# taz.de -- Hedonistische Internationale spaltet sich: Geht endlich auseinander!
       
       > Erst Luther und die SPD, dann ganz Berlin: Spaltung ist ein
       > Lieblingshobby unter Linken. Jetzt gibts ein neues Spaltungsinstitut. Das
       > wird aber auch Zeit.
       
 (IMG) Bild: "Wir wollen uns solidarisch auseinanderentwickeln", die Hedonistische Internationale wird zum "Institut Solidarische Spaltung".
       
       Tja, so läuft das mit den Linken: Kaum sind sie erfolgreich, nehmen sie
       sich wieder auseinander. Das war schon immer so, das wird so bleiben. Nun
       höre man sich dies hier an:
       
       "Nach langen Jahren des äußeren und inneren politischen Kampfes haben wir
       uns heute entschlossen, unsere vermeintliche Nichtexistenz mit sofortiger
       Wirkung zu bewahrheiten. Ausschlaggebend waren insbesondere musikalische
       Differenzen, organisatorische Ungereimtheiten in Theorie und Praxis sowie
       unausgesprochene Wahrheiten."
       
       Das ist das treue Zeugnis der "Berliner Sektion der Hedonistischen
       Internationale", die gerade erst in Zwietracht auseinanderging. Und wer die
       Hedonistische Internationale kennt und fürchtet, weiß, dass diese
       Elitetruppe des Spaßprotests - höflich gesagt: ein loser Zusammenschluss
       lebensbejahender Protestaktivisten - zwar nicht sehr international, dafür
       aber schon immer so hedonistisch war, dass ihre Spaltung schmerzen müsste:
       
       Als vermeintliche Fans von Karl-Theodor zu Guttenberg versuchte die
       Spaßguerilla vor dem Brandenburger Tor Guttenbergs Ehre als "adeliger
       Widerständler gegen die kapitalistische Arbeitslogik" etwa so aufrichtig zu
       retten, dass ihre Parodie von vielen mit echter Sympathiebekundung
       verwechselt wurde.
       
       Fehlt die Hedonistische Internationale in Deutschland, dann droht das
       einzig intelligente Widerstandsformat zu fehlen, das den viel zu häuftig
       kollektiv ausgerufenen Gesellschaftswahnsinn ("Fasst Guttenberg!", "Hasst
       Sarrazin!", "Schasst Wulff!") stets angenehm unterhaltend und mit dem
       richtigen Fünkchen Reflexionsvermögen kritisierte.
       
       Was muss es uns also sagen, wenn sich ausgerechnet diese Avantgarde des
       Protests einem Spaltungstrend beugt, den kein geschichtlicher Fortschritt
       je stoppen konnte?
       
       ## Destruktiv oder fortschrittlich?
       
       Glaubensführer jedweder Couleur ließen ihr theologisches Lebenselixier oft
       auf fruchtbaren Spaltungen gründen. Sie nannten es Schisma. Martin Luther,
       alter Spalter, ist einer ihrer übermäßig Gefeierten. Charidschiten,
       Schiiten und Sunniten feiern wieder andere Spalter; die Gnostiker, die
       Donatisten und die Arianer die ihren. Dann noch die SPD, USPD, MSPD, KPD,
       VKPD, SAP, SED, PDS, WASG, FDP etc.pp. Heute spalten Westerwelle, Rösler
       und Lindner die Liberalen, Mesut Özil spaltet die Türkei.
       
       Dieser Hang zur Spaltung wird allzu oft als destruktiv empfunden ("Lasset
       nicht Spaltungen unter Euch sein", 1. Korinther; auch: "Alle die Spaltungen
       zielen darauf, eine Herde und einen Hirten hervorzubringen", Johann-Georg
       Hamann, 18. Jahrhundert; auch: "Wir lassen uns nicht spalten!", Schlesische
       Jugend, Mai 2011).
       
       Doch wahr ist wohl auch: Die Spaltung (in der Werkzeugtechnik: Inbegriff
       für trennende Fertigungsverfahren; im Energiegeschäft: Geheimnis großen
       Reichtums; in Berlin: Grund zum Mauerbau) hat, wie zu sehen ist, im
       physischen wie metaphysischen Sinne im Lexikon der Geschichte ihr eigenes
       Kapitel verdient.
       
       Dass sich nun auch die Hedonisten ihren Eintrag dort sichern wollen, ist
       zwar vermessen, aber wohlbegründet: Sie sind eine jener seltenen
       Ausnahmeorganisationen, die - etwa anders als die Freie Demokratische
       Partei (FDP) - die Spaltung als Erfolg zu feiern wissen.
       
       Gleich nach ihrer Spaltung rief die Initiative daher die Gründung eines
       Instituts Solidarische Spaltung (ISS) aus. Hierin wollen sich die
       Politikversteher nun "solidarisch auseinanderentwickeln". Auch dies eine
       Tugend, die viel zu selten als Erfolg gewertet wird.
       
       Und so formuliert das neu gegründete "Institut" derzeit, was auch bei
       Philipp Röslers Liberalen fest auf dem Programm zu stehen scheint: "Das
       Institut Solidarische Spaltung will unterschiedliche Politikansätze
       auseinanderführen, dezentralisieren und verschiedene organisatorische
       Widersprüche politisch verdichten und wieder auflösen." Das klingt fast so,
       als ließen sich die Liberalen schon von dort beraten. Schaden wird das der
       linken Idee wohl kaum. Spaltung war ihr stets ein schönes Werk.
       
       15 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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