# taz.de -- die wahrheit: DER MIT DER MAUS TANZT
       
       > Am Restalkohol von Silvester lag es nicht. Was da seelenruhig durch mein
       > Büro lief, war eine Maus, und zwar eine recht große.
       
       Am Restalkohol von Silvester lag es nicht. Was da seelenruhig durch mein
       Büro lief, war eine Maus, und zwar eine recht große. Da ich wegen eines
       Rohrbruchs in der Wand die Regale leeren und Hunderte von Büchern auf dem
       Boden stapeln musste, fühlte sich die Maus recht sicher und wollte offenbar
       ein Nest bauen. Das wollte ich gern verhindern.
       
       In einem Buch über alte Hausmittel fand ich einen interessanten Hinweis zur
       Mausvertreibung: "Unterschiedliche Handlungen, wie Opfer bringen, Lärm,
       Beschwörungsformeln, das Anrufen von Heiligen, aber auch die Verwendung von
       Knoblauch sind dafür geeignet." Wen sollte ich - außer der Maus - mitten in
       der Nacht opfern? Es musste andere Möglichkeiten geben. Eine "Angeldust"
       schrieb in einem Forum: "Huhu, ich bin mir nicht ganz sicher, aber irgendwo
       habe ich mal gelesen, dass der Geruch anderer Mäuse andere Mäuse abhalte."
       Huhu, Angeldust, nicht so viel PCP nehmen.
       
       Im Internet gibt es Hunderte mehr oder weniger hilfreicher Hinweise. Die
       meisten raten zu Lebendfallen. Wikipedia empfiehlt eine am Rande eines
       Eimers angebrachte Wippe, an deren Ende ein Köder befestigt ist: "Die Mäuse
       gelangen über eine Klettergelegenheit zu dieser Wippe. Wenn sie sich auf
       der Wippe zum Köder vorwagen, bekommen sie Übergewicht und rutschen in den
       Eimer." Ein Mäusespielplatz in meinem Büro? Darüber hinaus müsse man die
       gefangene Maus in eine abgelegene Region transportieren, denn sonst laufe
       "man Gefahr, dass sie aufgrund ihres guten Orientierungssinnes zu ihrem
       alten Wohnort zurückfindet". Daraus könnte sich eine langfristige Beziehung
       entwickeln: Die Maus verspeist den Köder, wird zu einer Spazierfahrt ins
       Auto geladen, und während sie sich zu Fuß auf den Heimweg macht, wird zu
       Hause die nächste Mahlzeit für sie vorbereitet.
       
       Meine Maus hatte inzwischen "Die Kindermörderin" von Peter Hacks entdeckt
       und Fetzen davon unter das Regal geschleppt. Ich beschloss, die Fortsetzung
       zu schreiben: "Der Mausmörder". Aber eine Chance wollte ich ihr noch geben:
       Ich öffnete die Haustür, harrte eine halbe Stunde lang in der Kälte aus,
       doch der widerspenstige Nager wollte den Wink nicht verstehen, was man ihm
       in Anbetracht des Hagelsturms nicht wirklich verübeln konnte. Stattdessen
       machte er sich über den nächsten Hacks-Band her. Das bedeutete Krieg. Ich
       holte die Supertodesfalle vom Dachboden und bestückte sie mit reifem
       Camembert.
       
       Der Käse war am nächsten Morgen verschwunden, aber die Falle war nicht
       zugeschnappt. Das Gleiche geschah an den folgenden Tagen. Das Tier musste
       über Werkzeug verfügen, um den Schnappmechanismus zu blockieren, während
       sie den Köder fraß. Die Falle funktionierte nämlich einwandfrei, wie mein
       geschwollener Finger belegt. Wenigstens hat der Nager aus Freude über den
       Käse die Hacks-Bücher wieder herausgerückt.
       
       So feierte ich gestern das Mausfest, wie man es in Norwegen bis Ende des
       18. Jahrhunderts getan hat: Die Menschen zogen ihre Sonntagskleider an und
       verbrachten den Tag schlafend im Bett.
       
       9 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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