# taz.de -- Weltmeisterin im Armdrücken: Ihre Welt sind die Arme
> Angefangen hatte alles an einem Küchentisch in der Einsamkeit
> Nordschwedens. Heute ist Heidi Andersson neunfache Weltmeisterin im
> Armdrücken.
(IMG) Bild: Dicke Arme, dicke Backen: Heidi Andersson im Wettkampf.
Es muss die "Mama-Power" gewesen sein, schrieb Heidi Andersson glücklich
auf ihrer Webseite: Zum neunten Mal war sie am Samstag Weltmeisterin im
Armdrücken geworden. In Almaty (Kasachstan) hatte die 30-jährige Schwedin -
vor 4 Monaten Mutter ihres Sohnes Dante geworden - ihre Erzrivalin
geschlagen: die Russin Irina Makeeva. Mit rechts. Mit links kam noch eine
Silbermedaille dazu.
Und neben Andersson konnte die gesamte schwedische Mannschaft hochzufrieden
nach Hause fahren: Zehn Frauen holten zwölf Medaillen. Schweden ist zu
einer Armdrückerinnen-Nation geworden. Angefangen hatte es mit Heidi und
einem Küchentisch in Ensamheten (Einsamkeit). Der Ort mitten in den
nordschwedischen Nadelwäldern besteht aus sechs Häusern. Alle, die hier
wohnen, heißen Andersson. Physische Stärke war einmal die Voraussetzung, in
dieser kargen Gegend überleben zu können. Und viel anderes, als seine
Kräfte gegenseitig beim Armdrücken zu messen, gab es auch nach Feierabend
eben nicht zu tun.
Heidi war 1981 nach drei Generationen das erste Mädchen gewesen, das in
Ensamheten zur Welt gekommen war. Von Anfang an war sie beim Armdrücken am
Küchentisch dabei. "Ich hatte mich nie für Fußball oder andere
Mannschaftssportarten interessiert. Der Kampf Mann gegen Mann, Frau gegen
Frau, das war es."
## Mit 14 Jahren der erste Sieg
Mit elf nahm Andersson in der nahe gelegenen Kreisstadt Storuman an einem
ersten Wettbewerb teil: "Wild Arm". Sie wog 45 Kilo, ihre GegnerInnen wogen
15 bis 20 Kilo mehr. Der Ausgang war klar. "Es ging nur dunk, dunk, dunk.
Und ich war ausgeschieden." Was sie nicht weiter beeindruckte. Zu ihrem
zwölften Geburtstag bekam sie ein Poesiealbum geschenkt. In die Rubrik
"Mein Zukunftstraum" schrieb Heidi: "Profi-Armdrückerin". Ab 14 kamen die
ersten Siege. Mit 16 errang sie die schwedische Meisterschaft. Als
18-jährige wurde sie erst Europa- und kurz danach Weltmeisterin.
Beim Armdrücken ist die Kraft nicht alles. Es ist die Technik, die
Kombination aus Position, Haltung, Griff, Schnelligkeit und Tricks. Und die
hatte Andersson in Ensamheten gelernt. Erst am Küchen-, dann am selbst
gezimmerten Armdrückertisch in der Scheune.
Heidi aus Schweden wurde schnell zum Begriff. Zur "Wildwoman of the Year"
wurde sie ernannt, eine lebende Pippi Langstrumpf sei sie, schrieb eine
Zeitung. Von den Preisgeldern allein kann sie dennoch nicht leben, die
decken oft nicht einmal die Reisekosten. So gehört neben Auftritten bei der
Eröffnung von Bau- und Gartenmärkten das Tingeln auf Schaukämpfen oder
Firmenfesten zum Alltag. 420 Arme, flachgelegt in einer Stunde, ist Heidis
Rekord - dann war der Vorrat an Frauen ausgegangen.
Dank des Vorbilds der mit dem Biathlon-Olympiasieger Björn Ferry
verheirateten Heidi Andersson wurde Armdrücken in Nordschweden populär. In
den Resultatlisten dominieren seit Jahren Teilnehmerinnen aus dortigen
Wildmarkgemeinden in allen Gewichts- und Altersklassen. In den
Schulkorridoren Storumans und der Nachbarorte stehen statt Billard-
Armdrückertische zum Pausenzeitvertreib. Die LehrerInnen sagen, es sei sehr
viel ruhiger im Unterricht geworden, seit SchülerInnen ihre
Überschussenergie daran verausgaben können.
Privat ist für die im Naturschutz engagierte Heidi ein Ökohaus das nächste
Projekt. Sportlich hat sie den Traum, noch an einer Olympiade teilnehmen zu
können: "Ich bin sicher, dass der Sport irgendwann auf dem Olympiaprogramm
stehen wird. Und dann bin ich dabei."
5 Dec 2011
## AUTOREN
(DIR) Reinhard Wolff
## ARTIKEL ZUM THEMA