# taz.de -- Gastkommentar Michael Braun: Das ist doch alles nicht wahr!
       
       > Ex-Justizsenator Michael Braun (CDU) bekommt ein saftiges Übergangsgeld.
       > Das kann beim besten Willen keine Absicht gewesen sein.
       
 (IMG) Bild: Der Kabarettist Arnulf Rating feierte Ende der Siebzigerjahre als Mitglied der "3 Tornados" seine ersten Erfolge in Berlin. Seit 1993 ist er mit Soloprogrammen auf der Bühne und im TV zu erleben. (Mehr dazu: www.rating.de)
       
       Offener Brief 
       
       Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit,
       
       sehr geehrter Herr Innensenator Frank Henkel,
       
       sehr geehrter Herr Ex-Senator für Justiz und Verbraucherschutz Michael
       Braun!
       
       Berlin verstehen – das ist nicht einfach. Zum Beispiel was den Unterschied
       zwischen einem Rücktritt und der Bitte um Entlassung eines Senators
       betrifft. Sie, Herr Braun, sind nicht von Ihrem Senatorenamt
       zurückgetreten. Sie haben um Ihre Entlassung gebeten. Sie, Herr Regierender
       Bürgermeister, haben dem entsprochen. Und Sie, Herr Innensenator Henkel,
       sind dieser Verfahrensweise nicht entgegengetreten. Herr Braun hat so laut
       Berliner Senatorengesetz Anspruch auf ein Übergangsgeld von etwa 50.000
       Euro. Wäre er zurückgetreten, bestünde dieser Anspruch nicht. Das ist der
       kleine Unterschied. Wie gesagt: Berlin verstehen, das ist nicht einfach.
       
       Klar, wir wissen heute, dass von Arbeitnehmern hohe Flexibilität erwartet
       wird. Dies gilt für jede Hilfsaltenpflegerin auf 400 Euro-Basis und für
       jede alleinerziehende Mutter mit Hartz-IV-Bezügen, die von Freitag auf
       Montag zur Fortbildung muss, um zu lernen, wie man Bewerbungen schreibt für
       Stellen, die es gar nicht gibt.
       
       In diesem Umfeld ist es auch für Herrn Braun nicht leicht, nach zwölf
       aufregenden Tagen im Amt die Wiedereingliederung in seine Kudamm-Kanzlei
       als einfacher Anwalt und Notar zu schaffen. Zumal, wenn diese Kanzlei in
       der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht gerückt wurde. Die Arbeit in
       dieser Kanzlei ist anspruchsvoll und wir wissen ja aus vielen
       Beurkundungen, dass da oft bis nach 20 Uhr gearbeitet wird. Pflichtgemäß
       aufklären und beraten erfordert hohen Einsatz. Es gibt offensichtlich noch
       immer zu viele Laien, die nicht wissen, wie verbindlich ein „Kaufangebot“
       für eine Immobilie in Berlin ist.
       
       Sicher kann da ein Übergangsgeld nach diesen zwölf schweren Tagen im Amt
       eine Hilfe sein. Und wir wollen nicht das Kriterium „moralisch“ einführen.
       Denn dann sind wir schnell bei der Willkür. Das haben Sie, Herr Braun, uns
       erst kürzlich gesagt. Aber haben Sie das wirklich nötig? Hat Berlin das
       nötig? Zumal Sie, Herr Braun, noch Ihr Abgeordnetenmandat behalten?
       
       Ich bin fast sicher: Ihnen ist allen der Unterschied sicher nicht bewusst
       gewesen. Sie haben ja Wichtigeres zu tun, als den ganzen Tag mit dem
       Berliner Senatorengesetz unter dem Arm herumzulaufen. Sonst hätten Sie das
       nicht mitgemacht. Und sich klar für einen Rücktritt entschieden. Denn Herr
       Braun hat ja genau diesen Schritt vom Amt weg gemacht, um Schaden für
       Justiz, Verbraucherschutz und den Senat abzuwenden. Da werden Sie darauf
       geachtet haben, dass durch die zwölf Tage im Amt kein Schaden entsteht, der
       die Stadtkasse derart belastet.
       
       Also machen Sie mir und den Berlinern klar, dass das mit dem Übergangsgeld
       nicht wahr ist. Andernfalls bekäme für mich der Slogan der CDU eine
       gänzlich neue Bedeutung für alle Menschen in kurzfristigen und prekären
       Beschäftigungsverhältnissen: Berlin kann mehr...
       
       Beste Grüße!
       
       Arnulf Rating
       
       Dieser Text ist in der Printausgabe leicht gekürzt erschienen.
       
       17 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arnulf Rating
       
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