# taz.de -- Zurückgehaltenes Gutachten: Fluglärm darf nicht wahr sein
       
       > Das Umweltbundesamt sagt eine Pressekonferenz kurzfristig ab, bei der es
       > um ein kritisches Gutachten gehen sollte.
       
 (IMG) Bild: Ein komplettes Nachtflugverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr wollte das Umweltbundesamt
       
       Die zentralen Ergebnisse sind glücklicherweise zuvor bekannt geworden -
       denn nun ist das Umweltbundesamt (UBA) mit seiner Lärm-Bewertung für den
       Flughafen BER in Schönefeld tatsächlich zurückgepfiffen worden: Wenige
       Stunden vor einer für Dienstag geplanten Pressekonferenz hat die Behörde
       den Termin abgesagt. Ein neues Datum für die Veröffentlichung des mehr als
       100 Seiten starken Papiers gibt es nicht. Die Landesregierungen in Berlin
       und Brandenburg reagierten kritisch. "Wir wollen und müssen uns auch
       schwierigen Diskussionen stellen", sagte Brandenburgs Infrastrukturminister
       Jörg Vogelsänger (SPD). Bürgerinitiativen sprachen von einem "Maulkorb".
       
       Das UBA plädiert in dem Papier erneut für ein komplettes Nachtflugverbot im
       Berliner Süden zwischen 22 Uhr und 6 Uhr - so jedenfalls berichteten Medien
       am Wochenende. Außerdem soll es Abflüge über dem Müggelsee in Frage
       gestellt und gefordert haben, Flüge über dem Wannsee einzuschränken. "Das
       Gutachten wird auf jeden Fall veröffentlicht", sagte UBA-Sprecher Stephan
       Gabriel Haufe.
       
       Offiziell hieß es, die Gespräche vor allem mit dem
       Bundesverkehrsministerium dauerten unerwartet an. Für Rückfragen verwies
       das UBA prompt an das Ministerium, obwohl es eigentlich Umweltminister
       Norbert Röttgen (CDU) unterstellt ist. Ein Sprecher von Verkehrsminister
       Peter Ramsauer (CSU) wies den Vorwurf zurück, es habe den Umweltgutachtern
       einen Maulkorb erteilt. "Entscheidend ist, dass alle Aspekte sorgfältig
       geprüft und bewertet werden", erklärte er. Es gehe um das "bestmögliche
       Ergebnis im Sinne der Anwohner".
       
       Ramsauer hat in der Tat mehrfach Verständnis für Betroffene geäußert und
       die Proteste zehntausender Anwohner gebilligt. Gleichzeitig fühlt sich der
       Minister Fluggesellschaften verbunden, die so profitabel wie möglich
       fliegen wollen. Die UBA-Ergebnisse dürften Ramsauer nicht ins Konzept
       passen. Die Stellungnahme ist Teil des Genehmigungsverfahrens für
       Flugrouten ab und an BER; die endgültigen Routen sollen nun am 30. Januar
       bekannt gegeben werden. Der Airport soll am 3. Juni in Betrieb gehen.
       
       Rechtlich bindend ist das Gutachten nicht. Ohnehin hat das
       Bundesverwaltungsgericht in Leipzig unlängst eine begrenzte Zahl von Flügen
       in der Nacht für zulässig erklärt. Wenn allerdings die oberste
       Umweltbehörde der Regierung eine Regelung als gesundheitsschädlich
       anprangerte, wäre das politisch durchaus relevant. Es hätte auch
       Signalwirkung für eine Entscheidung am Frankfurter Flughafen. Das
       Bundesverwaltungsgericht soll im März für oder gegen Nachtflüge dort
       entscheiden.
       
       Minister Vogelsänger erklärte, Transparenz sei bei der Planung oberstes
       Gebot. "Wenn wesentliche Passagen des Gutachtens bereits öffentlich
       diskutiert werden, haben die Menschen in der Region ein Anrecht darauf zur
       erfahren, was das UBA als Entscheidungshilfe für das Bundesaufsichtsamt für
       Flugsicherung erarbeitet hat." Verkehrssenator Michael Müller (SPD)
       forderte die Behörden auf, die Vorschläge des UBA insbesondere zum
       Müggelsee zu berücksichtigen.
       
       Das Umweltbundesamt hatte in früheren Studien ermittelt, dass etwa ein
       Drittel der Bundesbürger über Fluglärm klagt und anfälliger sei für Herz-
       und Kreislauferkrankungen. Bürgerinitiativen hatten deswegen Hoffnungen in
       die Pressekonferenz vom Dienstag gesetzt - und zeigten sich nun zornig.
       "Die Bundesregierung stellt damit klar, dass sie auf die Gesundheit der
       Bürger pfeift und der Lobby der Luftverkehrswirtschaft folgt", hieß es in
       einer Erklärung aus Teltow. Am Montagabend hatten 2.000 Menschen erneut
       gegen Flugzeuge über dem Müggelsee demonstriert.
       
       10 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristina Pezzei
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Extra-Milliarde für Verkehrswege: Das Geld fließt in die Straße
       
       Dem Bundesverkehrministerium wurden Mehrinvestionen im Umfang von einer
       Milliarde für Bauprojekte bewilligt. Die Ausgaben konzentrieren sich
       insbesondere auf Fern- und Wasserwege.
       
 (DIR) FLUGROUTEN: Retten, was zu retten ist
       
       Die Fluglärmkommission in Schönefeld will kleinteilige Verbesserungen für
       Anrainer suchen. An den großen Linien kann sie nichts mehr ändern.
       
 (DIR) Flugrouten für Schönefeld: Krach landet im Osten
       
       Die Start- und Landerouten für Berlin-Schönefeld stehen fest – sie werden
       auch über den Müggelsee führen. Gegner wollen klagen, die Linkspartei
       kritisiert den Senat.
       
 (DIR) Bürgerbeteiligung bei Großprojekten: Reden schadet nicht
       
       Die Bürger sollen früher als bislang an der Planung von großen
       Infrastrukturprojekten beteiligt werden. Das soll Gerichtsverfahren
       überflüssig machen.
       
 (DIR) Streit um Flugrouten dauert an: Lärm ist kein Geheimnis mehr
       
       Der Staatssekretär beichtet seine Einflussnahme, das Umweltbundesamt stellt
       sein Lärmgutachten für Schönefeld online. Darin wird konsequente Nachtruhe
       gefordert
       
 (DIR) Neue Routen: Fluglärm-Gutachten nun im Netz
       
       Das Umweltbundesamt hat das Gutachten zum Fluglärm jetzt veröffentlicht -
       bereits zuvor waren Inhalte bekannt geworden.
       
 (DIR) Stellungnahme des Umweltbundesamts: Mehr Ruhe für den Flughafen
       
       Umweltbundesamt fordert strikteres Nachtflugverbot und teilweise veränderte
       Routen für den neuen Flughafen in Schönefeld.
       
 (DIR) Flugrouten: Der Lärm bleibt noch ein Geheimnis
       
       Die Lärmkarten rund um den neuen Hauptstadtflughafen in Schönefeld werden
       schon überarbeitet - wie die Flugrouten genau aussehen, wird aber wohl erst
       im Januar bekannt sein.