsiella Pneumoniae gefunden worden. Diese Verbreitung "weist auf das
       zeitweise epidemische Vorkommen des Erregers auf der Station" hin,
       formuliert der RKI-Bericht. Beim Personalscreening im November waren die
       Ergebnisse dann negativ.
       
       Der Unterschied in der Personalausstattung in den Wochen, in denen es zu
       dem ESBL-Befall gekommen sein muss, zu den anderen Wochen sei "nicht
       signifikant", stellt das RKI fest.
       
       Das bedeutet: Personalnot kann eigentlich nicht die spezifische Ursache
       gewesen sein. Die Neonatologie in Bremen-Mitte hatte 16 Betten. Die
       Auslastung lag im Schnitt bei 70 Prozent. Nach Angaben der Klinik waren in
       der Regel im Frühdienst vier Pflegekräfte eingesetzt, in der Spät- und
       Nachtschicht drei.
       
       2011 hat es krankheitsbedingt fünf Tage gegeben, an denen nachts nur zwei
       Pfleger in der Schicht waren. Nach der Zählung des RKI lag der Schlüssel
       Pfleger-Kinder im Durchschnitt bei 1 : 4,5.
       
       Schon vor dem Tod der Frühchen hatte das Klinikum Mitte bei der Hygiene
       Probleme. Die Zahl nosokomialer Infektionen in der Neonatologie war höher
       als in vergleichbaren Kliniken. "90 Prozent der größeren
       Neonatologie-Abteilungen weisen bessere Ergebnisse auf", sagt Günther
       Heller, Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im
       Gesundheitswesen (AQUA). Sehr viel besser sind die Hygiene-Verhältnissen in
       holländischen Kliniken. "Wenn wir von holländischen Verhältnissen träumen,
       dann wird es sehr teuer", erklärte Martin Götz, der Hygiene-Fachmann der
       Gesundheitsbehörde.
       
       Aufgrund des schwachen Immunsystems bei Frühgeborenen wird etwa ein Drittel
       der Todesfälle auf derartigen Intensivstationen auf Infektionen
       zurückgeführt. Konsens unter Fachleuten ist, dass auch der unkritische
       Einsatz von Antibiotika sowohl in der Humanmedizin als auch in der
       Tierhaltung zur Entstehung immuner Keime beiträgt.
       
       Zur Zeit sind noch sechs Kinder auf der "ausgelagerten" Intensivstation,
       erklärte der Geno-Chef Diethelm Hansen. Hansen kündigte an, dass die
       Bereiche der Kinderklinik und der Intensivstationen wieder getrennt werden
       soll, die erst 2005 unter einem Chefarzt zusammengeführt worden sind. "Der
       Bereich ist zu groß", meinte Hansen. Die Frühchen-Station solle "möglichst
       vor Weihnachten" wieder geöffnet werden.
       
       Die Forderung nach Suspendierung des Klinik-Geschäftsführers Hansen wurde
       von Rita Mohr-Lüllmann (CDU) übrigens gestern nicht formuliert.
       CDU-Gesundheitspolitiker Rainer Bensch lobte Hansen sogar.
       
       1 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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