# taz.de -- Korruption im Handball: Schlusspfiff in Kiel
       
       > Das Kieler Landgericht urteilt Donnerstag im Prozess um zwei Funktionäre
       > des THW Kiel. Das Thema Bestechung dürfte den Profihandball weiter
       > beschäftigen.
       
 (IMG) Bild: Vor Gericht: Der ehemalige THW-Trainer Zvonimir Serdarusic (vorne) und Ex-Manager Uwe Schwenker.
       
       Eine Katharsis für den Handball sollte es werden. "So ein Prozess hat auch
       eine reinigende Wirkung", hatte Oberstaatsanwalt Axel Goos gesagt, als im
       September das Hauptverfahren gegen Uwe Schwenker, Ex-Manager des THW Kiel,
       und Ex-THW-Coach Noka Serdarusic begonnen hatte. An diesem Donnerstag nun
       verkündet die 5. große Strafkammer des Landgerichtes Kiel das Urteil. Wie
       auch immer der Spruch im Saal 232 ausfällt: Die Hoffnung des Staatsanwaltes
       hat sich nicht erfüllt. Der Strafprozess stieß bei der Wahrheitsfindung an
       Grenzen.
       
       Vorgeworfen wurde den Angeklagten, das Champions League-Finale 2007 und
       weitere Partien des Jahres 2008 im wichtigsten Klubwettbewerb durch
       Schiedsrichterbestechung manipuliert zu haben. Beide bestreiten alles. Die
       Staatsanwaltschaft klagte Untreue und Betrug an. Für die Kammer kam
       Bestechung im geschäftlichen Verkehr in Betracht; weil dies der erste
       Versuch ist, darunter Schiedsrichterbestechung zu fassen, wird dieser
       Prozess als Präzedenzfall betrachtet. Eine Revision gilt als sicher.
       
       Doch die Hoffnungen vieler Beobachter, die Machenschaften im europäischen
       Handball aufzuklären, zerstieben wie Seifenblasen. Der Vorsitzende Richter
       Matthias Wardeck und seine Kollegen prallten an manchen Zeugen ab wie an
       einer Gummiwand, verzweifelten am Kartell des Schweigens. Zuweilen wurde es
       absurd. Etwa als das Gericht den Spanier Jesus Guerrero, hoher Funktionär
       der Europäischen Handball-Föderation (EHF), fragte, ob er vor Bekanntwerden
       des Skandals im Februar 2009 von Bestechungsversuchen im europäischen
       Handball gehört habe - und er verneinte.
       
       Wenn man andere EHF-Funktionäre damit konfrontiert, grinsen sie breit. Weil
       diese Gerüchte immer wieder auftauchen. Sie stellen, wie aufmerksame
       Akteure wissen, ein großes Kapitel in der Geschichte des europäischen
       Handballs dar. Das Mauern Guerreros illustriert, dass heute keiner der
       Akteure mehr ein Interesse an einer aufrichtigen Aufklärung hat.
       
       Zu eng ist die Szene vernetzt, zu oft sieht man sich wieder. "Die
       Handballwelt hat kein Interesse daran, dass die 5. große Strafkammer in ihr
       plötzlich das Licht anknipst", schrieben die Kieler Nachrichten treffend:
       Es erinnert stark an das Doping-Schweigegebot im Radsport.
       
       Auch ein Teil der Gesellschafter und Sponsoren des THW Kiel war schon früh
       über die Vorwürfe informiert, ihr Klub habe die Champions League
       verschoben. Mirjana Serdarusic, die Ehefrau des Angeklagten, hatte darüber
       berichtet, in einer Art Rachefeldzug, nachdem ihr Mann im Sommer 2008
       beurlaubt worden war.
       
       Immerhin klärte der Prozess auf, wie Gesellschafter und Sponsoren auf
       solche konkreten Beschuldigungen reagierten: im Prinzip nicht. Da
       berichtete THW-Gesellschafter Hubertus Grote, man habe sich die Bilanz
       angeschaut - die sei in Ordnung gewesen. Sein Kollege Georg Wegner
       erzählte, man habe der Frau des Trainers nicht geglaubt. Und der Kieler
       Unternehmer Gerhard Lütje, ein Freund Serdarusic, soll dazu geraten haben,
       der mutmaßliche Mittelsmann Nenad Volarevic möge doch eine Selbstanzeige
       verfassen.
       
       Erst als der Skandal in der Öffentlichkeit war, reagierte die Klubführung.
       Sie warf den Geschäftsführer im April 2009 raus, als sie von den 92.000
       Euro erfuhr, die 2007 an Volarevic geflossen waren - offenbar weil sie
       Schwenker nicht glaubte, das Geld sei unter anderem für die Vermittlung des
       Kreisläufer Igor Anic geflossen.
       
       Auch waren die Gesellschafter, wie Wegner berichtete, durch die
       "abenteuerlichen Verbuchungen" weiterer 60.000 Euro geschockt. Diese Summe
       hatte der THW-Buchhalter 2008 auf Konten gepackt, in denen die Namen zweier
       Schiedsrichter-Duos aus Slowenien und der Ukraine auftauchten - die
       wichtige Spiele des THW Kiel gepfiffen hatten. Ob die Richter Schwenkers
       Einlassungen glauben, wonach das Geld in Wirklichkeit ein Darlehen
       Serdarusic war? Auch das dürfte nun beantwortet werden.
       
       25 Jan 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erik Eggers
       
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