# taz.de -- Mythos bröckelt: Stradivari? Auch nur eine Geige
       
       > Die Stradivari taugt nichts - sagen Profimusiker, die im Blindversuch
       > mehrere Instrumente ausprobiert haben. Neue und alte Geigen konnten nicht
       > anhand des Klangs unterschieden werden.
       
 (IMG) Bild: Besserer Klang? Mitnichten, sagen Profimusiker.
       
       WASHINGTON dpa | Eine Stradivari zählt unter Profimusikern zu den
       unbeliebtesten Geigen - zumindest, wenn die Musiker nicht wissen, dass sie
       gerade darauf spielen. Sie bevorzugten im Blindversuch meist neuere Geigen,
       berichten Wissenschaftler in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie
       der Wissenschaften. Die Instrumente italienischer Meister wie Antonio
       Stradivari oder Guarneri del Gesù schnitten in der Bewertung der Musiker
       keineswegs besser ab: Die Musiker konnten anhand des Klangs nicht zwischen
       alten und neuen Instrumenten unterscheiden.
       
       Die beiden Geigenbauer lebten im 18. Jahrhundert. Sie gelten als die
       berühmtesten Meister des "Goldenen Zeitalters des Geigenbaus", das etwa von
       1550 bis 1750 dauerte, schreiben die Forscher um Claudia Fritz von der
       Universität Paris (Frankreich). Fast alle berühmten Geiger seit dem frühen
       19. Jahrhundert spielten eine Stradivari- oder Guarneri-Geige.
       
       Viele Musiker behaupten, am Klang des Instruments sofort erkennen zu
       können, ob es sich um eine neue oder eine alte Geige handelt. Es gibt
       zahlreiche Vermutungen zur vermeintlich überragenden Qualität alter Geigen,
       die von der Verwendung eines speziellen Lacks bis zu den Auswirkungen der
       kleinen Eiszeit auf das Holz reichen.
       
       Fritz und ihre Mitarbeiter ließen nun 21 erfahrene Geiger auf insgesamt
       sechs Geigen spielen - in einem abgedunkelten Hotelzimmer und mit
       Schweißerbrillen vor den Augen. Drei der Geigen waren wenige Tage bis Jahre
       alt, drei waren alte Meister-Geigen: zwei Stradivari- und eine
       Guarneri-Geige.
       
       Die Musiker sollten die Qualität der Geigen nach typischen Kategorien
       beurteilen, etwa nach Tonfarbe und Spielbarkeit. Sie sollten auch
       entscheiden, welche der Geigen sie am ehesten und welche gar nicht mit nach
       Hause nehmen würden. Zudem sollten sie beurteilen, welche von jeweils zwei
       nacheinander gespielten Geigen die bessere ist.
       
       In den Tests zeigte sich, dass die Musiker die Geigen im Grunde nicht
       auseinanderhalten, also die alten nicht von den neuen unterscheiden
       konnten. Die neuen Instrumente schnitten sogar besser ab. So entschieden
       sich zum Beispiel nur 8 der 21 Musiker, eine alte Geige mit nach Hause zu
       nehmen, 13 wählten eine neue. Eine der beiden Stradivaris wurde in beiden
       Tests gar als das schlechteste Instrument bewertet.
       
       Statt nach dem "Geheimnis" der italienischen Geigenbauer zu suchen, sollte
       in Zukunft besser untersucht werden, wie Musiker überhaupt Instrumente
       bewerten, schreiben die Wissenschaftler. Es solle geprüft werden, auf
       welche Merkmale sie besonders Wert legen und wie diese mit messbaren
       Eigenschaften des Instruments zusammenhängen - egal, ob alt oder neu.
       
       3 Jan 2012
       
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