# taz.de -- Neue deutsche Welle: Endlich wird wieder der Wald gefegt
       
       > 1984 löste sie sich auf, jetzt versucht die Hamburger Band Palais
       > Schaumburg an ihre legendäre Bilderstürmerzeit anzuknüpfen. Und spielt am
       > 30. Dezember in Berlin.
       
 (IMG) Bild: Sie wollen es noch mal wissen: Die Hamburger Band Palais Schaumburg.
       
       Dada, Postpunk, New Wave. Hamburgs Palais Schaumburg sind wieder in der
       Stadt. Die Band, die sich 1980 vom Punk befreite und den Grundstein legte,
       für das, was später als Neue Deutsche Welle bekannt wurde. Reduziert im
       Gitarrensound, experimentieren der Schweizer Kunststudent Thomas Fehlmann
       und der Avantgardekünstler Holger Hiller damals mit Synthesizer und der
       Sprache.
       
       Hiller entledigt sich des dadaistischem Wortallerleis. Textstrukturen wie
       "Der Mast hat mich am Kopf getroffen, morgen wird der Wald gefegt" oder
       Parolen wie "Gibst du mir Steine, geb ich dir Sand, wir bauen eine neue
       Stadt" trägt er im Sprechstakkato mal flüsternd, mal schreiend vor. Dazu
       ein Stolper-Schlagzeug von Ralph Hertwig und ein kühler Funk-Bass von Timo
       Blunck, Fehlmann setzt außerdem eine Trompete als Klangelement ein - und so
       entsteht neues Sounddesign.
       
       Aus dem Dilettantismus des Punk geboren, waren Palais Schaumburg in ihrer
       Radikalität vielleicht revolutionärer, als es Punk je sein konnte. Es waren
       die frühen achtziger Jahre, eine Zeit der Rebellion mit Musik, eine Zeit
       der Freiheit und Euphorie. Gemeinsam mit Bands wie Abwärts, Einstürzende
       Neubauten oder Deutsch Amerikanische Freundschaft schufen Palais Schaumburg
       einen eigenen Stil, der Pop aus Westdeutschland revolutionierte.
       
       Nicht selten galt der Grundsatz: Wir haben keine Ahnung, einfach machen, so
       kommt das Beste heraus. Doch kurz nach ihrem auch international gefeiertem
       Debütalbum verließ Hiller die Band, noch bevor die Vermarktungsmaschinerie
       einsetzte.
       
       ## Sie schrieben Popgeschichte
       
       ## 
       
       Kunst ist Freiheit, Freiheit ist Kunst – und Palais Schaumburg war ein
       kurzes Glück beschienen, denn der Wahnsinn hatte ein schnelles Ende.
       Ersetzt um den vor wenigen Monaten verstorbenen Sänger Walter Thielsch und
       dem später in Berlin als Techno-Produzenten bekannten Moritz von Oswald,
       löste sich Palais Schaumburg nach zwei weiteren Alben endgültig auf.
       
       Für viele Zeitgenossen hat die Band in ihrer kurzen Schaffensphase von nur
       drei Jahren bereits Popgeschichte geschrieben. War sie in ihrer Zeit auch
       populär, nachhaltige Öffentlichkeit erhielt sie nicht. Die bekamen
       Einstürzende Neubauten und DAF und wurden Stars.
       
       Man sollte nicht fragen: Was wäre, wenn? Was wäre, wenn Palais Schaumburg
       weitergemacht hätte? Vielleicht kann man aber heute, 30 Jahre später, eine
       Antwort bekommen. Denn Holger Hiller ist nach Deutschland zurückgekehrt.
       Lange Zeit lebte er in London, produzierte bis 2000 fünf experimentelle
       Soloalben, arbeitete als Werbemusiker. Nun hat er wieder Lust auf Musik.
       
       Es ist zwar viel passiert seit 1980. Die Neue Deutsche Welle hat sich im
       Kommerz verflüchtigt, Techno hat Einzug gehalten, Deutschland ist
       wiedervereinigt, die Welt globalisiert und digitalisiert. Doch zumindest
       Hiller ist in seiner künstlerischen Haltung noch derselbe: lart pour lart.
       So sind sie wieder zusammen, Palais Schaumburg. Und zwar in der Urbesetzung
       des Debütalbums: Ralf Hertwig am Schlagzeug, Timo Blunck am Bass, Thomas
       Fehlmann am Synthie und mit Trompete, Holger Hiller singt und spielt
       Gitarre.
       
       Ausverkaufte Warm-up-Konzerte im Hamburger Pudel Club bewiesen: Palais
       Schaumburg haben ihre Energie nicht verloren. Im Gegenteil, in Zeiten von
       "Occupy" und neuen, durch das Netz befeuerten Protestbewegungen, sind sie
       aktueller denn je. Ihr Sound erzeugt Widerstandsgeist, ein tolles Gefühl,
       und ein lange vermisstes, ein notwendiges Gefühl. 
       
       Palais Schaumburg, live. 30. Dezember, Berlin, HAU 2
       
       29 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Jung
       
       ## TAGS
       
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 (DIR) Neue Deutsche Welle
       
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