# taz.de -- Debatte um Chantals Tod: Bürgermeister sprachlos
       
       > Bürgerschaft debattiert personelle und fachliche Konsequenzen aus dem Tod
       > der Elfjährigen. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz begnügte sich mit Zuhören.
       
 (IMG) Bild: Vorgeschickt: Scheele (vorn) redet, Scholz (hinten) schweigt.
       
       Olaf Scholz gilt nicht als wortkarg. Auch nicht als Politiker, der sich in
       Krisen wegduckt oder sie sprachlos aussitzt. Eher schon schlägt er mit der
       Faust auf den Tisch. Beim Thema "Konsequenzen aus Chantals Tod" nun gab es
       am Mittwoch einen anderen, den stillen Olaf Scholz in der Bürgerschaft zu
       erleben: Nicht mal von der vereinigten Opposition ließ der
       SPD-Bürgermeister sich in die Debatte locken, sondern lauschte anderthalb
       Stunden konzentriert den Rednern. "Wer Führung bestellt, wird Schweigen
       ernten", erboste sich prompt ein Christdemokrat auf dem Rathausflur über
       Scholz Performance.
       
       Zuvor hatten CDU, GAL und FDP den Bürgermeister einhellig aufgefordert, das
       Wort zu ergreifen und sich in seiner Eigenschaft als Dienstherr des
       umstrittenen Bezirksamtsleiters Markus Schreiber zu äußern. Dessen
       "eklatantes und zurechenbares Versagen", so GAL-Fraktionschef Jens Kerstan,
       bestehe darin, dass Schreiber "jahrelang wusste, dass etwas getan werden
       muss, aber nicht gehandelt hat". Scholz müsse personelle Konsequenzen
       ziehen und, sekundierte der CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator, "den Saustall
       Mitte endlich ausmisten".
       
       "Es zeugt nicht von Souveränität, wenn Sie weiter schweigen", ging der
       CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich den Bürgermeister an. Es gehe
       nicht an, dass Scholz Interviews gebe, in der Bürgerschaft aber kein Wort
       heraus bringe. "Das Parlament ist der richtige Ort, um zu benennen, welche
       Schlussfolgerungen sie ziehen", so Wersich. Scholz hatte in der Welt
       angekündigt, erst alle Hintergründe von Chantals aufklären zu wollen, ehe
       er die Frage der Verantwortung und gar personeller Konsequenzen angehen
       werde.
       
       Gleich mehrere Redner warfen Scholz vor, er knicke mit seinem Zögern vor
       der SPD in Mitte und ihrem mächtigen Chef Johannes Kahrs ein, der schützend
       die Hand über Schreiber halte. Sozialsenator Detlev Scheele (SPD), der für
       den Senat sprach, ging mit keinem Wort auf die Personalie Schreiber ein,
       kündigte dafür aber wesentliche Änderungen im Jugendhilfesystem an. Das
       immerhin brachte ihm überparteilich Applaus ein.
       
       Demnach soll ein Jugendhilfe-TÜV eingerichtet werden, der die Arbeit der
       Allgemeinen Sozialen Dienste und Jugendämter regelmäßig und ohne
       Vorankündigung prüft. Regelmäßige, unangekündigte Kontrollen soll es auch
       bei den Pflegefamilien geben: "Hingehen, unangemeldet, das Kind sehen und
       den Maßstab einer ordentlichen Familie anlegen", sollten die Kontrolleure.
       Darüber hat Scheele bereits eine Einigung mit den sieben Hamburger
       Bezirksamtsleitern erzielt.
       
       Zudem sollen bei Pflegeeltern in Zukunft nicht nur Drogentests zur Pflicht
       werden, auch sollen alle Hamburger Ärzte, die mit Drogenabhängigen zu tun
       haben, melden, wenn sie mitbekommen, dass Kinder im Haushalt ihrer
       Patienten leben.
       
       8 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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