# taz.de -- VERKEHRSPOLITIK: Gigaliner ante portas
       
       > SPD und Grüne im Bundestag klagen gegen den Modellversuch mit den
       > Gigalinern. Bremen lehnt den Modellversuch ab - erlaubt Gigaliner aber
       > ausnahmsweise.
       
 (IMG) Bild: Auch die Spedition Hellmann würde das Bremer Güterverkehrszentrum gern mit dem Gigaliner erreichen.
       
       Stell dir vor, am 1. Januar kommt ein "Gigaliner", also einer jener
       megagroßen LKWs, von Münster Richtung Hamburg auf der A1 gefahren - was
       dann? Ganz einfach: Ein paar Meter vor dem Überqueren der Bremischen
       Landesgrenze müsste er stoppen, jede Fahrt auf Bremischem Gebiet wäre ein
       Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Der Bremer Senat hat dem
       "Modellversuch" der Bundesregierung nicht zugestimmt und keine Straßen an
       das Bundesverkehrsministerium gemeldet.
       
       Absurd findet das Andreas Otto von der Handelskammer, denn die Gigaliner
       haben denselben Wendekreis wie normale LKWs, in anderen Ländern wie Holland
       oder Schweden fahren sie ganz normal, und sogar im Hamburger Stadtgebiet
       verkehrt ein Doppelgelenk-Bus von 26 Metern Länge - länger sind auch die
       Gigaliner nicht. Der Senat von Hamburg hat übrigens dem Modellversuch
       zugestimmt - und das bedeutet: Bestimmte Straßen werden an das
       Bundesministerium gemeldet, für sie gilt die Ausnahme-Regelung des
       Modellversuches. Bisher sind dafür in Hamburg nur die Autobahn-Abschnitte
       vorgesehen. Wenn irgendwann im Frühjahr wirklich die ersten Gigaliner
       unterwegs sind, wird der Hamburger Senat die Zufahrts-Wege von der Autobahn
       zu den Zielen der Transporte hinzufügen müssen.
       
       Für Bremen, das den Modellversuch ablehnt, hat Bürgermeister Jens Böhrnsen
       kurz vor Weihnachten in Gesprächen mit der Handelskammer eine andere Lösung
       angeregt: Der Senat bleibt bei seinem grundsätzlichen "Nein", aber für
       bestimmte Straßen, für die ein Unternehmen Gigaliner anmeldet, wird eine
       Ausnahme erwogen, d.h. diese Straßen werden dem Bundesverkehrsminister
       gemeldet. Und natürlich die Autobahnstrecken.
       
       Schon jetzt fahren auf der A 27 permanent Gigaliner - Sondertransporte etwa
       großer Bauteile für Windkraftanlagen, sagt Wirtschaftssenator Martin
       Günthner (SPD). Er ist zuversichtlich, dass der Kollege Umweltsenator von
       den Grünen bei dem Vorschlag des Bürgermeisters, eine pragmatische Lösung
       zu finden, genickt hat. "Wir können es uns doch nicht leisten, in unseren
       Schützengräben mit Fußbodenheizung, Wlan und Delikatessen-Versorgung zu
       bleiben, um unsere ideologischen Gebilde zu pflegen", spottet er. Konkret:
       Der Umweltsenator soll sich bewegen. Den Unternehmen, die den Gigaliner
       ausprobieren wollen, wie Tchibo, soll das ermöglicht werden.
       
       Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne) mag dieser Interpretation des Gespräche
       mit dem Bürgermeister nicht widersprechen, bestätigt sie aber auch nicht.
       Die Handelskammer habe Interesse an weiteren Gesprächen, sagt seine
       Sprecherin, auch der Wirtschaftssenator sei beteiligt, es liege eine
       Einladung vor, im Januar werde man einen Termin finden. Die Handelskammer
       hat allerdings schon eine lange Liste von Speditionen und Firmen gesammelt,
       die ein konkretes Interesse haben: Eben Tchibo, Kühne und Nagel,
       Kieserling, Kelloggs, Hellmann und andere.
       
       "Das größte Problem entsteht dadurch, dass LKW-Transporte noch billiger
       werden und dem Schienengüterverkehr bis zu 38 Prozent Ladungsvolumen
       abnehmen", kritisiert Martin Rode vom BUND den Modellversuch. Die
       Verkehrsprognosen seien beängstigend: Bis 2015 soll der Güterverkehr auf
       der Straße um 64 Prozent ansteigen. Da könne nur eine andere
       Verkehrsplanung helfen. Gigaliner seien eine kurzfristige Scheinlösung, die
       den Spediteuren helfe, mit weniger LKW-Fahrern auszukommen.
       
       Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen haben nun eine Klage vor dem
       Bundesverfassungsgericht gegen den von der Bundesregierung im November
       beschlossenen fünfjährigen Test mit Gigalinern eingereicht. Der juristische
       Grund: Der Modellversuch sei ohne Zustimmung von Bundestag und
       Bundesländern erfolgt und habe somit die Beteiligungsrechte des Parlaments
       verletzt.
       
       27 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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