# taz.de -- Internationale Handelsbeziehungen: Chinas Angst vor den Deutschen
       
       > Am Dienstag findet der EU-China-Gipfel statt, im Mittelpunkt stehen die
       > Handelsbeziehungen. Chinesische Unternehmen fürchten die Konkurrenz aus
       > dem Westen.
       
 (IMG) Bild: Peking beschränkt ausländische Investitionen im Bankenbereich.
       
       Die Angst vor China sitzt tief in Deutschland. Horrormeldungen aus dem
       Reich der Mitte häufen sich: Das chinesische Unternehmen Sany hat Ende
       Januar ein schwäbisches Traditionsunternehmen übernommen, den
       Betonmaschinenbauer Putzmeister. Der gerade erst etablierten Solarbranche
       in Deutschland geht angesichts der chinesischen Billigschwemme von
       Solarzellen bereits die Puste aus.
       
       Und auf der China-Reise Anfang Februar bettelte Bundeskanzlerin Angela
       Merkel um eine Beteiligung der Chinesen an der Eurorettung. Zugleich musste
       sie sich düpieren lassen, als chinesische Behörden spontan ihr Treffen mit
       dem Menschenrechtsanwalt Mo Shaoping verhinderten.
       
       In einer Emnid-Umfrage im Auftrag von N24 halten es 68 Prozent der
       Deutschen für "eher schlecht", wenn sich die Chinesen an der Rettung der
       Eurozone beteiligen, dafür aber mehr Einfluss in Europa erhalten. Und
       Bild.de titelte kürzlich: "Deutsche zittern vor der China-Invasion." Was
       bei der Debatte um China untergeht: Diese Angst beruht auf Gegenseitigkeit.
       
       Vergleichbare Umfragen bei Chinesen über ihre Angst vor Deutschen hat es im
       Reich der Mitte bislang zwar noch keine gegeben. Und deutsche Investoren in
       chinesischen Fabriken wurden bislang eher begrüßt denn als Bedrohung
       wahrgenommen. Dennoch wächst vor allem unter chinesischen Unternehmern die
       Angst vor der deutschen und westlichen Expansion insgesamt.
       
       Ein Grauen für sie ist der EU-China-Gipfel, der kommende Woche in der
       chinesischen Hauptstadt stattfindet. Denn wieder wird es um
       Handelsstreitigkeiten gehen: die Verletzung des geistigen Eigentums,
       ungleiche Marktzugangsbedingungen und das Eingreifen des chinesischen
       Staates in das Wirtschaftsgeschehen zum Schutz der eigenen Industrie.
       
       ## Stimmung kippt
       
       Die Zahlen zeigen, wie wettbewerbsfähig Deutschland gegenüber China ist. Im
       Jahr 2010 exportierten deutsche Unternehmen Waren für 53,6 Milliarden Euro
       nach China. Merkel sagte auf ihrer China-Reise, dass europäische
       Unternehmen im vergangenen Jahr Waren und Leistungen für mehr als 140
       Milliarden Euro nach China verkauften. Noch in diesem Jahr werde China die
       USA als wichtigster Exportmarkt ablösen. Das heißt: Deutschland
       überschwemmt China nun mit noch mehr Bohrmaschinen, Autos, Dämmmaterialien
       und Bockwürsten.
       
       Doch so angesehen deutsche Marken wie Volkswagen, Siemens und Bosch bei
       chinesischen Konsumenten auch sein mögen, zumindest unter Chinas
       Unternehmern kippt langsam die Stimmung. Grund dafür sind europäische
       Forderungen nach noch mehr Handelsbefreiungen, die chinesische Unternehmen
       zunehmend als Belastung empfinden. Die meisten von ihnen sehen ihr Land
       nach wie vor als ein Entwicklungsland und verlangen entsprechenden Schutz.
       Der völlig freien Konkurrenz - insbesondere gegenüber den dominierenden
       großen Unternehmen aus dem Westen mit jahrzehntelangem technischem
       Vorsprung - fühlen sie sich nach wie vor nicht gewappnet.
       
       Sie wissen die schützende Hand des chinesischen Staates zu schätzen. Auch
       die landesweite Expansion von immer mehr McDonalds-Restaurants,
       Starbucks-Filialen und europäischen sowie US-amerikanischen Handelsketten
       wird von Chinesen nicht mehr nur als positives Lebensgefühl empfunden,
       sondern zunehmend auch als Bedrohung.
       
       Und nun kommen schon wieder die EU-Handelsvertreter nach Peking und fordern
       noch mehr Marktliberalisierung. Auf dem Forderungskatalog des
       Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA) unter Federführung
       des ehemaligen Unternehmers Jürgen Heraeus steht unter anderem: Peking soll
       die Beschränkungen für Investitionen im Bankenbereich zurückschrauben und
       damit auch China dem internationalen Spekulantentum aussetzen.
       
       Die Pflicht zu Joint Ventures, die eine Beteiligung ausländischer
       Investoren an chinesischen Unternehmen auf maximal die Hälfte begrenzt,
       soll es künftig nicht mehr geben. Stattdessen sollen die Chinesen ihre
       selbst dringend benötigten Rohstoffe auf dem Weltmarkt anbieten.
       
       ## Roher Fahrstil
       
       Den Zwang zum Technologietransfer will der APA dagegen abschaffen. Das
       heißt: Chinesische Arbeiter dürfen weiterhin für ausländische Unternehmen
       für wenig Geld in den Fabrikhallen schuften. Lernen, was sie da genau
       herstellen, sollen die Chinesen aber möglichst nicht. Deutschland würde
       davon enorm profitieren: Bei den Direktinvestitionen ist Deutschland zum
       zehntgrößten Investor im Reich der Mitte aufgestiegen.
       
       Der Schutz des geistigen Eigentums steht bereits nicht mehr ganz oben auf
       der Beschwerdeliste der deutschen Unternehmer. Da habe es erhebliche
       Fortschritte gegeben, betonte Heraeus kürzlich. Kein Wunder, dass bei den
       Chinesen die Angst tief sitzt, wie einst zu Kolonialzeiten vom Westen
       überrannt zu werden.
       
       Auf Pekings Straßen grassiert die Angst vor deutschen Produkten übrigens
       noch auf eine ganz andere Weise. Niemand wird im Verkehr in der
       Zwölfmillionenstadt so gefürchtet wie Neureiche und Regierungsbeamte am
       Steuer: Ihr Fahrstil gilt als roh, Bürgersteige und Radwege parken sie
       rücksichtslos zu. Mit Strafzetteln müssen sie oft nicht rechnen. Denn wer
       will es sich in einer Diktatur schon mit einem Regierungskader verscherzen?
       Die Beamten fahren übrigens meist Audi. Und die Neureichen bevorzugen
       Porsche und BMW.
       
       10 Feb 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bosch
       
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