# taz.de -- Integration: Sortenreine Ladenzeile
       
       > Im Hamburger Stadtteil Harburg soll ein Einkaufszentrum ausschließlich
       > für muslimische Geschäfte entstehen. Die Lokalpolitik fürchtet eine
       > "Parallelgesellschaft".
       
 (IMG) Bild: Soll ausschließlich muslimische Geschäfte beherbergen: die geplante Ladenzeile in Hamburg-Harburg.
       
       HAMBURG taz | Großer Wirbel in Harburg: Im Zentrum des Hamburger Stadtteils
       will eine muslimische Unternehmerin ein rein islamisches Einkaufszentrum
       eröffnen. Der Aufreger ist ein Aushang in einem ansonsten verhängten
       Schaufenster der geplanten Passage: Darauf sucht eine Frau Abdi
       ausdrücklich "islamische Unternehmen" für ein "Firdaus-Center", laut
       Eigenwerbung das "erste islamische Center in Hamburg".
       
       Zu haben sind demnach Gewerbeflächen für Shops, Büros und Gastronomie. Das
       Objekt liegt im Krummholzberg, einer eher heruntergekommenen Seitenstraße.
       Gleich nebenan befindet sich unter anderem eine Moschee.
       
       Das Lokalblatt Harburger Anzeigen und Nachrichten bekam Wind davon und
       titelte: "Hier dürfen nur Muslime Geschäfte machen". Die Boulevardzeitung
       Hamburger Morgenpost spitzte noch weiter zu und schrieb: "Hier sind
       Christen unerwünscht".
       
       ## "Am Rande des Legalen"
       
       Auch die Lokalpolitik hat das Vorhaben auf den Plan gerufen. Für die
       Harburger CDU-Bezirksfraktion ist das Vorgehen der Frau Abdi "eindeutig
       Abgrenzung". genau solche Parallelgesellschaften wolle man ja vermeiden.
       Den Aushang hält der Fraktionsvorsitzende Ralf Dieter Fischer für "am Rande
       der Legalität". Sein Kollege von der SPD, Jürgen Heimath, wittert gar einen
       Verstoß gegen das Grundgesetz. Auf jeden Fall widersprächen Angebote wie
       dieses auch in seinen Augen den "Bemühungen dieser Gesellschaft um
       Integration aller".
       
       Für Irritationen sorgt aber auch Frau Abdi selbst: Hauptberuflich betreibt
       sie einen Internet-Versand für islamisch korrekte Kleidung, den
       "Mumin-Shop". Als "Mumin" bezeichnen sich streng religiöse Muslime. Was das
       bedeutet, lässt sich auf den Internetseiten von Frau Abdi betrachten: Zu
       sehen bekommt man vor allem Ganzkörperschleier, zu lesen gibt es Sätze wie:
       "Es gibt keine Entschuldigung dafür, diese Kleidung nicht zu tragen". Oder:
       "Selbst, wenn die Frau ihre Aura durch das Tragen einer Hose oder eines
       wadenlangen Rocks und undurchsichtiger Socken bedeckt, ist sie sündhaft,
       wenn sie ohne Kleidung nach der Sharia ihr Haus verläßt". Besonders
       Erklärungsbedürftig ist die Aufforderung: "Zögert nicht, die Dawa in
       Deutschland voran zu bringen". Unter Dawa wird die islamische Missionierung
       verstanden.
       
       Für Aufklärung könnte Frau Abdi selbst sorgen - sie ist aber seit Tagen für
       keinen Medienvertreter erreichbar. Eine türkischstämmige Journalistin
       schickte extra ihre Burka tragende Freundin vor, wie sie dem NDR
       berichtete. Aber nicht mal diese bekam ein Gespräch gewährt: Sie, die
       Journalistin, sei keine Muslima. Nach dem Einwand der Freundin, jede Frau
       könne doch tragen, was sie wolle, habe Frau Abdi geantwortet: "Ich
       akzeptiere keine andere Meinung" - und ihr Gegenüber vor die Tür gesetzt.
       
       Auch der Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg, Mitglied im
       Integrationsbeirat und Ansprechpartner der Stadt, sah sich bis Freitag
       nicht in der Lage zu einem Gespräch oder auch nur eine Stellungnahme.
       
       Die Verantwortlichen des Bezirksamtes Harburg können dem Treiben nur
       tatenlos zusehen. Der zuständige Wirtschafts- und Baudezernent Joerg Penner
       (SPD) findet zwar, dass es "sympathischere Vorhaben" gebe als die geplante
       Ladenzeile, die nicht zur Integration beitrage. Letztlich sei das aber
       keine Frage des Gewerberechts. Und so habe der Bezirk auch keine
       Möglichkeit, dagegen vorzugehen. Da müssten schon potentielle
       Mietinteressenten, die nicht zum Zuge kämen, auf Gleichbehandlung klagen.
       
       ## "Nicht hochkochen"
       
       Auch der erst seit zwei Wochen im Amt stehende Bezirksamtsleiter Thomas
       Völsch (SPD) sieht keine rechtliche Handhabe, das Vorhaben zu verhindern.
       "Wir könne nur Moderator sein", erklärt er. Man solle die Sache nicht so
       hochkochen. Dennoch hätte auch Völsch in seinem "bunten" Bezirk Harburg
       lieber ein "Kaufhaus der Kulturen", sagt er und betont, dass Integration
       für ihn ganz oben auf der Agenda stehe. Er werde er den Austausch suchen
       und unter anderem versuchen, mit den Leuten von der Harburger Moschee in
       Kontakt zu treten.
       
       13 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Niels Holsten
       
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