# taz.de -- Die Frau fürs Grüne: "Was heißt hier Umweltprofil?"
       
       > Gabriele Friedrich leitet seit dem September das Umweltressort als neue
       > Staatsrätin. Wir wollten von ihr wissen, was sie vorhat und woher sie
       > kommt
       
 (IMG) Bild: Gabriele Friedrich (parteilos), kam aus München als Umwelt-Staatsrätin nach Bremen
       
       taz: Wenn Sie eine Schlagzeile lesen vom "glücklosen Senator", der auf die
       falschen Berater hört - ärgert sie das? 
       
       Gabriele Friedrich, Umwelt-Staatsrätin: Ja. Ich finde das ungerecht und
       unberechtigt. Aber für mich kommt es vor allem darauf an, dass die Arbeit
       gut läuft.
       
       Der Amtsvorgänger Reinhard Loske hatte ein schärferes Umweltprofil. Auf
       Behördenebene sind Sie dafür zuständig. 
       
       Was heißt Umweltprofil? Es geht doch darum, dass die Umweltthemen, die wir
       uns in verschiedenen Programmen und in der Koalitionsvereinbarung
       vorgenommen haben, erfolgreich bearbeitet werden.
       
       In drei Jahren ist wieder Wahlkampf. Karoline Linnert ist die
       Sparsenatorin, Sozialpolitik ist die klassische Sphäre der SPD - punkten
       können die Grünen vor allem in der Umweltpolitik. Was soll in drei Jahren
       hängen bleiben als grünes Profil? 
       
       Mir ist wichtig: Die Stromerzeugung soll ökologischer sein, Windkraft und
       andere erneuerbare Energien sollen ausgebaut werden. Schon daran wird man
       erkennen, dass in Bremen grüne Politik gemacht wird. Ein anderes wichtiges
       Stichwort ist für mich die nachhaltige Mobilität. Das
       Verkehrsentwicklungskonzept wird das deutlich machen. Wichtig ist auch die
       energetische Sanierung des Gebäude-Altbestandes.
       
       Sie kommen aus München ... 
       
       Ich bin Berlinerin, habe aber 36 Jahre in München gelebt. Zum Studium bin
       ich Anfang der 70er-Jahre dorthin gegangen und hängen geblieben.
       
       Zuletzt waren Sie Dezernentin in der Stadtregierung? 
       
       Ich habe das Kommunalreferat geleitet. Das ist eine Behörde mit rund 2400
       Mitarbeitern. Die städtische Immobilienpolitik gehört dazu und die
       Verwaltung von Eigenbetrieben. Ich war zuständig für Abfallentsorgung,
       Schlachthof und Großmarkt, für 5000 Hektar kommunaler Wälder und die Güter
       der Stadt.
       
       Aus einer großen Weltstadt nach Bremen - ist das nicht ein Abstieg? 
       
       Im Gegenteil. Ich finde es spannend, neben der kommunalen Ebene auch für
       die Landesebene zuständig zu sein. Das zweite Motiv ist privat - meine
       Tochter lebt mit ihrer Familie in Bremen. Zudem bin ich ein Nord-Fan, liebe
       die Nordsee. Für mich stimmt das also alles. Bremen ist unheimlich lebendig
       und liebenswürdig.
       
       Zurück zur Energiebilanz - blöderweise hat die Kommune ihre Stadtwerke
       privatisiert und kaum noch Einfluss darauf, ob hier Kohle verfeuert wird
       oder nicht. 
       
       Das sind Entscheidungen aus der Vergangenheit, die ich aus der kommunalen
       Sicht auch nicht glücklich finde.
       
       Die Grünen haben gerade gefordert, dass man die Kohlekraftwerke nicht
       modernisieren sollte. Eine gute Idee? 
       
       Man muss darüber nachdenken, den Kohleeinsatz zurückzufahren. Die SWB haben
       zugesagt, zu prüfen, welche Ersatzbrennstoffe einsetzbar wären.
       
       Wenn man über CO2-Bilanz in Bremen redet, muss man über die Stahlwerke
       reden. Gibt es dafür auch Ziele? 
       
       Sie wissen, Bremen hat da keine direkte rechtliche Handhabe, aber wir sind
       im kontinuierlichen Gespräch, um Verbesserungen zu erreichen. Dabei gab es
       auch schon erste Erfolge wie die Nutzung des zuvor nutzlos abgefackelten
       Konvertergases.
       
       Windenergie in Oberneuland - warum gab es da keinen Beschluss? 
       
       Unser Ziel ist es, so viel Windenergie wie möglich zu aktivieren. 2006 sind
       25 Standorte zunächst zurückgestellt worden, darunter auch Oberneuland. Wir
       wollen alle diese Standorte neu anschauen und sehen, welche wir jetzt
       realisieren können.
       
       Ihre Ankündigung, die Müllgebühren im Jahre 2013 deutlich zu erhöhen, sah
       aus wie ein Schuss ins Blaue. 
       
       Die Erhöhung von Gebühren ist nie ein Thema, das Freude macht. Klar, dass
       da kritische Stimmen aufkommen. Wir hatten seit 15 Jahren keine Erhöhung,
       2006 sogar ein leichte Absenkung. Wir müssen unsere Gebühren zudem in eine
       neue Struktur gießen, die Kosten müssen transparenter und gerechter
       verteilt werden. Wir planen eine Grundgebühr als Sockel und dann einen
       leistungsbezogenen Anteil. Wir haben unseren Vorschlag präsentiert und
       damit die Diskussion eröffnet.
       
       Um wie viel sind die Gebühren denn real gesunken, wenn man die
       Inflationsrate einbezieht? 
       
       Etwa um die 15 Prozent, die jetzt als Erhöhung im Raum stehen.
       
       Die Stadt zieht die Gebühren ein und bezahlt damit acht Firmen, darunter
       die ENO, die die Müllabfuhr organisieren. Machen die Verluste oder was ist
       das Problem? 
       
       Wir konnten durch organisatorische Maßnahmen Kosten einsparen und die
       Gebühren bisher stabil halten, aber nun muss eine Erhöhung sein. Es gab
       Tarifsteigerungen und neue technische und rechtliche Anforderungen.
       
       Wie viel Prozentpunkte von der Erhöhung geht zur ENO und die anderen
       Firmen? 
       
       Die Gebühren sind zweckgebunden und kostendeckend. Das ist auch gesetzlich
       so vorgeschrieben. Sie werden komplett für die Müllentsorgung verwendet.
       
       Stichwort "Nachhaltige Verkehrspolitik" - was wird aus den umstrittenen
       Parkplätzen unter dem Concordia-Tunnel? 
       
       Für Verkehrsfragen bin ich im Ressort nicht zuständig, aber natürlich ist
       Umweltpolitik eine Querschnittsaufgabe. Wir haben bei einer genauen Analyse
       festgestellt, dass es im Tunnelbereich keine Probleme gibt, aber an der
       Kreuzung Holler Allee beim Einfädeln Das haben wir mit einem Parkverbot vor
       dem Tunnel abgestellt, im Tunnelbereich wurde nichts geändert.
       
       Die generelle Einführung von Tempo 30 in der ganzen Stadt ist vom
       Koalitionspartner kassiert worden, nun tauchen aber überall
       Tempo-30-Schilder auf - sogar an der Bismarckstraße oder Am Wall. Gibt es
       darum mit der SPD Konflikte? 
       
       Am Wall geht es um Lärmschutz für die Anwohner. Es ist erwiesen, dass das
       Tempo 30 dafür viel bringt, auch für die Sicherheit. Auf der Bismarckstraße
       ist Tempo 30 Teil des Verkehrskonzeptes "Bremer Nordosten". Konflikte habe
       ich darüber in den letzten Monaten nicht erlebt, da sind wir uns einig mit
       der SPD.
       
       Und Sie wollen Straßenbahn bauen? 
       
       Jetzt gerade wurde beschlossen, die Linie 1 aus der Vahr an die Linien 2
       und 10 anzubinden. Bisher muss man aus der Vahr den Bogen durch
       Schwachhausen machen, wenn man in die City will. In Zukunft soll man direkt
       in die östliche Vorstadt und durch das Viertel fahren können.
       
       Sie selber ... 
       
       Ich bin Straßenbahn-Fan. Mein Auto steht meist. In der Woche fahre ich
       Fahrrad oder Straßenbahn.
       
       Gibt es gravierende Unterschiede zwischen der rot-grünen Kultur in Bayern
       und im Norden? 
       
       Auf den ersten Blick kann ich große Unterschiede nicht erkennen, mir ist
       vieles vertraut. Was die Beiräte in Bremen sind, sind in München die
       Bezirksausschüsse. Bayern setzt in der Umweltpolitik sehr stark auf
       Freiwilligkeit, da gibt in der politischen Kultur in Bremen mehr Stringenz.
       Aber es gibt auch Felder, auf denen München weiter ist. Wir wollen hier die
       Bio-Stadt entwickeln, das gibt es in München seit 2008.
       
       Was ist das? 
       
       Wir wollen uns stärker mit dem Thema gesunder Ernährung beschäftigen,
       regionale Produkte fördern - in der Gastronomie, in den Kantinen und auch
       in Kindergärten und Schulen. Wir müssen in der Umweltpolitik deutlicher
       machen, welchen großen Wert Lebensmittel haben. Das hat einen
       gesundheitlichen Aspekt, aber es hat auch einen Klima-Aspekt und hat auch
       mit Genuss zu tun.
       
       3 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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