# taz.de -- Neue Gesetze und Regeln 2012: Es wird ein wenig umverteilt
       
       > Das neue Jahr bringt sowohl Verbesserungen als auch Verschlechterungen
       > für Arbeitslose, Berufstätige und RentnerInnen. Einige sind besonders
       > betroffen.
       
 (IMG) Bild: Noch mal genau nachrechnen.
       
       BERLIN taz | Es gibt ein bisschen mehr Hartz IV und Grundsicherung im
       Alter. Der Rentenbeitrag sinkt und in Stufen beginnt die Rente mit 67. Das
       Jahr 2012 bringt einige Veränderungen, die sich in der Haushaltskasse
       bemerkbar machen und die im kommenden Jahr möglicherweise auch politische
       Verteilungsdiskussionen befeuern. Einige Gruppen sind besonders betroffen.
       
       ## Arbeitslose kriegen mehr
       
       Spürbare Veränderungen gibt es für Empfänger von Hartz IV (Arbeitslosengeld
       II). Der Regelsatz für alleinstehende Leistungsberechtigte steigt von
       derzeit 364 Euro auf 374 Euro monatlich. Die Erhöhung um 2,7 Prozent
       gründet auf den neuen Berechnungsmodalitäten, die in diesem Jahr eingeführt
       wurden. Dabei wird die Entwicklung der Preise und Renten anteilig
       berücksichtigt.
       
       Paare, die gemeinsam in einem Haushalt zusammenleben, bekommen künftig
       jeweils 337 Euro an Regelbedarf. Auch die Regelbedarfe für Kinder steigen.
       Zusätzlich zum Regelbedarf werden wie bisher auch Wohn- und Heizkosten im
       sogenannten angemessenen Rahmen erstattet.
       
       Die Erhöhung der Regelbedarfe bedeutet auch, dass etwas mehr Menschen als
       bisher mit geringem Arbeitsverdienst künftig einen Anspruch auf eine
       aufstockende Leistung nach den Hartz-IV-Gesetzen haben, weil sich die
       Bedarfsrechnung erhöht.
       
       Entsprechend den Veränderungen bei den Hartz-IV-Empfängern erhöht sich auch
       der Regelbedarf für die Grundsicherung im Alter und bei Behinderung auf 374
       Euro, denn diese Regelsätze sind genauso hoch wie das Arbeitslosengeld II.
       
       Eine Verschlechterung gibt es für die Empfänger von Arbeitslosengeld I. Sie
       hatten bislang ein Recht auf den "Gründungszuschuss", wenn sie sich
       selbstständig machen wollten und einen plausiblen Geschäftsplan vorlegen
       konnten. Dieser Zuschuss wird vollständig in eine Ermessensleistung
       umgewandelt, kann von der örtlichen Arbeitsagentur also auch versagt
       werden. Zudem werden die Anspruchsvoraussetzungen verschärft.
       
       ## Anreiz für "Bufdis"
       
       Für Langzeitarbeitslose könnte es sich künftig lohnen, am
       Bundesfreiwilligendienst teilzunehmen. Bisher konnten Empfänger von
       Arbeitslosengeld II, die sich als "Bundesfreiwilliger" (Bufdi) verdingten,
       nur 60 Euro von dem Taschengeld behalten. Ab Januar soll dieser Freibetrag
       auf 175 Euro steigen.
       
       Wer als Langzeitarbeitsloser einen "Bufdi"-Job macht, bekäme also
       zusätzlich zu Wohn- und Heizkosten und dem Regelbedarf von 374 Euro noch
       175 Euro an Aufwandsentschädigung dazu. Dies entspricht etwa dem
       Mehreinkommen, das man durch Ein-Euro-Jobs erzielte. Ein-Euro-Jobs werden
       in den Arbeitsagenturen derzeit zurückgefahren, das soll auch im kommenden
       Jahr so weitergehen.
       
       ## Neue Beitragssätze für ArbeitnehmerInnen
       
       Für ArbeitnehmerInnen ändern sich die Beiträge für die Sozialkassen,
       teilweise geht es runter, teilweise rauf.
       
       Der Rentenbeitragssatz sinkt ab Januar von 19,9 Prozent auf 19,6 Prozent
       des Bruttogehalts. Hiervon zahlen Versicherte und Arbeitgeber je die
       Hälfte. Wer also ein Bruttoeinkommen von monatlich 2.500 Euro hat, bekommt
       im kommenden Jahr 1,5 Promille mehr Nettogehalt, in diesem Fall 3,75 Euro
       pro Monat. Die Absenkung des Beitragssatzes ist gesetzlich vorgeschrieben
       aufgrund der relativ hohen Reserve, die momentan in der Rentenkasse
       vorhanden ist.
       
       Die Beitragsbemessungsgrenzen steigen, also die Schwellen, bis zu denen
       ArbeitnehmerInnen Beiträge an die Renten- und Krankenkassen abführen
       müssen. In der Rente liegt die Bemessungsgrenze künftig in den alten
       Bundesländern bei monatlich 5.600 Euro (bisher: 5.500 Euro). In den neuen
       Bundesländern bleibt die Grenze wie bisher bei 4.800 Euro monatlich
       bestehen. Die Schwelle für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung
       steigt bundesweit von derzeit 3.712,50 auf 3.825 Euro. Wer beispielsweise
       im Westen lebt und 5.600 Euro im Monat oder mehr verdient und gesetzlich
       krankenversichert ist, hat durch diese Veränderungen netto rund elf Euro
       weniger im Monat zur Verfügung als bisher.
       
       Etwas Erleichterung gibt es bei den Steuern. Der Arbeitnehmerpauschbetrag
       für Werbungskosten steigt von 920 auf 1.000 Euro im Jahr, dies gilt
       rückwirkend für das ablaufende Jahr. Damit müssen hunderttausende von
       ArbeitnehmerInnen künftig keine Belege mehr sammeln, um höhere
       Werbungskosten geltend machen zu können. Es sei denn, ihre Ausgaben liegen
       in diesem Bereich höher als die nun angesetzten 1.000 Euro.
       
       ## Mindestlohn bei Zeitarbeit
       
       Ab Januar tritt die Verordnung zu Mindestlöhnen in der Zeitarbeit in Kraft,
       außerdem die Folgeverordnungen für Mindestlöhne im Dachdeckerhandwerk und
       im Gebäudereinigerhandwerk. Für die Zeitarbeit gilt dann eine verbindliche
       Lohnuntergrenze von 7,01 Euro die Stunde im Osten einschließlich Berlin und
       7,89 Euro im Westen. Dachdecker bekommen ein Stundenentgelt von mindestens
       11 Euro brutto. Gebäudereiniger kriegen für die Innenreinigung 8,82 Euro
       (Westen) beziehungsweise 7,33 Euro (Osten).
       
       ## Mehr Geld für Pflege
       
       Wer reparaturbedürftige Zähne hat, muss künftig tiefer in die Tasche
       greifen. Denn Zahnärzte dürfen ab Januar höhere Honorare verlangen, da es
       eine neue Gebührenordnung für die Zahnmediziner gibt. Die Krankenkassen
       rechnen mit Mehrkosten von etwa 70 Euro für eine Vollkrone, die dann vom
       Patienten zusätzlich zu dem bisherigen Eigenbeitrag geleistet werden
       müssten.
       
       Mit etwas mehr Geld können Pflegebedürftige rechnen. Wer alleine von den
       Angehörigen zuhause betreut wird, bekommt etwa in der Pflegestufe II
       monatlich 440 Euro (bisher 430 Euro). Für die ambulante Pflege gibt es in
       Stufe II künftig 1.100 Euro (bisher 1.040 Euro).
       
       Ab 1. Januar kommt außerdem die Familienpflegezeit, die für Angehörige von
       Pflegebedürftigen zwar neue Wahlmöglichkeiten, aber keine neuen
       Sozialleistungen bringt. Pflegende Angehörige können demnach über einen
       Zeitraum von bis zu zwei Jahren ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden
       reduzieren. Sie erhalten in dieser Zeit eine Lohnaufstockung, aber nur als
       Vorschuss. Nach der Pflegephase müssen sie bei abgesenktem Gehalt wieder
       voll arbeiten, bis der Vorschuss ausgeglichen ist.
       
       ## Kinder dürfen zuverdienen
       
       Die Rechnerei um das Kindergeld für den jobbenden erwachsenen Nachwuchs hat
       ein Ende: Volljährige Kinder, die sich in Ausbildung befinden, dürfen ab
       2012 unbegrenzt Geld dazuverdienen. Bisher galt für die erwachsenen Kinder
       eine Verdienstobergrenze von 8.004 Euro im Jahr. Diese Grenze war auch für
       jobbende Studenten lästig. Erwachsene Kinder in Ausbildung bekommen bis zum
       Alter von 25 Jahren Kindergeld.
       
       ## Rentenalter steigt
       
       Die Rente mit 67 beginnt schrittweise ab 2012. Wer 1947 geboren wurde und
       daher im kommenden Jahr 65 Jahre alt wird, muss noch einen Monat nach
       seinem Geburtstag arbeiten, um eine abschlagsfreie Rente zu bekommen. Für
       die folgenden Jahrgänge wird die gesetzliche Altersgrenze zunächst in
       Ein-Monats-Schritten pro Jahr, dann um zwei Monate pro Jahr erhöht. Wer
       also 1964 geboren ist, muss bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten, sonst
       drohen Abzüge. Sie betragen 3,6 Prozent für jedes Jahr, das die Rente vor
       der gesetzlichen Altersgrenze angetreten wird.
       
       Auch Altersgrenzen in der privaten Vorsorge verschieben sich. Verträge für
       die Riester- oder Rürup-Rente, die ab 2012 abgeschlossen werden, sehen
       einen frühesten Rentenbeginn im 62. Lebensjahr vor. Bisher galt eine Grenze
       von 60 Jahren. Wer den Steuervorteil einer privaten Lebensversicherung in
       Anspruch nehmen will, muss bei Neuverträgen auch mit der Auszahlung bis zum
       62. Geburtstag warten.
       
       Der Garantiezins für Lebens- und private Rentenversicherungen sinkt für
       Neuverträge ab Januar 2012 von derzeit 2,25 auf dann nur noch 1,75 Prozent.
       Der Garantiezins ist der Mindestzinssatz, der einem Versicherten für die
       Vertragslaufzeit zugesichert wird, unabhängig von den Entwicklungen auf den
       Finanzmärkten. Er ist nicht zu verwechseln mit der Überschussbeteiligung
       der Lebensversicherung.
       
       31 Dec 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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