# taz.de -- Occupy ringt um den Pressestrand: Häuserkampf am Spreeufer
> Mitarbeiter der Bundesimmobilienanstalt wollten ein Gebäude der Besetzer
> abreißen. Die Leitung weiß davon nichts - und bedauert.
(IMG) Bild: Sie blieben, auch als es kalt wurde: Occupy-Camper am Bundespressestrand wärmen sich ihre Hände am Feuer.
Skurrile Szenerie: Auf der einen Seite des Bauzauns stehen rund 80
Occupy-Aktivisten, sie tragen Transparente mit Aufschriften wie "Zelte
statt Zäune" und "Keine Räumung unter dieser Nummer". Auf der anderen Seite
fünf Security-Leute plus Chef in zivil und ein Vertreter der Bauleitung.
Beide Parteien rufen sich schlagwortartig Informationen zu, am Ende zieht
der Bauleiter sich irritiert zu Team und Bagger zurück.
Schuld an dem Schauspiel, das sich am Dienstag auf dem Gelände des
ehemaligen Bundespressestrandes zutrug, war die Berliner Direktion der
Bundesimmobilienanstalt (BImA). Ein leitender Mitarbeiter hatte den
Aktivisten ohne Absprache mit der Bonner Zentrale über die Feiertage ein
ominöses Schreiben zugestellt: Eine Holzhütte, die die Okkupisten zum
Versorgungs- und Küchenlager ausbauen wollen, solle bis zum gestrigen
Dienstag, 15 Uhr, geräumt werden - sonst werde sie kostenpflichtig
abgerissen. Am Ende gab es Entwarnung - von der Polizei und der
BImA-Zentrale in Bonn. Es gebe "keine unsererseits erzwungenen Maßnahmen
zwischen den Feiertagen", teilte BImA-Sprecher Guido Deus der taz mit. Dass
das Abrisskommando am Dienstag schon angerückt war, zeigt jedoch, wie wenig
Kontrolle die Bonner auf die Berliner BImA-Vertreter haben.
"Ich habe den Holzbau bei der Versteigerung des Pressestrandinventars als
Versorgungsstation für die Occupies erworben, weil ich einen öffentlichen
Diskussionsraum möglich machen will", sagt Erich Stanke. An Heiligabend
wurde der selbstständige Unternehmensberater überraschend in den Container
der Securityfirma zitiert, die im Auftrag der BImA das Gelände bewacht.
Dort händigte man ihm das Schreiben der Berliner Betriebssparte der BImA
aus. Diese Kommunikation zu diesem Zeitpunkt bedauere er im Namen der
Bundesanstalt, sagte BImA-Sprecher Deus. "Die interne Absprache lief bei
der dünnen Besetzung um die Feiertage herum nicht optimal."
"Was ist das für eine Anstalt, wo die eine Hand nicht weiß, was die andere
macht", sagt Aktivistin Suna, die vor dem Bauzaun steht. Das Gelände ist
schon länger Schauplatz einer seltsamen Auseinandersetzung zwischen Occupy
und der Bundesanstalt. Künftig soll hier das neue Bundesbildungsministerium
entstehen, zu beiden Seiten des Camps wird bereits mit bauvorbereitenden
Maßnahmen begonnen. Doch obwohl die BImA offiziell zugesagt hat, den
Aktivisten bis Januar "Chance zum freiwilligen Abzug" zu geben, werden laut
Stanke ständig Bauzäune verrückt.
Die Bewegung bringt das wieder zusammen. Zwar fragen momentan viele
Okkupisten nach dem Sinn des Camps, in dem aktuell nur noch rund zehn
Menschen ausharren - und nicht nur Aktivisten. Doch am Dienstag zeigte
sich: Im Zweifel stehen die meisten "Empörten" noch hinter der kleinen
Zeltstadt. "Wir alle fragen uns, was die BImA hier abzieht und wollen das
kritisch beobachten", sagt Suna. Ihrer Meinung nach fährt die Anstalt eine
Zermürbungstaktik.
Eigentlich hätte Erich Stanke die Hütte bis zum 15. Dezember abbauen müssen
- bis zu diesem Tag sollten alle Auktionsgegenstände verschwunden sein.
Denn an diesem Tag wollte die BImA das Gelände dem privaten Konsortium
BMBF-Betriebs GmbH geräumt übergeben. "Die BImA machte sich trotzdem
strafbar, wenn sie das Gebäude jetzt einfach abreißen ließe", sagt Ulrich
Kerner. Der Rechtsanwalt befasst sich schon länger mit der rechtlichen
Situation der Camper und sieht Stanke - Frist hin oder her- als Besitzer
des Gebäudes an. Einzige Handlungsmöglichkeit der Bundesanstalt sei deshalb
eine Klage auf Herausgabe des Grundstückes vor dem Amtsgericht. Wie die
Berliner Bereichsleitung, die am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu
erreichen war, dies nach dem Machtwort der Bonner Zentrale handhaben wird,
ist offen.
Die Polizei, die am Dienstag schließlich noch anrückte, stellte eine Frist
von 48 Stunden auf, innerhalb deren an der Hütte nichts verändert werden
darf. "Wenn die Berliner BImA sich wieder nicht daran hält, sitzen wir eben
auf dem Dach und verteidigen das Terrain", sagt Aktivist Johannes Ponader.
27 Dec 2011
## AUTOREN
(DIR) Karen Grass
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