# taz.de -- Polizistenstreik in Brasilien: Streiken, bis die Polizei kommt
       
       > Streikende Polizisten haben das von ihnen besetzte Parlament in Salvador
       > de Bahia geräumt. Ob damit auch der Protest vorbei ist, ist unklar.
       
 (IMG) Bild: Soldaten vor dem besetzten Parlamentsgebäude in Bahia.
       
       PORTO ALEGRE taz | Das Wechselbad der Gefühle in Salvador da Bahia geht
       weiter. Zwar wurde die zehntägige Besetzung des Parlaments durch
       Militärpolizisten in dem nordostbrasilianischen Bundesstaat friedlich
       beendet, doch Vertreter der Protestbewegung verkündeten, der Streik werde
       fortgesetzt. Die Polizisten wollen mit dem Streik vor allem Lohnerhöhungen
       durchsetzen.
       
       Am Donnerstagmorgen verließen die 245 bis zuletzt im Landesparlament
       verschanzten Polizisten das Gelände. Streikführer Marco Prisco, ein
       Expolizist, dem politische Ambitionen nachgesagt werden, wurde festgenommen
       und durch einen Hinterausgang abgeführt.
       
       1.200 Soldaten und 270 weitere Sicherheitskräfte begleiteten die Aktion
       genau eine Woche vor dem Auftakt des berühmten Straßenkarnevals von
       Salvador. Damit steigen auch die Chancen für einen normalen Ablauf des
       Spektakels, zu dem etwa 2 Millionen Besucher erwartet werden.
       
       Nach der Räumung sagte Oberst Alfredo Castro, der Kommandant der
       Militärpolizei, in einem Radiointerview, der Streik sei beendet: "Wir
       werden die Straßen wieder mit voller Kraft übernehmen", versprach Castro,
       nun beginne "einen neue Etappe". Auch viele Polizisten, die sich nicht
       ausdrücklich an den Protesten beteiligt hatten, waren in den letzten Tagen
       auffällig passiv geblieben. Im Großraum von Salvador da Bahia wurden
       während der letzten zehn Tage etwa 150 Menschen ermordet, mehr als doppelt
       so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
       
       ## Keine Entwarnung
       
       Für eine definitive Entwarnung ist es allerdings noch zu früh: Am
       Donnerstagvormittag (Ortszeit) versammelten sich Hunderte
       Militärpolizisten, darunter ein Teil der Besetzer, im Gebäude der
       Bankangestelltengewerkschaft von Salvador, um über eine Fortsetzung der
       "Bewegung" zu beraten. Dabei zeichnete sich offenbar eine Mehrheit für die
       Fortsetzung der Proteste ab.
       
       Offiziell ist es den Polizisten nicht erlaubt, sich gewerkschaftlich zu
       organisieren, geschweige denn zu streiken. Organisiert sind sie deshalb in
       "Vereinigungen". "Niemand geht gegen diese Vereinigungen vor, denn
       natürlich wissen alle, dass die Polizistenlöhne lächerlich niedrig sind",
       sagte der Sicherheitsexperte Wálter Maierovitch.
       
       Am Mittwoch war der tagelange Nervenkrieg, der vor allem nachts weite Teile
       Salvadors in eine regelrechte Geisterstadt verwandelt hatte, noch einmal
       eskaliert. Gouverneur Jacques Wagner von der Arbeiterpartei PT war nur
       teilweise auf die Forderungen der Streikenden eingegangen.
       
       Er versprach Lohnerhöhungen in Etappen, aber keine Straffreiheit für die
       zwölf Anführer des Ausstands, an dem sich ein Drittel der 31.000
       Militärpolizisten in Bahia beteiligt haben sollen. Parallel dazu wurden den
       Besetzern wieder der Strom und das Wasser abgestellt, auch Lebensmittel
       mussten draußen bleiben. "Die Lage wurde unhaltbar", sagte ein Anwalt der
       Protestierer.
       
       Im Kongress liegt schon seit Jahren eine geplante Verfassungsreform auf
       Eis, die für das gesamte Land verbindliche Mindestlöhne vorsieht. Die
       Abstimmung über den Gesetzesentwurf, ein Wahlversprechen von Präsidentin
       Dilma Rousseff, war wegen knapper Kassen auf 2013 verschoben worden. In der
       Hauptstadt Brasília verdienen Polizisten umgerechnet mindestens 1.750 Euro,
       in Bahia nur gut die Hälfte.
       
       9 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerhard Dilger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hausangestellte
       
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