# taz.de -- Studie über Jobcenter: Vom Leben als Nummer
       
       > Eine linke Initiative hat fast 18 Monate lang untersucht, wie Erwerbslose
       > vom Jobcenter Neukölln behandelt werden. Jetzt wurden die Ergebnisse
       > vorgestellt.
       
 (IMG) Bild: Mangelnder Respekt und verschleppte Zahlungen: Erwerbslose in Neukölln kritisieren die Arbeit von Jobcenter-Beschäftigten.
       
       "Man ist ne Nummer." - "Wenn man krank ist, behandeln die einen wie einen
       Viertelmensch." - "Bei Migranten machen die einen auf Ausländerdeutsch."
       Das sind drei Zitate von Neuköllner Erwerbslosen. Gesammelt wurden sie von
       der sozialpolitischen Initiative "Zusammen! Gegen das Jobcenter Neukölln".
       Die aus dem Umfeld der linken Gruppe "Für eine linke Strömung" (fels)
       stammenden AktivistInnen haben knapp 18 Monate rund um das Jobcenter
       Neukölln geforscht. Sie haben Interviewbögen verteilt und mehrere hundert
       Direktbefragungen durchgeführt. Am Dienstagabend stellten sie die
       Ergebnisse erstmals öffentlich vor.
       
       In der Studie wird auch auf die soziale Struktur von Neukölln und die lange
       Geschichte der Untersuchungsmethode eingegangen. Schon Karl Marx hatte im
       Jahr 1880 "Fragebögen an Arbeiter" verfasst. In den späten 1960er Jahren
       machten junge Linke die "militante Untersuchung" genannten Befragungen auch
       in Deutschland populär. Daran will die Neuköllner Initiative anknüpfen.
       
       Es sei mit den Befragungen darum gegangen, die Erwerbslosen zu Kritik und
       Widerstand zu ermutigen, betont Benjamin Müller von der Initiative. Den
       entscheidenden Hebel gegen das Hartz-IV-Regime haben die AktivistInnen
       allerdings nicht gefunden. Dafür waren die Kritikpunkte, die die
       Erwerbslosen am Jobcenter äußerten, zu unterschiedlich.
       
       Mangelnder Respekt sei ein zentraler Kritikpunkt der verschiedenen
       Betroffengruppen gewesen, berichtet Müller. Erwerbslose mit migrantischen
       Hintergrund hätten sich über die "Ausländersprache" beschwert, in die
       manche SachbearbeiterInnen fallen, obwohl ihre "Kunden" perfekt deutsch
       gesprochen hätten. Häufig sei kritisiert worden, dass der Regelsatz zu spät
       überwiesen werde. Auch übernehme das Jobcenter oft nur einen Teil der Miete
       und spare dann beispielsweise die Stromkosten aus. So entstünden bei
       Betroffenen deutliche Mietschulden, die dann im schlimmsten Fall zu
       Obdachlosigkeit führen könnten. Das sei eine sehr häufig geäußerte Sorge
       gewesen, betont Müller.
       
       Er führt einen Teil der Probleme auf eine Überarbeitung der
       Jobcenter-MitarbeiterInnen zurück, die sich in häufigen Krankmeldungen
       ausdrücke. Es sei der Initiative bekannt geworden, dass mehrere
       MitarbeiterInnen ihren Vorgesetzten gemeldet hätten, wegen zu vieler Fälle
       ihre Arbeit nicht mit der nötigen Gründlichkeit erledigen zu könne.
       Angeblich sei es wohl auch vorgekommen, dass SachbearbeiterInnen bis zu 300
       statt der empfohlenen 170 Fälle bearbeiten mussten.
       
       Beim Jobcenter Neukölln wollte sich niemand zu der Untersuchung äußern, da
       diese dort noch nicht bekannt sei.
       
       14 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Nowak
       
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