# taz.de -- Korporationsball Wien: Tanz der rechten Schläger
       
       > Während sich in der Hofburg die Burschenschafter ausgerechnet am
       > Holocaust-Gedenktag zuprosteten, versuchten Demonstranten, den Ball der
       > rechtsextremen Elite Österreichs zu stören.
       
 (IMG) Bild: Auch sie tanzte mit: Marine Le Pen.
       
       WIEN taz | Drinnen Frankreichs rechtsextreme Präsidenten-Anwärterin Marine
       Le Pen, draußen tausende Demonstranten und Polizisten. Beim 59. Wiener
       Korporations-Ball in der Hofburg prallten erneut Ideologien aufeinander.
       Während sich in den Festsälen der einstigen Kaiserresidenz die
       uniformierten Burschenschafter zuprosteten, versuchten Demonstranten den
       Zugang für Ballgäste zu blockieren. Die Polizei meldete 20 Festnahmen.
       Darunter sollen neun rechtsradikale Provokateure gewesen sein. Ein
       Demonstrationstourist aus Nürnberg wurde mit einem selbstgebastelten
       Sprengsatz erwischt. Neun Personen sollen leicht verletzt worden sein,
       darunter fünf Polizisten und ein Demonstrant.
       
       Der Ball, auf dem sich traditionell die rechtsextreme Elite Österreichs mit
       Gesinnungsgenossen aus dem Ausland trifft, hat diesmal besonders heftige
       Proteste ausgelöst. Denn er fiel ausgerechnet auf den Holocaust-Gedenktag,
       den Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz – ein Ereignis, das viele der
       rechten Ideologen noch heute relativieren.
       
       Schon vor einem halben Jahr gründete sich unter führender Beteiligung der
       Wiener Grünen und der Österreichischen Hochschülerschaft die Initiative
       "Jetzt ein Zeichen setzen". Immerhin gelang es ihr schon im Vorfeld, die
       Verwaltung der Hofburg unter Druck zu setzen. Nächstes Jahr sollen die
       Prunkräume nicht mehr an die Burschenschafter vermietet werden. Und
       Verteidigungsminister Norbert Darabos, SPÖ, verbot teilnehmenden
       Offizieren, in Uniform auf dem Ball zu erscheinen.
       
       ## Politisch hochaktiv und bestens vernetzt
       
       Schlagende Burschenschafter sind in Österreich politisch hochaktiv und
       bestens vernetzt. 13 Nationalratsabgeordnete der FPÖ gehören einer
       Verbindung an. Die Olympia des dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf
       steht wegen rechtsextremer Umtriebe unter Beobachtung des
       Verfassungsschutzes. Anders als in Deutschland ist die Pflege des
       Deutschtums in Österreich eine politische Aussage.
       
       Niki Kunrath, einer der federführenden Organisatoren der Plattform
       [1][jetzteinzeichensetzen.at], zeigte sich mit der Kundgebung auf dem
       Heldenplatz zufrieden. Er zählte 6.000 bis 8.000 Menschen, die dem Aufruf
       der Plattform gefolgt waren und sich nach den Ansprachen zerstreuten. "Die
       Schmissbacken gehören nicht in die Hofburg. Ihr Mitgefühl gilt den Tätern",
       erklärte der jüdische Schriftsteller Doron Rabinovici dort.
       
       Abseits dieser Demo gab es Aktivisten, die in der eiskalten Nacht durch
       Sitzstreiks versuchten, Busse mit Ballbesuchern zu blockieren, und einzelne
       vermummte Demonstranten, von denen einige auch handgreiflich wurden oder
       Leute mit Wichs und Säbel bespuckten. Kunrath distanziert sich davon: "Wir
       haben dazu nicht aufgerufen." Er freut sich aber, dass zahlreiche
       Taxifahrer sich weigerten, "Rechtsextreme zur Hofburg zu bringen".
       
       Da außer der Austria Presse Agentur (APA) keine Medien zugelassen waren,
       schleusten sich einige Reporter als Ballgäste ein. Sie beobachteten junge
       Studenten, die die frischen Narben ihrer Mensuren stolz zur Schau trugen,
       und prominente Gäste. Neben Marine Le Pen vom Front National wurden der
       Chef der "Schwedendemokraten", Kent Ekeroth, und Philip Claeys vom
       flämischen "Vlaams Belang" gesichtet. Ein deutscher Ballbesucher zeigte
       sich laut Die Presse begeistert über den Freiraum für Rechtsextreme in
       Österreich: "In Österreich ist einfach vieles möglich, was in Deutschland
       nicht geht." Die FPÖ sei "in dieser Hinsicht ein absolutes politisches
       Vorbild".
       
       29 Jan 2012
       
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