# taz.de -- Verlagerung der Deponie geplatzt: Asbestmüll bleibt in Niedersachsen
       
       > Gutachten erklärt Transport einer Abfallhalde von Hannover in die Nähe
       > von Lübeck für unzulässig. Schweriner Landesregierung will gefährlichen
       > Müll nicht mehr annehmen.
       
 (IMG) Bild: Umsonst geräumt: Planierraupe auf der Deponie Ihlenberg vor dem Bereich, auf dem der niedersächsische Asbest-Müll gelandet wäre.
       
       HAMBURG taz | Das Land Niedersachsen bleibt auf seinem Asbest-Haufen
       sitzen. Die schwarz-rote Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns beschloss
       am Dienstag, den gefährlichen Müll aus Wunstorf-Luthe bei Hannover nicht
       anzunehmen. Auch Schleswig-Holsteins Umweltministerin Juliane Rumpf (CDU)
       sagte, sie rechne "nicht mehr mit einer Realisierung des Vorhabens".
       
       Beide stützen sich auf den Tenor eines Gutachtens, das die Schweriner
       Landesregierung Ende November in Auftrag gegeben hatte. Die Anwaltskanzlei
       Gaßner, Groth, Siederer & Coll kommt darin zu dem Schluss, dass die
       vorgesehene Beförderung unverpackten asbesthaltigen Schlamms ohne
       Ausnahmegenehmigung nicht zulässig sei. Darüber hinaus will
       Mecklenburg-Vorpommern auch keinen verpackten Asbestmüll aus Niedersachsen
       annehmen.
       
       Mit dem Nein aus Schwerin scheitert der Plan, eine komplette
       Asbestmüll-Deponie von Wunstorf auf die Deponien Ihlenberg (Schönberg) in
       Mecklenburg-Vorpommern und Rondeshagen in Schleswig-Holstein zu verlagern.
       Dazu sollten 160.000 Tonnen mit Planen bedeckter Asbestzementschlamm und
       25.000 Tonnen asbesthaltige Scherben in Säcken verpackt mehr als 200
       Kilometer weit transportiert werden.
       
       Um den Transport der großen Menge finanzierbar zu machen, sorgte
       Niedersachsen 2009 für eine Änderung der einschlägigen "Vollzugshilfe zur
       Entsorgung asbesthaltiger Abfälle" der Bund / Länder-Arbeitsgemeinschaft
       Abfall (Laga): Asbesthaltige Abfälle dürfen seither auch unverpackt
       abgelagert werden, wenn sie "in großen Mengen bei der Sanierung von
       Altlasten anfallen, sofern die Freisetzung von Asbestfasern durch andere
       Maßnahmen, wie das Besprengen, zu verhindern ist".
       
       Damit er feucht bleibt, sollte der Asbestschlamm beim Transport unter der
       Plane mit einer Schaumschicht überzogen werden. Gutachter des TÜV hatten
       diesem Verfahren nach mehreren Proben bescheinigt, es sei technisch sicher.
       Sie schlugen aber vor, bei jeder zehnten Fahrt zu messen, wie viele
       Asbestfasern freigesetzt werden.
       
       Trotz der Änderung der Laga-Vollzugshilfe halten die Rechtsgutachter die
       Beförderung des unverpackten Asbestschlamms für einen Verstoß "gegen die
       einschlägigen gefahrgutrechtlichen und gefahrstoffrechtlichen
       Vorschriften". Eine Ausnahmegenehmigung, wie sie die Gutachter forderten,
       liege nicht vor, teilte die Schweriner Landesregierung mit. "Es ist
       zweifelhaft, ob bei Transporten über eine so weite Strecke eine solche
       Genehmigung überhaupt erteilt werden kann", erklärte Ministerpräsident
       Erwin Sellering (SPD). Das ganze Rechtsgutachten soll bis Ende der Woche
       vorliegen.
       
       Auf politischer Ebene habe sich die Schweriner Landesregierung von dem
       Vorhaben insgesamt verabschiedet, sagte deren Sprecher Andreas Timm. Die
       landeseigene Deponie Ihlenberg werde angewiesen, den Müll nicht anzunehmen.
       Dadurch entgingen der Deponie 900.000 Euro Gewinn, sagte
       Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU). Die Umweltorganisation BUND, die die
       Proteste gegen den Transport mitgetragen hat, verlangte, die Deponie zu
       schließen.
       
       In Niedersachsen hat sich der Landtag mit dem Thema Asbestmüll bislang noch
       nicht befasst. Auch die Landtagsgrünen haben sich lange Zeit zurückgehalten
       - die Entscheidung der Regionsversammlung Hannover für einen Abtransport zu
       Sondermüllhalden hatten auch die dortigen Grünen mitgetragen.
       
       Protest dagegen kommt aus den Grünen-Ortsverbänden. In Isernhagen nahe
       Hannover etwa sammeln die Grünen seit Ende Dezember Unterschriften für eine
       Petition an den Landtag: Der solle sich für eine sichere, dauerhafte
       Lagerung des Asbestmülls vor Ort einsetzen.
       
       Mittlerweile spricht sich auch der Vorsitzende der niedersächsischen
       Landtagsgrünen, Stefan Wenzel, dafür aus, die Entscheidung für den
       Transport "grundsätzlich zu überdenken und Alternativen zu prüfen". Eine
       sichere Lagerung vor Ort sei "die beste Lösung, wenn das technisch machbar
       ist".
       
       Entscheidend sei, ob das Land die Region Hannover bei ihrem Müllproblem
       unterstütze. "Bislang wurde man dort ziemlich allein gelassen", sagt
       Wenzel. Er schlägt darum vor, einen Fonds einzurichten, der die Kommunen
       bei der Beseitigung von Altlasten unterstützen soll.
       
       10 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
 (DIR) Teresa Havlicek
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA