# taz.de -- Lohndrückerei in der Metallindustrie: Werkverträge im Kommen
       
       > Weil Leiharbeit mehr und mehr beschränkt wird, weichen Unternehmen auf
       > Werkverträge aus. Linkspartei und Arbeitsrechtler fordern neue
       > Regulierung.
       
 (IMG) Bild: Angestellter oder Werkvertragler? Manchmal ist der Unterschied nicht mehr zu erkennen.
       
       BERLIN taz | Gewerkschaften und Betriebsräte beklagen seit einigen Monaten
       den steigenden und zum Teil missbräuchlichen Einsatz von Werkverträgen,
       unter anderem in der Metall- und Elektroindustrie. Auch Jutta Krellmann,
       Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung der Linksfraktion, ist alarmiert
       und sieht bereits "die nächste Lohndumping-Offensive" ins Haus stehen.
       Jetzt bekommt die Debatte neue Argumente geliefert.
       
       Wolfgang Däubler, Arbeitsrechtsprofessor in Bremen, erwartet, dass "in der
       nächsten Zukunft verstärkt auf Werkvertragsarbeit zurückgegriffen wird". Er
       fordert deswegen in einer Expertise für die Linksfraktion, die der taz
       vorliegt, neue gesetzliche Regulierungen.
       
       Den Grund für die wachsende Beliebtheit von Werkverträgen sieht Däubler in
       der zunehmenden Regulierung und dem Imageverlust der Leiharbeit. "Alle
       diese ,Risiken' legen es aus Arbeitgebersicht nahe, sich nach anderen
       Gestaltungsformen umzuschauen", so Däubler. Bereits jetzt werde unter
       Arbeitgebern für den vermehrten Einsatz von Werkverträgen bei
       Industriedienstleistungen geworben.
       
       Däubler will korrekt abgeschlossene Werkverträge nicht verbieten. Per
       Gesetz solle jedoch bei der Auslagerung von vormals betriebsinternen
       Aufgaben gewährleistet werden, dass die betroffenen Arbeitnehmer Anspruch
       auf die gleichen Entgelte und Arbeitsbedingungen haben wie die
       Stammbelegschaft. Bürgen sollten dafür die Unternehmen, die die Aufträge an
       Fremdfirmen vergeben.
       
       Auch Krellmann fordert "so schnell wie möglich" gesetzliche Regelungen, die
       die tarifliche Gleichstellung von Stammbeschäftigten und
       Werkvertragsnehmern garantieren. Däubler räumt allerdings ein, dass für
       solch eine Regulierung von Auslagerungen europaweit bisher kaum Beispiele
       existieren, weil die Parlamentarier anscheinend "angestammte"
       Unternehmensbefugnisse nicht antasten wollen. Ein Fehler, wie er findet,
       denn "arbeitsrechtliche Schutznormen" blieben so in ihrer Wirkung
       beschränkt.
       
       Die Werkverträge, um die es derzeit vor allem geht, sind weniger im
       akademischen Bereich oder der Kreativwirtschaft zu finden. Alarmiert zeigen
       sich seit einiger Zeit vielmehr Betriebsräte in der tariflich gut
       abgesicherten Metall- und Elektroindustrie. Sie beklagen, dass nicht nur
       Reinigungs- oder Instandhaltungsarbeiten per Werkverträge an Fremdfirmen
       vergeben würden, sondern auch Ingenieurdienstleistungen. Wissenschaftler
       der Jenaer Universität berichten beispielsweise davon, dass im BMW-Werk in
       Leipzig bereits bis zu 40 Prozent der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
       fremdvergeben würden.
       
       ## Scheinwerkverträge besser identifizieren
       
       Auch Roberto Salerno, Betriebsrat beim Autozulieferer ZF Friedrichshafen,
       kennt das Phänomen. Ingenieure als Werkvertragsarbeiter würden in dem
       8.000-Mann-Betrieb zwar gut bezahlt, sagt Salerno, "aber wir Betriebsräte
       werden bei Werkverträgen komplett von der Personalplanung und den
       Einstellungsprozessen ausgeschlossen". Der Grund: Werkverträge werden nicht
       als Personal-, sondern als Sachkosten verwaltet.
       
       Salerno vermutet zudem, dass bei etlichen Werkverträgen eigentlich
       Leiharbeit vorliege. "Dafür muss aber unser Haustarifvertrag gelten:
       gleiche Bezahlung und Leistungszuschläge wie für Stammbeschäftigte und nach
       sechs Monaten als Leiharbeiter muss der Beschäftigte einen befristeten
       Vertrag direkt vom Unternehmen bekommen", sagt Salerno.
       
       Um Scheinwerkverträge besser identifizieren zu können, hat Däubler sechs
       Kriterien des DGB überarbeitet. Träfen alle sechs zu, müsse man davon
       ausgehen, dass statt eines Werkvertrags Leiharbeit vorliege - und damit
       auch deren Bedingungen einzuhalten seien, so Däubler. Ein Hinweis sei
       beispielsweise, wenn der Werkvertragler, der über eine Fremdfirma in einen
       Betrieb geschickt wird, regelmäßig von Personal in diesem Betrieb Weisungen
       erhält oder das betriebseigene Material und Werkzeug benutzt. Auch wenn der
       Werkvertragler ähnliche Aufgaben erfüllt wie die Stammbelegschaft sei das
       ein Hinweis auf Scheinwerkverträge, so Däubler.
       
       Seine Thesen stellt er am heutigen Dienstag in einer Anhörung der
       Linksfraktion vor. Die will damit Druck auf die Bundesregierung ausüben,
       tätig zu werden. Doch bisher sieht man auf Regierungsseite nicht einmal die
       Notwendigkeit, verlässliche statistische Daten zu erheben.
       
       5 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eva Völpel
       
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