# taz.de -- Parlamentswahlen in Kroatien: Rechtsruck kommt gar nicht gut an
       
       > Der konservativen Regierungspartei HDZ droht am Sonntag eine Niederlage.
       > Dabei geht Regierungschefin Kosor konsequent gegen Korruption in den
       > eigenen Reihen vor.
       
 (IMG) Bild: Wahlwerbung für die kroatische Regierungschefin Jadranka Kosor in Zagreb. Für ihre konservative Partei HDZ könnte es am Sonntag eng werden.
       
       SPLIT taz | Kroatiens Ministerpräsidentin Jadranka Kosor fixiert die
       Passanten mit energischem Blick. Die grauhaarige Dame wird auf den
       Wahlplakaten als Staatsmännin präsentiert. Nicht ohne Grund. Ihr
       konsequenter Kampf gegen die Korruption in ihrer eigenen konservativen
       Partei, der "Kroatischen demokratischen Gemeinschaft" (HDZ), hat ihr auch
       bei ihren politischen Gegnern Respekt verschafft. Dennoch droht der HDZ bei
       den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag eine Niederlage.
       
       Jeden Tag kommen mehr Details über den Korruptionssumpf ans Licht. Seit
       vier Wochen wird gegen den bis zum Juli 2009 regierenden Amtsvorgänger
       Kosors, Ivo Sanader, wegen Korruptionsaffären vor Gericht verhandelt. Er
       soll nicht nur Provisionen von rund 450.000 Euro bei Geschäften mit der
       Hypo Alpe Adria-Bank eingestrichen haben, sondern auch rund 10 Millionen
       bei dem Verkauf der staatlichen kroatischen Ölfirma an ein ungarisches
       Konsortium. Aber auch andere führende Mitglieder der Partei und der
       Regierung sind von dem Skandal betroffen: sie wurden entlassen oder sehen
       eigenen Prozessen entgegen. Jadranka Kosor kommt somit das große Verdienst
       zu, die Interessen des Landes gegen die Mächtigen in der eigenen Partei
       durchgesetzt zu haben. Das "System Sanader" ist zerschlagen, bestätigt der
       Zagreber Politikwissenschaftler Nenad Zakosek.
       
       Diesen Umstand werden die Wähler wohl nicht honorieren. Eine angespannte
       Wirtschaftslage und 18 Prozent Arbeitslose trüben die Stimmung. Umfragen
       zufolge wollen nur 20 Prozent der Wähler für die HDZ stimmen.
       
       Kann sich die Opposition diesen Umstand zunutze machen? Das Bündnis
       (Kukuriku -Koalition), dem die Istrische Regionalpartei IDS, die
       linksliberalen HNS, die Rentnerpartei HSU und die Sozialdemokraten (SDP)
       angehören, hofft zwar noch, mehr als 40 Prozent der Stimmen und damit die
       Mehrheit der Sitze zu gewinnen. Jedoch - die Zustimmung zur wichtigsten
       Oppositionspartei SDP, die noch vor wenigen Monaten mit mehr als 30 Prozent
       gehandelt wurde, schwindet. Dem 45-jährigen Spitzenkandidaten Zoran
       Milanovic fehlt es an Charisma.
       
       Um ihre Niederlage noch abzuwenden, spielte Kosor die nationalistische
       Karte. So unterstützte sie offen die Ambitionen der Schwesterpartei in
       Bosnien und Herzegowina, einen kroatischen Teilstaat zu errichten. Zudem
       verlieh sie ihrer Freude darüber Ausdruck, dass Josip Boljkovic, ein
       ehemaliger Innenminister, festgenommen wurde. Angeblich soll er 1945 als
       kommunistischer Partisan verantwortlich für den Tod von Anhängern des
       kroatischen Ustascha-Regimes des Zweiten Weltkrieges gewesen sein. Der
       Expartisan ist zwar jetzt wieder auf freiem Fuß. Doch Kosor gelang es, den
       Eindruck zu erwecken, sie kämpfe bis heute gegen die Kommunisten und
       beschütze die kroatische Nation. Als Warnung vor einem Sieg der
       Sozialdemokraten erklärte sie, sie wolle nicht in Goli Otok enden, dem
       ehemaligen Lager für politische Häftlinge im kommunistischen Tito-Regime.
       
       Viele Wähler der Mitte rechnen Kosor trotz ihres Rechtsrucks im Wahlkampf
       hoch an, dass sie die Verhandlungen mit der EU erfolgreich beenden konnte.
       Am 9. Dezember wird in Brüssel über die Aufnahme Kroatiens entschieden.
       
       4 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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