# taz.de -- Die Ära Kim Jong Il: Plateauschuhe und Atomwaffen
       
       > Eine Million verhungerte Nordkoreaner, eine Sammlung mit 20.000
       > Hollywood-Filmen und ein voranschreitendes Atomprogramm: Das war die Ära
       > des "Großen Führers" Kim Jong Il.
       
 (IMG) Bild: Playboy und geschickter Machtmensch: Kim Jong Il (r.) und sein Sohn Kim Jong Un (2. v r.).
       
       SEOUL afp | Mit seinen toupierten Haaren, den Plateauschuhen und seinen aus
       der Mode gekommenen Blouson-Anzügen wurde Kim Jong Il gern belächelt. Doch
       Nordkoreas Staatschef war ein ebenso geschickter wie rücksichtloser
       politischer Machtmensch, der trotz Hungersnöten in seinem Land im Luxus
       lebte und ein Atomprogramm entwickeln ließ.
       
       Am Samstag starb Kim Jong Il an einem Herzinfarkt. Erst zwei Tage später
       wurde die Nachricht vom Tod des "Großen Führers" über die Staatsmedien
       verbreitet.
       
       Seit mehreren Jahren bereits war es mit Kims Gesundheit bergab gegangen. Im
       Jahr 2008 erlitt er einen Schlaganfall, in dessen Folge seine linke
       Körperhälfte beeinträchtigt war. Außerdem hatte er Berichten zufolge
       Nierenprobleme, Diabetes und Bluthochdruck. Genaues wusste kaum jemand:
       Kims Gesundheitszustand wurde wie ein Staatsgeheimnis behandelt.
       
       Beobachtern fiel jedoch auf, dass Kims Entscheidungen immer irrationaler
       erschienen, etwa der Angriff auf ein südkoreanisches Marineschiff im März
       2010 im Grenzgebiet zu Südkorea, bei dem 46 Soldaten starben. Nordkorea
       wies jegliche Verantwortung von sich.
       
       Laut CIA-Chef Leon Panetta wollte Kim Jong Il mit solchen riskanten
       Aktionen die Glaubwürdigkeit seines Sohnes Kim Jong Un in militärischen
       Belangen unter Beweis stellen. Denn Kim baute seinen jungen Sohn, der 1983
       oder 1984 geboren wurde, als Nachfolger auf.
       
       ## Eine Millionen Nordkoreaner verhungert
       
       Kim selbst hatte einst seinen Vater an der Staatsspitze abgelöst. Als der
       Gründer Nordkoreas Kim Il Sung 1994 starb und der Sohn drei Jahre später
       offiziell seine Nachfolge antrat, wurde der Führerkult auf ihn übertragen.
       Um die "Große Sonne der Nation" ranken sich seitdem zahlreiche Mythen. So
       sollen nach offizieller Darstellung nach seiner Geburt am 16. Februar 1942
       in einem anti-japanischen Camp auf dem Heiligen Berg Paekdu in Korea ein
       Stern und ein doppelter Regenbogen am Himmel erschienen sein.
       
       Nach Ansicht westlicher Experten wurde er dagegen in einem Ausbildungslager
       der sowjetischen Armee bei Chabarowsk in Sibirien geboren, von wo aus sein
       Vater den Kampf gegen die japanischen Besatzer Koreas führte.
       
       Unter Kim sollen Schätzungen zufolge zwischen 1996 und 1999 rund eine
       Millionen Nordkoreaner verhungert sein. Dennoch fand der Machthaber stets
       ausreichend Ressourcen, um das Atomprogramm seines Landes voranzutreiben
       und die Welt 2006 sogar mit Berichten über den ersten Atomwaffentest des
       Landes zu erschrecken.
       
       Notwendige wirtschaftliche Reformen lehnte Kim hingegen stets ab, um die
       Kontrolle über das Land nicht zu verlieren. Mit Propaganda, Personenkult
       und gefürchteten Arbeitslagern festigte er seine Macht.
       
       ## Aubildung in der DDR
       
       Auch Besucher des weitgehend abgeschotteten Landes und Flüchtlinge
       zeichneten ein weniger schmeichelhaftes Bild des Staatschefs: Er galt als
       Playboy mit Vorliebe für Schauspielerinnen und Tänzerinnen, französischen
       Cognac und westliche Filme - er soll eine Sammlung von 20.000
       Hollywood-Filmen besessen haben. Der Öffentlichkeit war Kim weitgehend
       unbekannt. Am liebsten zeigte er sich bei Militärparaden und Besuchen in
       Schulen, Fabriken und Militärstützpunkten.
       
       Kim, der seine Mutter im Alter von neun Jahren verlor, wurde in der DDR
       zunächst als "Wirtschaftsexperte" ausgebildet, bevor er 1964 ins
       Zentralkomitee der Kommunistischen Partei in Pjöngjang aufgenommen wurde.
       Später wurde er Leiter der Propagandaabteilung. 1980 machte ihn sein Vater
       zur "Nummer Zwei" in der Partei.
       
       Zu Lebzeiten seines Vaters soll Kim Jong Il für diverse Anschläge
       verantwortlich gewesen sein. So soll er das Bombenattentat auf Südkoreaner
       1983 im birmanischen Rangun geplant haben, bei dem 17 südkoreanische
       Regierungsmitglieder getötet wurden. Auch für den Anschlag auf ein
       südkoreanisches Verkehrsflugzeug 1987, bei dem 115 Menschen starben, wurde
       er verantwortlich gemacht.
       
       In welche Richtung sich Nordkorea nach Kims Tod bewegt, ist offen - zu
       unbekannt ist der junge Nachfolger Kim Jong Un. Der Verstorbene hinterlässt
       seinem Sohn vor allem eins: den ungelösten Streit um das Atomprogramm.
       
       19 Dec 2011
       
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