# taz.de -- 42.-43. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Das Satellitentelefon im Wald
       
       > Ein Verbindungsoffizier der FDLR erzählt im Stuttgarter
       > Oberlandesgericht, wie die Führung in Deutschland mit den Militärs im
       > Kongo kommunizierte.
       
 (IMG) Bild: Bewaffneter FDLR-Kämpfer im Kongo (Archivbild von 2008).
       
       STUTTGART taz | Wenn Ignace Murwanashyaka, der wegen Kriegsverbrechen
       seiner Kämpfer im Kongo vor dem OLG Stuttgart angeklagte Präsident der
       ruandischen Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), seine
       Militärs im kongolesischen Busch sprechen wollte, rief er einen
       Verbindungsoffizier vor Ort auf dem Handy an. Dieser, oder sein Techniker,
       funkte dann den FDLR-Militärchef Mudacumura an, damit der sein
       Satellitentelefon aufstellt. Oder er gab gleich eine mündliche Botschaft
       von Murwanashyaka weiter, die dann aufgeschrieben und über Funk an das
       Oberkommando um Mudacumura übermittelt wurde.
       
       Zur Beantwortung der für die Klärung der FDLR-Befehlskette wichtige Frage,
       wie genau die Kommunikation zwischen der FDLR-Führung in Deutschland und
       der Truppe im Kongo funktionierte, könnte ein mit diesen Aufgaben betrauter
       Verbindungsoffizier also möglicherweise vieles beitragen.
       
       Am 28. und 30. November saß so ein FDLR-Verbindungsoffizier als Zeuge im
       Stuttgarter Gerichtssaal. H. floh 1994 wie alle Hutu-Militärs aus Ruanda in
       den Kongo und diente dann in den Nachfolgeorganisationen der für Ruandas
       Völkermord verantwortlichen Armee, eben auch der FDLR, in der
       ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu. 2006 ging er zurück nach Ruanda.
       
       "Es ging hauptsächlich um die Verwaltung, die Struktur der FDLR, Präsident,
       Vizepräsident, verschiedene Kommissare", erinnert sich H. an Murwanashyakas
       Botschaften, die er aufschrieb. "Alle Änderungen, die stattfanden, die
       wollten sie Leuten auf dem Terrain mitteilen."
       
       ## Batterien oder Solarzellen
       
       Murwanashyaka und FDLR-Militärchef Mudacumura sprachen auch direkt
       miteinander, bestätigt H. "Wenn einer mit dem anderen sprechen wollte,
       sagte er, der andere soll das Gerät aufmachen", erläutert er. "Meistens war
       es Murwanashyaka. Denn auf dem Terrain war es schwierig. Das
       Satellitentelefon musste aufgeladen und zu einer bestimmten Zeit aufgemacht
       werden. Es gab da keinen Strom, man musste Solar oder Batterien benutzen."
       Murwanashyaka "sagte mir: Sag ihm, er soll zu einer bestimmten Zeit das
       Telefon anmachen. Er werde ihn anrufen. Ich konnte das Telefonat selbst
       jedoch nicht hören."
       
       Es gab auch Kommunikation zwischen dem 1. FDLR-Vizepräsidenten Straton
       Musoni, der neben Murwanashyaka auf der Anklagebank sitzt, und Edmond
       Ngarambe, Sprecher des militärischen FDLR-Flügels FOCA, bestätigt H. Die
       Beiden telefonierten allerdings direkt miteinander, über Handy. Dies habe
       Ngarambe dann immer dem Verbindungsoffizier angekündigt, und später darüber
       auch Bericht erstattet.
       
       Kamen nur interne Mitteilungen aus Deutschland oder auch Befehle? Auf diese
       Frage des Gerichts antwortet H. ausweichend. "Ich weiß nicht, ob man es
       Befehle nennen kann", sagt er. Oft sei es darum gegangen, dass Anweisung
       kam, mit Abspaltern aus der FDLR nicht mehr zu kooperieren, und Mitteilung
       darüber, wer noch zur FDLR gehörte und wer nicht - 2005 war eine Zeit, in
       der es erhebliche interne Zerwürfnisse in der Miliz gab. Oder es ging
       darum, dass man mit Kongos Armee und Burundis Hutu-Rebellen
       zusammenarbeiten solle.
       
       ## Eine Antenne auf dem Hügel
       
       In deren Operationsgebiet nahe der Stadt Uvira in Süd-Kivu befand sich die
       Antenne Ricanor, über die die Funkverbindung lief. Sie stand auf einem
       Hügel oberhalb von Uvira, von dem aus man Burundis Hauptstadt Bujumbura
       sehen konnte, darauf von einer Kompanie mit rund 100 Soldaten, darunter
       eine 15köpfige Schutztruppe. Es gab ein großes Funkgerät, mit einer sehr
       hohen Antenne, die mit Schnüren an Bäumen festgebunden wurde, dazu mehrere
       kleine.
       
       Über diese Verbindung kamen nicht nur Mitteilungen aus Deutschland, sondern
       die Militärführung im Kongo berichtete in umgekehrter Richtung über die
       Lage im Feld und fragte, "was man machen soll", sagt H. Ob der ursprünglich
       vom Zeugen auf Kinyarwanda verwandte Begriff "soll" oder "könnte" heißt,
       darüber entspannt sich ein längerer Disput zwischen dem Dolmetscher des
       Gerichts und der Verteidigung von Murwanashyaka.
       
       Der Disput löst sich auf, als der Zeuge auf Französisch präzisiert, es sei
       um die "attitude à prendre" gegangen - die einzunehmende Haltung. Es sind
       solche sprachlichen Dispute, die die Befragung der aus Ruanda angereisten
       Zeugen immer wieder in die Länge ziehen.
       
       Redaktion: Dominic Johnson
       
       5 Dec 2011
       
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